Wenn wir anfangs die Gnade entdecken, die bedingungslose Liebe Gottes, seine intensive Zuwendung – dann sind wir naheliegend in der Versuchung, damit das uns bekannte „Christliche“ und (Frei)Kirchliche quasi zu taufen, mit einem Zuckerguss zu übergießen, ihm das richtige Fundament und die richtige Geschmacksrichtung zu geben. All die überkommenen „christlichen“ und (frei)kirchlichen Verhaltensweisen und Vorstellungen – wären sie nicht viel besser und viel genießbarer aus Gnade geboren und motiviert? Und das kann uns durchaus einige Jahre so gehen.

Als Christen finden wir ein jahrhundertealtes „Gebäude“ aus Verhaltensweisen, Lehrsätzen und Mentalitäten vor. Und wir können uns nicht vorstellen, dass es so falsch sein kann, wie es des öfteren tatsächlich ist. Was das genau alles ist, haben wir noch längst nicht vollständig erfaßt. Aber wir können doch schon so einiges adressieren:

  • Jüngerschaft bedeutet Verzicht, Gehorsam, Bemühen um Verhaltensänderung
  • Egal, was du auch tust – sei vor allem „nett“
  • Gehorsam ist wichtig – Tu das Richtige!
  • Sünde trennt uns von Gott
  • das Gesetz ist gut für den Menschen
  • heiliges Verhalten wird unser Herz verändern
  • ein reines Gewissen bekommt man durch heiliges Tun und Lassen
  • wer gesetzestreu ist, zeigt ein ernsthaftes Bemühen um Heiligung
  • der alte Mensch lebt weiter in uns
  • Sünde muss verurteilt und benannt werden
  • Bemühe dich – Gott tut das übrige hinzu
  • Freiheit beinhaltet nur die Freiheit, das Sündigen zu lassen
  • das Gesetz ist ein Selbstbedienungsladen: echt doofe Gebote dürfen wir einfach stillschweigend weglassen
  • Gottes Segen fließt durch (insbesondere: frei)kirchliche Führungskräfte
  • Sünder muss man mit spitzen Fingern anfassen und auf Distanz halten (spätestens wenn sie Christen geworden sind)
  • Leid, Schmerz und Qual sind wesentlich in Gottes Pädagogik
  • Gehorsam ist auch im Neuen Bund zentral
  • das Hauptproblem des Menschen ist, dass er ein Sünder ist
  • gegen das Sündigen von Nichtchristen ist unbedingt der moralische Zeigefinger zu erheben
  • Freiheit beinhaltet niemals, niemals, niemals die Lizenz zum Sündigen
  • Segen ist die Folge von Gehorsam
  • Vergeben ist unsere Pflicht
  • wir MÜSSEN evangelisieren
  • „Süüüündääää“ muss mit dem nötigen Ernst behandelt und besprochen werden
  • ja, Gott ist lieb – aber vor allem ist er sehr, sehr zornig! Und eines Tages …
  • Ungehorsam gegen kirchliche Führer ist nicht gesegnet
  • Umkehr bzw. Buße hat was mit Zerknirschung, Bereuen u.ä. zu tun
  • Sündigen ist viel schlimmer als Gesetzlichkeit
  • Bitterkeit bekämpft man, indem man die Bitteren verurteilt und ausgrenzt
  • Einer führt – die anderen folgen
  • „Gott ist auch ein Rrrrrichter“

Und so ist mancher Gnadenvertreter weiterhin bemüht, nachzuweisen, wie toll doch die Gnade Gottes ist, wenn wir das Gesetzesgebäude (das übrigens auch viele Flügel und Zimmer hat) bewohnen und schon oft gescheitert sind, unter seiner Enge leiden, nirgendwohin kommen, uns im Kreis drehen.

Und so sehen wir: die wunderbare Gnade, Liebe, Zuwendung Gottes gibt uns nicht einfach, was uns bisher noch gefehlt hat – sie eröffnet eine ganz neue Art, Christ-Sein zu leben; erzeugt ein Verhalten, dass sich wohltuend von Strenge und Selbstgerechtigkeit abhebt; und auch kollektiv hat es wenig bis gar nichts zu tun mit dem, was wir als (Frei)Kirchlichkeit – und (Frei)“Gemeindlichkeit“ kennen.

Übrigens sind die gesetzestreuen Judenchristen der ersten Jahrhunderte in die selbe Falle getappt – umso überflüssiger, dass wir heute wieder solche Tendenzen haben.

Eine Antwort »

  1. Treffende Analyse! Im Prinzip ist das Gesetz somit immer noch unser Fundament!
    Gedanklich haben wir die Radikalität Jesu wohl immer noch nicht nachvollzogen. Wir gehen immer noch vom Berg Sinai aus und nicht vom Berg Zion: Die Gnade bleibt so immer nur Ergänzung zum Gesetzesgebäude. Dabei wird laut NT allein im Abendmahl auf dem Zion „Gott verherrlicht“ (Joh 13): im Neuen Bund. Paulus schreibt, dass allein im Wort und Beispiel der Gnade Jesu der wahre „Glanz Gottes“ zu finden ist: „Er (Jesus) ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden“ (Hebr. 1). Die Herrlichkeit des Mose, des Gesetzes, der „steinernen Tafeln“ ist irdisch und zeitlich begrenzt im Vergleich zum Wort Jesu: „Ja, jene Herrlichkeit ist nicht für Herrlichkeit zu achten gegenüber dieser überschwänglichen Herrlichkeit. Denn wenn das Herrlichkeit hatte, was aufhört, wie viel mehr wird das Herrlichkeit haben, was bleibt.“ (2Kor 3) Paulus ist hier an Radikalität nicht zu übertreffen.

    Hier stellt sich die Frage: Kann man überhaupt Gesetz und Gnade, Alten und Neuen Bund miteinander verknüpfen, vermischen? Jesus selbst scheint da sehr keptisch.

    Er gebraucht das Gleichnis vom Kleid: „Niemand schneidet ein Stück von einem neuen Kleid ab und setzt es auf ein altes Kleid; denn das neue Kleid wäre zerschnitten und zu dem alten Kleid würde das Stück von dem neuen nicht passen.“ (Lk 5,36) Wenn der Neue Bund, die Gnade, als Ergänzung zum Alten gebraucht wird, wird er zerstört. (Wobei hier immer das alttestamentliche Bild vom „Kleid der Gerechtigkeit“ mitspielt das sich der Glaubende von Gott erhofft, vgl. z.B. verlorener Sohn)
    Er gebraucht das Gleichnis vom neuen Wein: „Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Denn der neue Wein zerreißt die Schläuche; er läuft aus und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein muss man in neue Schläuche füllen.“ (Lk 5,37). Wenn der neue Wein seinen Geist entwickeln soll, braucht er ein neues Behältnis: Das Alte und Neue schaden sich. (Wobei hier immer Jesu Selbstbezeichnung als der neue „wahre Wein“ mitspielt u. der Weinkelch des Neuen Bundes)
    Jesus/Paulus: „Sauerteig der Pharisäer“. Paulus warnte z.B.: „Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen. (…) „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.“ (Gal 5) Gesetz und Gnade passen nicht zusammen. (Wobei immer mitspielt, dass das Brot des Abendmahls ungesäuertes Brot ist, Jesus als Brot des Lebens)

      • Ihr behandelt viele Themen (Gesetz, Gnade), die mich auch interessieren. So nutze ich eigennützig die Gelegenheit, meine eigenen Gedanken klarer zu strukturieren. Vielleicht findet ja jemand, der vorbeikommt, eine Anregung!?

        Allgemein: Wenn es um die Bedeutung des Gesetzes, das von Mose – dem größten Helden des Judentums – gegeben wurde, geht, muss ich immer an ein Wort Jesu denken: „Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer…“ (Mat 11,11). Der wirre, arme, verlachte Johannes, der in der Wüste den Messias, das Reich Gottes, erwartete, von Gott als Vater sprach, von Umkehr zu allgemeiner Sündenvergebung, vom Brot für die Armen träumte – für Jesus bedeutsamer als Mose, der Held der 10 Gebote!!? (Darum hat er ihn wohl im Vaterunser unsterblich gemacht?!)
        Für Spezialisten (hab ich aus dem Internet):
        Das Bild des Sauerteigs (der Pharisäer), der schon in geringen Mengen alles zersetzt, ist wohl wie Lepra im Judentum ein Bild für die Sünde, die die Menschheit befallen hat. Darum bezeichnet sich Jesus wohl als das reine, ungesäuerte Brot des Lebens. Im jüdischen Pessach gibt es einen Tag „Chametz“, indem das väterliche Haus von jedem Sauerteig gereinigt werden muss, dammit das reine Opferlamm einziehen kann. Viele sagen, dass genau an diesem Tag des Pessach auch Jesus das Haus des Vaters, den Tempel reinigte…

        • Liebe Ron, ich fand die Stelle mit Johannes, der größer ist als jeder andere Mensch „vom Weib geboren“, aber kleiner als der Geringste im Reich Gottes, lange Jahre sehr rätselhaft. Inzwischen glaube ich, die Antwort zu kennen: Johannes ist ja sozusagen das Bindeglied zwischen Altem und Neuem Testament. Er war noch im Alten Bund verwurzelt, predigte aber das Kommen des Erlösers. Weil er der Wegbereiter des Höchsten war, ist er der größte aller natürlichen Menschen gewesen. Warum aber ist der Kleinste im Reich Gottes größer als Johannes? Johannes hatte zwar den Heiligen Geist (wie auch andere AT-Propheten, z.B. Elia) war aber zu Zeiten seiner Prophetentätigkeit noch nicht von neuem geboren aus dem Geist, sondern noch immer „vom Weib geboren“, denn der Heilige Geist war noch nicht ausgegossen auf die Jesusgläubigen. Der Kleinste im Reich Gottes ist meiner Meinung nach von seinem persönlichen Charakter (von seinen natürlichen Qualitäten) her viel geringer als Johannes. Aber als Mitglied des neutestamentlichen Reiches Gottes ist er Glied am Leib Christi und somit aus dem Heiligen Geist geboren, eine neue Schöpfung. Deshalb ist er größer als Johannes und damit auch größer als die großen Helden des AT. Natürlich alles nur aus Gnade, von Gott so geschenkt.
          Ich denke übrigens nicht, dass Jesus Johannes im Vaterunser ein Denkmal setzen wollte. Jesus spricht im Vaterunser die elementaren Dinge der Beziehung zwischen Gott und Gläubigen und die Bedürfnisse des Menschen aus. Und da auch Johannes den Heiligen Geist hatte und von Gott gelehrt war, hatte er diese Gedanken auch schon und sprach sie aus.

  2. Die Gnade als solche interessiert mich mal: Was verstehen wir eigentlich darunter? Bonhoeffer spricht von billiger und teurer Gnade. Aber wie definiert sich Gnade überhaupt?

    Für Bonhoeffer ist die Gnade billig, wenn sie
    „Gnade ohne Preis, ohne Kosten ist. Das sei ja gerade das Wesen der Gnade, daß die Rechnung im voraus für alle Zeit beglichen ist. Auf die gezahlte Rechnung hin ist alles umsonst zu haben“.
    Und teuer ist sie für ihn
    „weil Gott sein Sohn nicht zu teuer war für unser Leben, sondern ihn für uns hingab“ und „weil sie in die Nachfolge ruft“ [und damit Leistungen des Begnadigten erfordert].

    Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich sehe nämlich vier grundsätzlich mögliche Arten von Definitionen der Gnade:
    1. Die bedingungslose Gnade.
    2. Die bedingende Gnade.
    3. Die vermittelte Gnade, die einen Mittler erfordert.
    4. Die vermittelte Gnade, die einen Mittler erfordert UND die Erfüllung mindestens einer Bedingung.

    zu 1: Bedingungslos ist sie, wenn sie, OHNE irgendeine Bedingung zu verlangen, ausgesprochen wird.
    – Beispiele für Punkt 1:
    Der Täter wird begnadigt oder ein anstehendes Verfahren ohne Auflagen eingestellt. Diese Gnade ist ein Geschenk ohne Gegenleistung.

    zu 2: Bedingend ist sie, WENN mindestens eine Bedingung zu erfüllen ist, damit die Gnade gegeben wird.
    – Beispiele für Punkt 2:
    Der Täter wird begnadigt, wenn er gesteht, den Schaden ersetzt oder eine Erklärung/Unterlassungserklärung abgibt oder ein anstehendes Verfahren wird mit Auflagen, die der Täter einhalten muß, eingestellt. Ein Sonderfall wäre unter 2. die in den USA mögliche Begnadigung eines zum Tode verurteilten Strafgefangenen, wobei die Todesstrafe zu lebenslanger Haft umgewandelt wird. Die Bedingung ist hierbei, daß eine lebenslange Haft akzeptiert wird.

    zu 3: Vermittelte Gnade ist sie, wenn ein MITTLER erforderlich ist, um die Gnade zu erhalten.
    – Beispiele für Punkt 3:
    Ein Pfarrer (der erforderliche Mittler) ließ im WWII sein Leben für einen zum Tode verurteilten Familienvater (1 Mittler)

    zu 4: Unter Bedingungen vermittelte Gnade ist sie, wenn ein MITTLER erforderlich ist UND die Erfüllung mindestens einer Bedingung, um die Gnade zu erhalten.
    – Beispiele für Punkt 4:
    Jesus (der erforderliche Mittler) starb stellvertretend für unsere Sünden, WENN (eine Bedingung) wir an ihn glauben (1 Mittler + 1 Bedingung).

    Manche Ausleger sehen noch eine weitere Bedingung:
    Jesus (der erforderliche Mittler) starb stellvertretend für unsere Sünden, WENN (erste Bedingung) wir an ihn glauben UND (zweite Bedingung) wir diesen Glauben festhalten/beibehalten bis zu unserem Tod (1 Mittler + 2 Bedingungen).

    Ich hoffe, dass ich nicht gleich wieder gelöscht werde, wenn ich was frage.

  3. Ich würde die möglichen Arten der Gnade folgendermaßen definieren:
    1. Die Gnade ohne Bedingungen
    2. Die Gnade.unter Bedingungen
    3. Die Gnade, die einen Mittler erfordert.
    4. Die Gnade, die einen Mittler erfordert UND die Erfüllung mindestens einer Bedingung.

    So erscheint es mir besser verständlich.

    • Was ist Gnade eigentlich?

      Gnade ist die einseitige Willenshandlung eines Gnadengebers zum Vorteil des Gnadenempfängers.

      Gnade ist das Einräumen eines Vorteiles durch einen dazu Berechtigten zugunsten des Gnadenempfängers.

      Das erste habe ich vor Jahrzehnten mal gelesen, das zweite stammt von mir. Das erste ist m. E. besser, denn das wichtigste Wort ist die „einseitige“ (Willenshandlung). Der damalige Autor hat das stark hervorgehoben.

      Das wird auch in den Gemeinden immer wieder betont, dass wir ja so garnichts dafür machen müssen, dass Gott uns Gnade erweist. Es wird auch vom freien Geschenk Gottes gesprochen (das wir unverdientermaßen erhalten).

      So wird es klar, wir erhalten etwas von Gott und zwar ohne unser Zutun (einseitig).
      Jetzt tritt aber folgendes Problem auf: Unter den oben genannten vier Gnadenarten paßt nur noch die erste dazu, denn sie ist ohne Bedingungen, das heißt, ohne Gegenleistung des Gnadenempfängers. Alle anderen Gnadenarten stellen Bedingungen an den Gnadenempfänger. DANN aber ist es keine Gnade mehr, sondern nur noch ein Handel: Gibst Du mir, geb ich Dir. Und DAS versteht, glaube ich, niemand mehr als „Gnade erweisen“, sondern jeder nur noch als Kuhhandel:

      Die obige Gnade.unter Bedingungen (Nummer 2) erfordert das Akzeptieren der lebenslangen Haft durch den Gefängnisinsassen. OK, das ist ein nicht schwerwiegender Formalismus, aber er ist auch keine vollständige Gnade (die wäre die Freilassung des Gefangenen).
      Die Gnade, die einen Mittler erfordert (3), verlagert die Handlung zum Gnadengeber (ER stellt/akzeptiert den Mittler; der Gnadenempfänger muß jedoch zulassen, dass ein anderer für ihn stirbt) und
      die Gnade, die einen Mittler erfordert UND die Erfüllung mindestens einer Bedingung (4) ist ein typisches Beispiel für einen Handel: Du mußt was machen (glauben an den bereit gestellten Mittler), DANN wirst Du gerettet werden (besser: nicht verdammt werden).

      Wir sehen also, Gott erweist uns Menschen nicht die reine pure Gnade (1), die wir annehmen können oder nicht, sondern er macht einen Handel mit uns: Wenn DU so und so, dann ICH so und so (4).

      Wie seht Ihr das? Ich hoffe auf eine rege Beteiligung, denn die Diskussion ist in diesem Forum etwas eingeschlafen in der letzten Zeit. Und ich hoffe, dass ich das mit der Gnade mal konsequent zu Ende gedacht habe.

      • Joh 1: „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden…“

        Übersetzt: Das Gesetz wurde durch Mittler Mose unter besonderen Bedingungen den Menschen vermittelt.
        Mit Jesus aber ist die wahre, reine Gnade Gottes unmittelbar (bedingungslos) Mensch geworden und wandelte in göttlicher Fülle auf der Erde. Jeder der ihn berührte, fragte, anklopfte, bei sich aufnahm usw. war unmittelbar geheilt und gesegnet. Daher trug er den Namen „Jeschua“: „Gott rettet von den Sünden“ (Mt 1)

      • Die Einsicht in die Gnadenbedürftigkeit ist ebenfalls ein Geschenk – auch da gibt es keine „Leistung“ des Erlösten. Oftmals sogar versteht der Gläubige am Anfang seines Lebens mit Gott nicht mal, was es mit der Gnade genau auf sich hat. Niemand sagt „Ach, jetzt versuche ich es mal mit der Gnade“, nachdem er seine Möglichkeiten abgewogen hat. Der Drang zu Gott ist ebenfalls ein Geschenk. Die „Bedingung“ in 3 ist nicht wirklich eine, da der Gläubige da nichts „zulassen“ muss – der Tod Jesu ist bereits passiert. Und das „Zulassen“-Können („ich habe es nötig, dass einer für mich stirbt“) ist wieder ein Geschenk Gottes …

  4. Danke Euch beiden für die Antworten.

    Der „Kuhhandel“ stört mich auch gewaltig. Übrigens muß der Familienvater zu 3 sehr wohl zulassen, dass einer für ihn stirbt.
    Und da sind wir schon bei meiner Frage: Ist das Ganze nicht viel leichter verständlich, wenn wir die Gnade Gottes darin sehen, dass er Jesus gesandt hat und nicht darin, dass wir die Gnade Gottes annehmen? Das Hauptaugenmerk ist beim ersten auf der Gnade, bei zweiten auf der Annahme der Gnade – ein totaler Unterschied. Beide Aussagen sind völlitg unterschiedlich aufgezogen. Die Gnade besteht also darin, dass ER Jesus geschickt hat und an unserer Stelle für unsere Sünden sterben hat lassen. Ist ja auch voll klar so. Und wir haben den (freien) Willensakt durch Gott, den Gnadenspender. Dieser Willensakt ist auch nicht an Bedingungen gebunden.

    Was ist dann die Gnade NICHT (bezogen auf die vier Fälle oben)? Die Gnade ist NICHT, dass Gott dem Gnadenempfänger erlaubt, die Rettung anzunehmen – die Gnade ist, wie gerade geschildert, dass ER Jesus geschickt hat und an unserer Stelle für unsere Sünden sterben hat lassen. Es ist eigentlich ganz einfach. Aber durch die völlig unnötigen Spitzfindigkeiten eines Bonhöffer (billige und teure Gnade) wurde das Thema zweifelsfrei verkompliziert.

    Habe ich das jetzt zu einem tragbaren Abschluß gebracht?

  5. … das hat da oben nun nicht geklappt . also hier nochmal:

    Nachtrag:

    Folgendes muß ich noch Nachtragen, da meine Aussage sonst missverständlich ist:
    A „Dieser Willensakt ist auch nicht an Bedingungen gebunden“
    muß heißen
    „Dieser Willensakt ist für Gott auch nicht an Bedingungen gebunden.“

    B „die Gnade ist, wie gerade geschildert, dass ER Jesus geschickt hat und an unserer Stelle für unsere Sünden sterben hat lassen“
    muß heißen
    „die Gnade ist, wie gerade geschildert, dass ER Jesus geschickt hat und an unserer Stelle für unsere Sünden sterben hat lassen. Wir müssen das nur noch annehmen, das heißt, wir müssen es glauben. Das ist die BEDINGUNG für unsere Rettung!“

    Nun habe ich eine juristische Definition von Gnade (im Vergleich mit einem Handel oder Kaufvertrag) gefunden:

    Gnade ist eine zustimmungspflichtige und damit zweiseitige, freiwillige Willenserklärung eines dazu Berechtigten gegenüber dem Gnadenempfänger, diesem eine materielle oder immaterielle Leistung zuzuwenden. Gnade kann an Bedingungen für den Gnadenempfänger geknüpft sein und/oder einen Mittler erfordern. Ein Gnadenempfänger hat keinen Rechtsanspruch auf einen Gnadenakt.

    Durch die Zustimmungspflichtigkeit unterscheidet Gnade sich nicht von einem sonstigen Vertrag, einem Handelsgeschäft oder gar einem Kuhhandel (gibst du mir, gebe ich dir//wie du mir, so ich dir).
    Der Unterschied von Gnade und Handel ist die zugewendete Leistung.

    Die Gnade wie sie im Christentum beschrieben wird, ist somit
    1. ein Handel und
    2. nicht bedingungslos.

    „Bedingungslose Gnade“ ist also Blödsinn und zeigt, dass da jemand die Gnade garnicht verstanden hat. Google mal nach Bedingungslose Gnade und Du wirst sehen, wie viele da blauäugig und verblendet von bedingungsloser Gnade träumen. Sie haben offensichtlich nie ihr Hirn eingeschaltet, wenn sie die Bibel aufgeschlagen haben.

    Und für die, die es immer noch nicht verstanden haben:
    Der Glaube daran, dass ER Jesus geschickt hat und an unserer Stelle für unsere Sünden sterben hat lassen, ist die BEDINGUNG für unsere Rettung.
    Die erwiesene Gnade errettet Dich nicht, wenn Du die zugewendete Leistung (Jesus geschickt und ihn sterben lassen für uns) nicht annimmst, also nicht zustimmst (da werden sich noch viele wundern, die sagen „ja, ja, ich glaube …“). Also ist da nix mit Credo ergo salvatus. Somit ist zugleich auch belegt, dass es kein „Glaube allein (errettet)“, Sola fide, gibt. Es ist alles einfacher, als man denkt – zumindest, wenn man es konsequent zu Ende denkt.

          • dann aber ist es zu spät und das Gericht erfolgt.

            Also müssen wir die Zuhörer warnen. Sonst wird Gott von uns ihr Blut fordern (was immer das heißen mag).

            Meine Erfahrung ist dabei die, dass Gott solch einen Ruf zweimal, dreimal, gelegentlich sogar viermal macht mit dem Manne, dann aber aufhört. Gott läuft Dir nicht ewig nach und bettelt um Deinen Glauben.
            Irgendwas hört er auf und Du hast ein schönes Leben wie Du glaubst. Das habe ich bei sooo vielen Menschen gesehen

          • Was du nicht alles weißt – oder meinst zu wissen. Warum sollte Gott sein Rufen beschränken? Erfahrungstheologie ist sehr problematisch. Die Gnade Gottes widerspricht unserer üblichen Erfahrung.

            Auf welche Bibelstelle beziehst du dich wegen „Blut fordern“? Gibt es noch weitere Stellen?

            Und ja: dann kommt das Gericht. Aber eben nur das Gericht. Gott bringt in seiner Liebe die Menschen zurecht. Ohne Zwang und Druck. Dass und wie er das hinbekommt, werden wir wohl erst später verstehen

  6. zu „konsequentegnade sagte am 15. Dezember 2018 um 6:20 PM“:

    Ich beziehe mich in meinem obigen Kommentar auf drei Bibelstellen. Die solltest Du unmittelbar kennen.

    zu „nur das Gericht“:

    ja genau, ist ja „nur“ das Gericht – weiter nix. Nur gehen Milliarden in den Feuersee. Von Äon zu Äon.

    zu „Ohne Zwang und Druck“ bringt er dier Menschen zurecht …

    Na klar, ist ja konsequente Gnade – völlig zu Ende gedacht …
    Nur, dass ich hier auf Eurer Seite schon lange aufgezeigt habe, dass wir nicht eine Bedingungslose Gnade von Gott erfahren, sondern wir haben eine Bedingung zu erfüllen, die zwingend erforderlich ist und bedürfen sogar eines Mittlers. Bitte mal nachlesen.

    Ach ja, und dann möcht ich mal sehen, wie ER uns ohne Zwang und Druck zurechbringt. Denk mal nach: „Zwang und Druck … zurechbringen“ Ein Widerspruch …

    Ich frage mich, was Eurer Ansicht nach einer machen muß, um gerettet zu werden. Kann man mir das mal erklären? Offenbar muß man nach Eurer Auffassung garnichts machen, denn es ist ja alles „ohne Zwang und Druck“. Auch der Heilige Geist macht nichts? Und Jesus auch nicht?

  7. Was ist denn Glaube?
    Ich meine, dass hier leider auch ne Menge Unsinn in vielen Köpfen herumgeistert.

    Glaube taucht sowohl bei der Frucht als auch bei den Gaben des Geistes auf. Allein das sollte uns schon klar machen, dass er nie und nimmer eine Leistung sein kann, die wir in irgendeiner Weise aus uns heraus erbringen könnten. Echter Glaube ist damit auch keine Bedingung, er ist immer ein Geschenk. Und zu behaupten, „dass man glaubt“, ist wahrscheinlich eher ein Zeichen dafür, dass man nicht so sehr glaubt – zumindest nicht in dem Sinne, was Glaube aus Gottes Sicht tatsächlich ist.

    Wir neigen ja leider dazu, aus allem eine Leistung machen zu wollen – auch noch aus dem Glauben, der per Definition das genaue Gegenteil von eigener Leistung (Werken) ist:
    „Wenn aber durch Gnade, so nicht mehr aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade.“ (Röm 11,6)
    (Möglichst großer) Glaube steht ja hoch im Kurs unter Christen… aber die Wahrheit ist:: Wir können aus uns heraus einfach nicht glauben. Gut, wenn man sich da die eigene Schwachheit eingestehen kann. Aber selbst daraus kann man dann wieder versuchen, ein Werk zu machen, nach dem Motto „Wer ist der Schwächste?“ 😉

    • Peter schrieb: „Glauben, der per Definition das genaue Gegenteil von eigener Leistung (Werken) ist:
      „Wenn aber durch Gnade, so nicht mehr aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade.“ (Röm 11,6)“

      Ich verstehe das nicht. Was ist denn da bei Röm 11,6 eine Definition des Glaubens?

      • Du hast Recht, das ist streng genommen eine Abgrenzung von Werken und Gnade, nicht Werken und Glauben.
        Allerdings macht der Zusammenhang des Briefes sehr deutlich, dass die beiden untrennbar zusammen gehören, insbesondere ein Kapitel vorher:
        „Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.“ (Römer 10,4)

        Auch Eph 2 zeigt die untrennbare Verbindung von Gnade und Glauben auf und stellt sie dem Unglauben und den Gesetzeswerken gegenüber:
        „Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch — Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“

        Der Glaube an seine Gnade bringt GUTE Werke in uns hervor, der Irrglaube an eigene Gerechtigkeit aus dem Gesetz fördert lauter TOTE Werke zu Tage. Von diesen sollen wir Buße tun:
        „… wobei wir nicht nochmals den Grund legen mit der Buße von toten Werken und dem Glauben an Gott,..“ (Hebr. 6,1)

        Der „richtige“ Glaube (und das Wort „richtig“ steht in den Briefen nicht da, weil die Schreiber damals voraussetzen konnten, was damit gemeint war) ist der Glaube an die Gnade Gottes, die in Christus Jesus geworden ist (Joh. 1,17) – und zwar völlig selbstverständlich in Abgrenzung zum Gesetz und den von ihm geforderten Werken („der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben“ etc.). In der biblischen Sprache heißt der Glaube ans Gesetz schlicht Unglauben (an Christus).

        Und dass wir diese Texte heute nicht mehr so einfach verstehen, zeigt, wie weit entfernt die heute gängige Lehre von dem ist, was damals bei den ersten Christen völlig selbstverständlich war. Was heute in den meisten christlichen Kirchen gelehrt wird, galt damals schlichtweg als Häresie…

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