Interessanterweise wird gerade von gesetzlichen Christen (eine Variante des fleischlichen Christ-Seins) gerne das 2.Kapitel des Jakobus-Briefes ins Feld geführt – um nachzuweisen, daß wir sehr wohl Werke tun müssen, um erlöst zu bleiben. Und da ist zentral Vers 24: „Ihr seht also, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.“

Dummerweise geht es in diesem Kapitel positiv aber um Werke, die aus unserem Glauben an Gott entstehen – und nicht aus der Befolgung des Gesetzes. Die Werke aus Glauben sind aber nicht die Werke des Gesetzes: weder in Form und Inhalt, geschweige denn sind sie perfekt, wie das Gesetz es fordert. Und erst recht nicht sind Glaubenswerke etwas, das wir brauchen, um erlöst zu bleiben.

Deshalb sollte der Abschnitt eigentlich nicht „Glaube und Werke“ heißen – sondern „Glaube und Glaubenswerke“. Und nebenbei gesagt, ist es auch kein Erklärung von Jakobus über Glauben an die ewige Rettung (in dieser Hinsicht ist Glaube niemals „tot“), sondern über Glaube in Bezug auf unser Leben mit Christus hier und jetzt auf dieser Erde. Das zeigt auch das Beispiel aus Vers 15. Und auch in Kapitel 1 ging es schon darum, wie Glaube uns bezüglich unseres Lebens hier und jetzt weiter hilft.

14 Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, hat aber keine Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten?

Es scheint, als habe es auch damals schon Christen gegeben, die das „Glauben“ in besonderer Weise betont haben. Jakobus beurteilt die Aussage „ich habe Glaube“ nach einem unter Christen oft verpönten Prinzip: dem Nutzen. Heute würde er vielleicht fragen „Und was bringt dir das?“.

Der Glaube allein wird niemand nützen oder praktisch helfen. Das Verb „retten“ (sozo) hat in diesem Zusammenhang (und auch an anderen Stellen) die Bedeutung von „helfen“ und hat hier nichts mit der ewigen Errettung zu tun (so auch in Jakobus 1,21 und 5,20)

Und dann kommt auch gleich das Beispiel, das zeigt, dass es um Hilfe bzw. „Rettung“ hier und jetzt geht:

15 Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester dürftig gekleidet ist und der täglichen Nahrung entbehrt, 16 aber jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige, was nützt es?

Das „Glauben“ hat für die konkrete Notlage des anderen kein konkretes Werk hervorgebracht. Halten wir noch einmal fast: Jakobus setzt sich hier mit denen auseinander, die über sich sagen „Ich habe Glauben“. Vielleicht hat dieser Typus Christen den Notleidenden auch noch gesagt „Habt Glauben, Geschwister!“ – und konnte dann gar nicht verstehen, daß die Geschwister sich daraufhin eher verspottet fühlten.

17 So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, in sich selbst tot.

Was ist das für ein Glauben, der nichts hervorbringt, um sich und dem anderen in seiner Notlage zu helfen? Diese Frage ist berechtigt: erschöpft sich dieses „Glauben“ darin, dass wir vielleicht gerade so selbst zurecht kommen? Schön, daß wir Gott genug kennen, daß das was er uns gibt, gerade für uns reicht; das ist vielleicht mehr als bei anderen. Trotzdem  sollten wir lieber still sein und nicht mit stolzgeschwellter Brust rumlaufen und sagen „ich habe Glauben! Weißt du: GLAUBEN!!! Los, bewundere mich!“.

18 Es wird aber jemand sagen: Du hast Glauben, und ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir aus meinen Werken den Glauben zeigen !

Viele können uns aus ihren Werken ihre Gesetzestreue und ihren Gehorsam gegenüber dem Gesetz zeigen. Andere konzentrieren sich auf einen Glauben, der mit Werken nichts zu tun haben will. Beide Positionen helfen uns aber nicht, wenn es um das Leben hier und jetzt geht.

Gott sei Dank gibt es aber eine Alternative: Glaube an einen liebenden und helfenden Gott, der auch Werke hervorbringt … der dem anderen etwas zu geben hat … denn die Welt und auch die Gemeinde Jesu ist voll mit Menschen, die etwas brauchen.

ABER: hier zeigt jemand aus seinen Werken den Glauben! NICHT seine Gesetzestreue!

19 Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht; auch die Dämonen glauben und zittern.

Eine simple Überlegung: auch andere glauben, daß Gott ist. Aber das der Glaube an die Existenz Gottes bringt noch nicht viel – wenn er nicht ein Gott ist, der uns liebt, an uns interessiert ist, uns beschenken will und uns in seiner Nähe haben möchte.

20 Willst du aber erkennen, du eitler / leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke nutzlos ist?

Nach der Zurechtweisung der „Werke“-Leute kommt nun die Zurechtweisung der „Ich habe Glaube!“-Leute:

  • du bist eigentlich leerer, als du denkst: denn sonst hättest du was zu geben, oder?
  • dein Nutzen für andere ist beschränkter als du denkst

Probleme, die wir angeblich nicht haben, können wir auch nicht lösen. Eine ehrliche Bestandsaufnahme hilft immer. Aber sie kann hart sein für jemand, der seinen Wert und seine Bedeutung aus „ich habe Glauben!“ bezieht – und nicht aus Jesus. Irritierend ist auch die oft zu beobachtende Selbstherrlichkeit von „Ich habe Glauben!-Christen: sie paßt so gar nicht zu der Bedürftigkeit, aus der heraus das Glauben (und vor allem das Empfangen) ja überhaupt erst notwendig wird. Irgendwie scheint das „erfolgreiche“ Glauben etwas mit ihrer Leistung zu tun zu haben. Sie wirken auf eine autonome Weise „reich“, so als hätten sie alles – dabei bleiben wir „schwach“, egal wieviel wir von Gott empfangen und weitergeben können.

Der Ton von Jakobus mag uns streng erscheinen – aber er hilft seinen Lesern (nicht nur hier), wenn er sagt „guck dir doch mal an, wie es wirklich um dich steht“. Wenn es aber nicht so um uns steht, müssen wir uns die Ermahnungen von Jakobus auch nicht zu Herzen nehmen.

21 Ist nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt worden, da er Isaak, seinen Sohn, auf den Opferaltar legte?

Abraham war schon lange bevor er Issak opferte, aus Glauben gerechtfertigt. Als Abraham Isaak fast geopfert hätte (ganz im Stil der damaligen Götter!), tat er es aus Glauben – nicht aus Gehorsam gegenüber einem Gesetz (das es noch gar nicht gab):

22 Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und der Glaube aus den Werken vollendet wurde. 23 Und die Schrift wurde erfüllt, welche sagt: „Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet“, und er wurde „Freund Gottes“ genannt.

Wir können uns natürlich fragen, woran Abraham denn da konkret glaubte: daß Gott ihm auch noch einen Sohn schenken könnte? Daß Gott Isaak von den Toten auferwecken würde?

Hebräer 11,17-19: Durch Glauben hat Abraham, als er geprüft wurde, den Isaak dargebracht, und er, der die Verheißungen empfangen hatte, brachte den einzigen (griech. monogenes; d. h. einzig in seiner Art; o. einziggeboren; o. einzig – also wie Jesus!) über den gesagt worden war: „In Isaak soll deine Nachkommenschaft genannt werden“, indem er dachte, dass Gott auch aus den Toten erwecken könne, von woher er ihn auch im Gleichnis empfing.

24 Ihr seht also, dass ein Mensch aus [Glaubens?]Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.

Doch alles für die Katz, was wir bisher erkannt haben? Das ist der Satz, wo der gesetzliche Christ triumphiert „Hab ich es doch gesagt!“.

Schon eine kurze Überlegung hilft vielleicht bereits weiter: eine ewige Rechtfertigung aus Werken ist weiterhin möglich – aber für den, der die Rechtfertigung aus Glauben kennt, ist sie höchst überflüssig. Und diese ewige Rechtfertigung ist hier auch nicht gemeint. Denn diese „Rechtfertigung“ ist offensichtlich nicht die Rechtfertigung in Christus – denn diese geschieht aus Gnade, ohne Werke.

Aber wir hatten bereits festgestellt: es geht um Werke aus Glauben, nicht aus Gesetz(esbefolgung). Die Werke, die aus Glaube (den Gott uns übrigens auch schenkt! was sonst?) an einen liebenden und helfenden Gott resultieren, sind etwas anderes als die aus der Befolgung des Gesetzes. Als Glaubende tun wir nicht, was „richtig“ wäre. Wir geben das, was wir empfangen haben. Wenn wir nichts zu geben haben, lassen wir es – der Gesetzestreue „gibt“ trotzdem (aus einem leeren Herzen).

Wir sind nicht mehr leer (siehe oben), wenn wir Jesus immer besser kennen lernen und von ihm spürbar empfangen. Und dann klappt es auch mit den Werken! 😉

Aber das heißt auch: wir müssen uns nicht fragen, ob unser Glaube „genug“ Werke hat. Sondern unser Glaube wird immer Werke hervorbringen – es fragt sich nur, wie großartig sie den anderen erscheinen. Aber wir wissen, wie wir früher waren – und wie sich unser Leben seitdem entwickelt hat.

Da es aber der Glaube an einen liebenden, erlösenden und helfenden Gott, der „Werke“ hervorbringt – läßt sich hier kein Gegensatz aus Werken und Glauben konstruieren. Weder aus Glaubenssicht noch aus Werkssicht.

Unsere Rechtfertigung (modern gesagt: unser OK-Sein) vor Gott ist also immer eine Folge des Glaubens – sogar dann wenn dieser Glaube Werke hervorbringt.

Allerdings war und ist es ein Problem der Kirche, daß sie meist nicht präzise beschreiben kann, wie wir in „sauberer“ Weise zu Werken kommen – nämlich sauber in dem Sinne, daß wir uns nicht am Gesetz die Hände schmutzig machen und im Namen des Glaubens doch wieder klammheimlich das Gesetz einführen.

25 Ist aber nicht ebenso auch Rahab, die Hure, aus [Glaubens]Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ?

Und wie schön, daß Jakobus als Beispiel für Werke aus Glauben eine Prostituierte anführt! Glaube (ohne Anführungszeichen) und seine Werke sind wirklich keine Frage von Anständigkeit und moralischer Lebensweise. Hätten wir auch schon dank Abraham gewußt, der seine Frau „ausleihen“ wollte. Aber so wird es klarer.

Und auch Rahab hat sich durch ihr Werk aus Glauben geholfen: sie blieb am Leben – und ihre Familie auch.

26 Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

Ein interessanter Vergleich: denn der Leib entspricht dem Glauben, der Geist den Werken! Werke zeigen die Lebendigkeit des eigenen Glaubens im Leben hier und jetzt. Glaube kann zwar „tot“ sein – aber auch das berechtigt nicht zu der Schlußfolgerung, dieser Glaube sei auch bezüglich der ewigen Errettung „tot“. Der Glaube, der uns in Ewigkeit errettet, hilft uns beim Glauben, der hier und jetzt Glaubenswerke für uns und andere hervorbringt.

Wir haben Leben von Jesus bekommen. Diese Lebendigkeit will sich auswirken und zeigen. Wachstum ist das Zeichen von Leben. Dieses Neue Leben in Jesus wirkt sich aus: in unserem Körper genauso wie in unserem Handeln. Und zwar nicht dadurch, daß wir uns nun anstrengen, „als Christen zu leben“.

Eine Antwort »

  1. Hallo,

    gefällt mir bis jetzt gut. Habe 2x gelesen und lese jetzt nochmal. Ist noch nicht ganz durchgesickert.
    Aber biblisch gut belegt deine Gedankengänge.

    Bis später B.Borchert

  2. Guten Abend,

    doch da ist was dran. Auch das Beispiel mit der Hure Rahab bringt Licht.
    Also wir strengen uns nicht an sondern vertrauen uns ganz Jesus an das meinst du, oder?
    Der Glaube kommt aus der Predigt/Verkündigung und die Predigt aus dem Wort Gottes, also aus der Bibel. Ich denke nur laut.
    Also kann ich meinen Glauben doch auch beeinflussen in dem ich mir das Wort predige. Stimmst du damit überein? Weiter steht geschrieben: Das Wort Gottes ist Leben….. .Also ist das Wort Gottes in Verbindung mit meinem Neuem Leben die Quelle des Glaubens! Ich denke dem stimmst du auch zu. Anders ausgedrückt meine ich kann man sagen, dass dieses neue Leben gefüttert wird mit dem Wort Gottes und dadurch der Glaube vermehrt wird. Füttere ich nicht verkümmert mein Glaube bzw. schrumpft aber das Neue Leben bleibt. Damit meine ich den Glauben z.B. an eine bestimmte Verheißung die mir gerade begegnet und der Glaube vielleicht noch keine Werke hervorbringt. Wir sollen (besser dürfen, ich korrigiere mich) das Wort Gottes reichlich konsumieren
    und glaubend7vertrauensvoll annehmen. Und Gott sorgt dann für die aus dem Wort resultierenden Werke.
    Also, ist mein Job bildlich gesprochen das Essen und das gleichzeitige glauben an die Freisetzung
    der gespeisten Nährstoffe.
    Also arbeitslos bin ich nicht in desem Prozess des Glaubens aber Werkelos, es sei denn ich betrachte mein vertrauensvolles Speisen als Werk, was ich aber nicht tue!
    Liegen wir auf einer Wellenlänge ? Müßen wir ja nicht, aber so sehe ich das bis jetzt.
    Du sagst ja, dass wir Jesus immer besser kennenlernen müßen und das geschieht unter anderem durch sein Wort.

    Also einen schönen Abend noch!

  3. Jakobus 2
    Ihr schreibt: „Dummerweise geht es in diesem Kapitel positiv aber um Werke, die aus unserem Glauben an Gott entstehen – und nicht aus der Befolgung des Gesetzes.“ Genau! So müsste man das lesen!
    Diese „Werke des Glaubens“ an Jesus werden im NT die natürlichen „Früchte des Geistes“ genannt und von den Werken des Fleisches – der bewussten Anstrengung, des Gesetzes – abgegrenzt (z.B. Gal 5). In 1 Cor 13 setzt Paulus sogar noch einen drauf: Er erklärt sogar den Glauben an Gott – selbst wenn er Berge versetzen könnte – als unter der Liebe stehend. Wenn eine Tat aus echter Liebe erfolgt, ist sie fruchtbringend und von Gott, sogar dann, wenn die Glaubenserkenntnis fehlerhaft ist. Denn: „Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

    Darum spricht Jesus wohl immer „Bleibt in meiner Liebe“ (Joh 15) und zeigt das Bild von der Frucht seines neuen Weines, des neuen Baums des Lebens, dessen Früchte/Reben der Vater anhebt und reinigt, damit sie noch mehr Frucht bringen. Was kaum jemand kennt: In einer der ältesten Kirchen Roms – San Clemente – ist ein merkwürdiges Mosaik aus dem 10/11. Jh., das wiederum eine Kopie eines noch viel ältern frühchristlichen ist. Es zeigt die urchristliche Lehre vom Kreuz als dem neuen fruchtbringenden paradiesischen Weinstock und stellt die Werke/Früchte des Glaubens nach Joh 15 (und Jak) dar. Die Bildunterschrift lautet sinngemaß: „Mit den Reben des Weinstocks zeigen wir die Kirche. Das Gesetz lässt sie austrocknen, das Kreuz macht sie grün“. (So dachte man wohl am Anfang der Christenheit !!?)

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