Im Sortiment der Gesetzestreuen Christen gibt es einige Drohstellen, mit denen sie andere Christen gerne terrorisieren. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, daß ausgerechnet sie selbst diejenigen sind, die sich am meisten Gedanken über diese Stellen machen müßten.

Hebräer 6, 4-6 Denn es ist unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes und die Kräfte des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben und doch abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da / indem sie für sich den Sohn Gottes wieder kreuzigen und dem Spott aussetzen.

Soweit, so bedrohlich. Das übliche Drittel der Predigtzuhörer, die gerade mal so mit ihrem Leben zurecht kommen, fühlen sich sofort angesprochen. Das andere Drittel der Eifrigen und Hingegebenen nickt still und ernsthaft – und freut sich, daß den anderen mal wieder ein wenig Feuer unterm Hintern gemacht wird.

Aber geht es hier um einen „Heilsverlust“, wenn von „abgefallen sind“ geredet wird? Nein, es geht um Frucht im Leben eines Menschen, wie die beiden unmittelbar darauf folgenden Verse klarstellen.

Hebräer 6,7-8: Denn ein Land, das den häufig darauf kommenden Regen trinkt und nützliches Kraut hervorbringt für diejenigen, um derentwillen es auch bebaut wird, empfängt Segen von Gott; wenn es aber Dornen und Disteln hervorbringt, so ist es unbrauchbar und dem Fluch nahe, der am Ende zur Verbrennung führt.

Damit wäre schon einmal klar, daß Hebräer 6 mit großer Wahrscheinlichkeit nicht über einen Heilsverlust redet. Damit wäre diese Stelle auch nicht mehr im Widerspruch zu zahlreichen anderen Stellen, die ganz klar sagen, daß wir Kinder Gottes sind und es bleiben, da wir von Gott nicht adoptiert worden sind, sondern neu geboren wurden. Und damit im Rahmen einer „geistlichen Biologie“ zur Familie gehören.

Aber wodurch hat ein Christ denn die Dinge ersetzt, die in den Versen 4 und 5 benannt sind?

  • erleuchtet worden
  • die himmlische Gabe geschmeckt
  • des Heiligen Geistes teilhaftig geworden
  • das gute Wort Gottes geschmeckt
  • die Kräfte des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben

Ist es „die Sünde“ und das „Sündigen“, wie das selbstgerecht nickende Drittel der Predigtzuhörer voraussetzt? Aber von der Sünde wird uns nie das gesagt, was uns vom Gesetz gesagt wird:

Gal 5,4 Ihr seid von Christus abgetrennt, die ihr im Gesetz gerechtfertigt werden wollt; ihr seid aus der Gnade gefallen.

Ahnlich auch Gal 5,2: Siehe, ich, Paulus, sage euch, dass Christus euch nichts nützen wird, wenn ihr euch beschneiden lasst.

Weder Gesetz noch Sünde helfen uns letztlich weiter, wenn wir Veränderung für unser Leben wollen. Aber von der Sünde bzw. vom Sündigen wird uns nie gesagt, daß sie uns von Christus abtrennt oder dazu führt, daß Christus uns nichts mehr nützt. Diese Gefahr beinhaltet nur das Gesetz.

Und Rechtfertigung aus dem Gesetz liegt schon da vor, wo uns das Einhalten des Gesetzes oder irgendwelcher DOs und DONTs unser Heil erhalten soll. Denn dann liegt es plötzlich an uns und unserer religiösen Leistung, ob wir gerettet bleiben.

Und wer sich nicht vom Christbaumschmuck und den Pseudo-Früchten der Gesetzestreuen blenden läßt, wird sehen, daß die Hervorbringer der „Dornen und Disteln“ mitten unter uns sind. Aber statt sich zu schämen, sagen sie noch „werdet wie wir! Strengt euch so an wie wir! Dann werdet ihr auch unsere „Früchte“ in eurem Leben haben!“ Och, lieber nicht!

Die Christen, die Hebräer 6 warnt, sind die, die die geschenkten Auswirkungen der Erlösung durch selbsterarbeitete Pseudo-Früchte ersetzen. Sie sind von Christus abgefallen und wähnen sich selbst aber auf der richtigen Seite. Leben mit Jesus ist für sie zum Leben unter dem Gesetz geworden. Da aber auf allem ein Jesus-Aufkleber drauf ist, wägen sie sich in Sicherheit.

Und ihnen wird gesagt, daß sie „den Sohn Gottes wieder kreuzigen und dem Spott aussetzen“. Und das macht auch Sinn: wer schon befreit war vom Gesetz als Teil seiner Erlösung und sich dann wieder unter Gesetz bringt, der sagt damit ja, daß das Opfer von Jesus nicht ausreichend war, daß da noch mal was passieren muß.

Derjenige, der sündigt (oder das, was er dafür hält), muß nur darin erinnert werden, daß das Opfer Jesu ausreichend ist, alle seine Sünden zu „tilgen“ – und wird es glauben. Der Gesetzestreue dageben wird uns eine Reihe von Dingen nennen, die er tun muß, damit ihm Gott seine Sünden vergibt – und bringt damit seinen Unglauben gegenüber der Erlösung Jesu zum Ausdruck.

Also: kämpfendes Drittel! Für euch sind diese Verse nicht.

P.S. Die Ausleger, die sagen, dass diese Verse aus Hebräer 6 auf Ungläubige bezogen sind, haben natürlich auch gute Gründe. Aber auch in diesem Fall ist Hebräer 6 keine Drohstelle mehr.

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