Von verschiedener Seite hören wir die These, dass Christen nicht sündigen müßten. Schauen wir uns einfach mal einige Stellen aus den Briefen an die ersten Gemeinden an und die daraus möglichen oder klaren Schlußfolgerungen. Die Stellen, in denen von konkretem Sündigen die Rede ist, lassen wir beiseite; denn diese beweisen ja nicht, dass die Briefeschreiber fest davon ausgehen, dass Christen sündigen werden.

Vorab sei gesagt, dass wir Heiligung (also unsere Veränderung nach unserer Errettung und Neugeburt) für einen Prozess halten – und für uns deshalb auch das Sündigen unvermeidbar ist, weil eben nicht sofort alles anders ist (und so einiges auch nicht nach Jahren und Jahrzehnten).

1Joh 2,1 Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt; und wenn jemand sündigt – wir haben einen Beistand bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.

Johannes hält es für notwendig, Christen bestimmte Dinge zu schreiben, damit sie nicht sündigen. Worin auch immer diese Dinge bestehen (siehe Kapitel 1 des Briefes) – wer sie nicht weiß oder falsch versteht, wird zwangläufig sündigen. Nicht-Sündigen wird nicht durch mangelnde Willenskraft verursacht, sondern weil etwa Informationen über bestimmte (unsichtbare) Realitäten fehlen.

1Joh 1,8 Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.

Hier sehen wir, das Johannes gar nicht davon ausgeht, dass wir nicht sündigen. Dass alles mit uns in Ordnung sei. Dass Gott unser Verhalten jederzeit gut fände und beifällig nickt. Er nennt das Selbstbetrug.

Hebr 12,1 Deshalb lasst nun auch uns … die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen …

Der Schreiber des Hebräerbriefes geht ebenfalls davon aus, dass wir Dinge abzulegen haben. Dinge, die dank unserer Neuen Geburt nun nicht mehr fest mit uns verwachsen sind, sondern ablegbar sind. Darin stimmt er überein mit Stellen bei Jakobus, Paulus und Petrus, die ebenfalls vom „Ablegen“ reden (1Petr 2,1, Jak 1,21, Kol 3,8). Wie immer das Ablegen genau funktionieren mag – es gibt im Leben eines Christen immer etwas zum „Ablegen“. Also gibt es auch Sündigen in seinem Leben.

Hebr 3,13 sondern ermuntert einander jeden Tag, solange es „heute“ heißt, damit niemand von euch verhärtet werde durch Betrug der Sünde!

Hier werden Gläubige aufgefordert, einander zu helfen, damit es keine Verhärtung durch den Betrug der Sünde gibt. Wieso diese Anweisung, wenn es keine sündigenden Christen gibt? Worin der die Verhärtung und der Betrug der Sünde besteht, ist eine andere Frage. Wie soll ein solches „einander“ möglich sein, wenn auch damals auf das Sündigen von Christen mit Verurteilung reagiert wurde? … es war auch deshalb möglich, weil alle in einem Boot saßen. So wie alle Kinder Gottes waren, so hatten sie alle mit dem Sündigen zu tun.

1Tim 5,20 [Älteste] Die da sündigen, weise vor allen zurecht, damit auch die Übrigen Furcht haben!

Selbst bei Ältesten rechnet Paulus damit, dass sie sündigen. Warum nicht auch bei „normalen“ Christen?

Röm 14,23b  … Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde

Diese Definition von Sünde sollte noch den Selbstgerechtesten unter uns überführen – und auch den Vertreter jeder „Heiligung mit aller Kraft und Hingabe und unter Schmerz und Entbehrung“-Lehre. Den offenen Gesetzesbruch mag der eine oder andere Gesetzesbefürworter noch für vermeidbar halten – hieran scheitert er in jedem Falle. Und ist dabei in bester Gesellschaft: in deiner und meiner, in der der Kinder Gottes.

 

Selbst wenn wir die Frage nach dem Sündigen-Müssen auf sich beruhen lassen – die Frage nach dem Sündigen-Werden haben wir positiv beantwortet. Es wird einfach passieren.

Viel interessanter ist die Frage, warum Gemeinden, in denen das Sündigen keineswegs ausgerottet war, solch eine Wirkung auf ihre Umgebung haben konnten. Vielleicht deshalb, weil man sich nicht viel mit unkonkreten Aufforderungen a la „Auf keinen Fall sündigen!“ aufgehalten hat, sondern diesen Christen sagen konnte, in welcher Weise ihre überschüssigen Energien in praktisch tätiger Liebe umsetzbar waren. Was wiederum möglich war, weil diese Christen nicht ständig ihr Neues Leben anzweifelten wegen ihres konkreten Sündigens. Weil es in ihrem Leben tatsächlich ein Nebeneinander von Tollem und nicht so Tollem gab. Weil ihr Sündigen sie nicht irritiert hat ( https://konsequentegnade.wordpress.com/unser-neues-leben/sundigen-unter-der-gnade-2/ ). Das alles ist weitaus wahrscheinlicher als das der eine oder andere Heiligungsbefürworter auch nur zu denken wagt.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..