Die Auslegung der Verse 1 bis 17 findet sich hier ( https://konsequentegnade.wordpress.com/bibelstellen/jakobus-11-17/ ).
Nachdem Jakobus uns erklärt hat, worin eigentlich die Versuchung besteht und dass Gott unserem Mangel abhelfen will, geht er nun dazu über, uns zu erklären, wie wir aus unserer neuen Natur heraus Werke tun können, die sich wohltuend von den toten Werken des Gesetzes (Hebräer 6,1 und 9,14) unterscheiden.
17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist noch eines Wechsels Schatten.
Nun endlich ist explizit die Rede von der Gnade Gottes.  Und Gott schwankt nicht in seinem Willen, uns zu beschenken. Und egal, wie profan das aussieht, was uns zuteil wird in (und gegen) unserem Mangel – es kommt von Gott.
18 Nach seinem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine Art Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien.
Zu seinem Willen gehört es auch, dass wir neu geboren werden. Und das ist nun wirklich nicht profan oder unscheinbar. Wir sind von ihm nicht adoptiert worden und ansonsten unverändert geblieben – sondern er hat uns neu geschaffen, wir sind seine Geschöpfe. Wir haben Neues Leben von ihm bekommen, wir sind lebendig gemacht. Davon sieht man nichts, aber das macht es lange noch nicht wirkungslos. Und die Wirkung kann man sehen.
19 Ihr wisst doch / Wisset, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn! 20 Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.
Jakobus ermahnt zum Hören – auch weil es nun sehr wichtig wird. Er wird uns nämlich erklären, wie das grundsätzlich Neue unserer Natur erst unser Inneres verändert und dann auch unser Handeln.
Warum das mit dem Zorn? Ist das vielleicht ein Beispiel für das Handeln? Oder liegt der Zusammenhang im empfundenen Mangel, mit denen sich die Verse 2 bis 15 befassen? Denn das macht einen Menschen zornig. Sagt Jakobus so was wie „Bevor du sauer wirst um deinen empfundenen Mangel, überleg doch mal, woran das eigentlich liegt“. Die daraus folgende Selbsterkenntnis fördert vielleicht den Sanftmut, von dem im nächsten Vers die Rede ist.

21 Deshalb legt ab alle Unsauberkeit und das Übermaß der Schlechtigkeit, und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu retten vermag!

Soweit zur angeblichen Sündlosigkeit von Christen: „alle Unsauberkeit und das Übermaß der Schlechtigkeit“ – das klingt absolut nicht nach perfekten Heiligen. Und es klingt sehr nach unserer eigenen Wirklichkeit.

„Legt ab“ klingt aber auch nicht nach Kasteiung und Widerstehensschmerz und Heiligungskrampf. Ablegen kann man etwas, was man angezogen hat. Es ist nichts, was mit einem verwachsen ist. Das spricht sehr dafür, dass nach unserer Neugeburt das Schlechte nicht mehr ein mit uns verwachsener Teil unserer Persönlichkeit ist. Vorher ist es so gewesen – jetzt aber nicht mehr. Und Ablegen muss sich auch wie Ablegen anfühlen – sonst fehlt es irgendwo an irgendwas. Hier sollten wir uns nicht irre machen lassen: Gott hat Veränderung für uns – und die sollte sich auch so anfühlen, als käme sie von Gott. Sonst ist es sehr wahrscheinlich, dass sie von uns selbst kommt.

Und das Ergebnis ist: unsere Seelen werden gerettet – und die „Verlierbarkeit des Heils“-Vertreter schreien natürlich sofort: da geht es um unsere ewige Errettung. Retten hat einige Bedeutungen in der Bibel und steht nicht immer für die ewige Errettung. Unsere Seele, das ist unser Inneres: Fühlen, Wollen, Denken. Zusammen mit unserem Körper bildet es das, was die Bibel „Fleisch“ nennt – eben dieses Fleisch, das fälschlicherweise so oft mit dem Alten Menschen gleichgesetzt wird und / oder vor allem als wohlig-warme Heimat für die Sünde gesehen wird.

Unsere Seele, unser Innenleben werden „gerettet“, indem wir sie umprägen lassen durch den Geist in uns, durch das Neue Leben in uns. Es ist eine Quelle in uns, die durch unser Inneres fließt und als Ströme lebendigen Wassers unseren Körper verlässt [schwer zu glauben, aber so steht es in Joh 7,38). Während die anderen noch ihren längst toten Alten Menschen zum x-sten Mal kreuzigen, können wir darauf beschränken, uns umprägen zu lassen.

22 Seid aber  Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen!

Nun kommt der Übergang zur Tat. Aber das ist nicht einfach ein Tun des Guten oder des Gebotenen. Es geht nicht um ein Halten von Geboten auf der Verhaltensebene. „Täter des Wortes“ sind etwas anderes als Halter von Geboten. Der eigentliche Gegensatz ist aber der zum Hörer des Wortes, der einfach nur eine Information zur Kenntnis nimmt, die nichts mit ihm zu tun hat. Die Tat beginnt bereits da, wo wir sagen: das beschreibt mich. Das bin ich.

23 Denn wenn jemand ein Hörer des Wortes ist und nicht ein Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Gesicht in einem Spiegel betrachtet. 24 Denn er hat sich selbst betrachtet und ist weggegangen, und er hat sogleich vergessen, wie er beschaffen war.

Wenn wir im Wort Gottes darüber lesen, wer wir in Christus sind, dann ist es, als würden wir in einen Spiegel schauen. „Ach, so sehe ich also aus“, gefolgt von einem „das ist mir neu“ oder von einem „jetzt erinnere ich mich wieder“. Der reine Hörer vergißt wieder, wer in Christus ist (aus welchen Gründen auch immer) – der Täter vergißt nicht. Und das macht ihn bereits zum Täter des Wortes. Ein Täter des Werkes ist er damit noch nicht – aber ohne Täter des Wortes keine Täter des Werkes (siehe Vers 25)

25 Wer aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit hineingeschaut hat / hineinschaut und dabei geblieben ist / bleibt, indem er nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes ist / wird, der wird in seinem Tun glückselig sein.

Jetzt kommt endlich das Werk. Die Halter des Gesetzes fiebern ihm schon entgegen – aber sie können sich beunruhigt zurücklehnen: sie waren nie gemeint.

Erst am Ende dieses Prozesses (Hörer des Wortes > Täter des Wortes („das bin ja ich“) > Täter des Werkes) steht das „glückselige Tun“. Denn irgendein Tun können wir immer haben, wenn wir uns nur genug ins Zeug legen. Aber nur wer Hörer des Wortes war, kann auch Täter des „glückseligen“ Werkes sein – eines Werkes, das nicht auf seiner Willenskraft beruht. Nicht darauf, dass er „alles“ gegeben hat für Jesus. Und er kann nur so sicher sein, dass Gott die Ehre für sein Tun bekommt – nur dann, wenn er sagen kann „seine Gebote sind nicht schwer“. Solange ihm ein Tun schwer vorkommt, gar unmöglich – solange hat er noch nicht genug zugehört und war kein „Täter des Wortes, der sagt: „Das bin ja ich – so bin ich geworden durch die Neue Geburt. Schön!“. Und solange hat das Neue Leben in ihm noch nicht sein Werk der Veränderung in seinem Inneren getan. Solange wird sein Gehorsam nicht von Herzen kommen, sondern erzwungen sein – erzwungen sein gegen allzu viele Widerstände in ihm.

Wer diese Erwartung an die verändernde Kraft Gottes in ihm nicht hat, wird (schnell?) sagen: „ich warte, aber es tut sich nichts. Dabei sind nun schon 5 Tage / Wochen / Monate vergangen“. Nun, Veränderung braucht Zeit. Auch und gerade dann, wenn wir uns lange aus eigener Kraft bemüht haben. Und Veränderung geht uns immer zu langsam, wenn wir bestimmte Verhaltensweisen an uns überhaupt nicht mögen. Bloß: Gott kommt schon die ganze Zeit mit uns klar – trotz dieser Verhaltensweisen. Vielleicht sollten wir uns was von ihm abschauen? Aber Milde gegen sich selbst ist nicht jedermanns Sache.

Und wir wollen oft die Veränderung einer ganz bestimmten Verhaltensweise. Dabei übersehen wir, dass diese wiederum Ursachen in ganz anderen Dingen hat. Und Gott befaßt sich vielleicht längst mit diesen anderen Dingen ins uns, verändert uns hier und dort. Das fällt uns gar nicht auf, weil uns diese Dinge vielleicht keinen Schmerz machen, keine Schuldgefühle hervorrufen, uns egal sind.

… übrigens ist vom Täter „DES Werkes“ die Rede (Singular!). Denn wir sind erlöst davon, DIE Werke des Gesetzes zu tun, das Perfektion fordert, also das Tun aller Gebote (des Gesetzes).

Durch die vorigen Verse können wir nun sicher sein, dass das „vollkommene Gesetz der Freiheit“ sich tatsächlich darauf bezieht, wie wir in Christus beschaffen sind.

26 Wenn jemand meint, er diene Gott / er sei gottesfürchtig, und zügelt nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst / Gottesverehrung ist vergeblich.

Auch damals gab es schon Leute, die nur die Meinung waren, sie dienten oder ehrten  Gott – aber weit davon entfernt waren.

Aber was nur soll das „Zügeln der Zunge“ in diesem Zusammenhang? Geht es darum, wie jemand über seinen Dienst für Gott spricht? Dass er es überhaupt tut? Quillt ihm (oder ihr) der Stolz aus allen Poren, wenn er  das tut – zusammen mit seiner überaus betonten Demut? Betrügt er sein Herz, weil er sein eigenes Tun in einem völlig falschen Licht sieht und kommentiert?

Er hält sich vielleicht für einen Täter des Wortes und ist es gar nicht. Entsprechend „unglückselig“ ist sein Tun. Aber er merkt es nicht, so begeistert ist er von seiner Gottesverehrung mit einem Tun, das nicht von Gott bewirkt wurde.

Das ist wichtig zu wissen, denn mit der Umwandlung der Beschreibung des „Züngelns der Zunge“ in ein Gebot ist schon viel Schindluder getrieben worden. Schließlich wird hier nur beschrieben und zu nichts aufgefordert. Vers 26 ist einfach nur eine Beschreibung dessen, was ist.

27 Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.

Jakobus stellt an einem Beispiel klar, welche Taten wirklich Gott ehren – denen etwas zu geben, die einem nicht so ohne weiteres etwas zurückgeben können. Mit denen Gemeinschaft zu haben, Interesse zu zeigen, Zeit zu verbringen, die uns vielleicht kein Vergnügen bereiten. Und wer kann das schon wirklich? Es sei denn, Gott schenkt ihm einen ganz anderen Blick für Menschen.

(Zumindest ein paar Ausführungen zu Jakobus 2 und dem Glauben mit seinen Werken finden sich hier )

Eine Antwort »

    • Nur schon mal so viel … zu Jakobus 2,10: Wer das Gesetz halten will, muss tatsächlich ALLE Gebote halten … und dazu dass Glaube immer (Glaubens)Werke hat (aber keine Gesetzeswerke!), haben wir uns anderer Stelle geäußert ( https://konsequentegnade.wordpress.com/unser-neues-leben/glaube-und-glaubenswerke/ ) … den Reichen zu bevorzugen und den Armen zu verachten, ist kein Glaubenswerk … 4,7-10 kann man entweder mit der Gesetzesbrille – oder mit der Gnadenbrille lesen – und das geht ja bei vielen Stellen, die Handlungsanweisungen geben …

      … vielleicht dann auch mal irgendwann längere Ausführungen zu den entsprechenden Kapiteln

  1. Interessante Gedanken. Eines ist mir da jedoch dann nicht so klar. Aus Glauben handeln, bedeutet ja, dass man tut, von dem man glaubt und nicht einfach blind einen Katalog einhalten (Hebräer Kapitel 11). Also innere Veränderung (Überzeugungen) äußert sich im Äußeren Verhalten. Wie kommt es dann nun aber, dass es beispielsweise im 2. Thessalonicher Brief Kapitel 3 lautet: „So aber jemand nicht gehorsam ist unserm Wort, den zeigt an durch einen Brief, und habt nichts mit ihm zu schaffen, auf daß er schamrot werde; doch haltet ihn nicht als einen Feind, sondern vermahnet ihn als einen Bruder.“

    Wenn dieser Bruder bislang erst „Hörer des Wortes“ und nicht „Täter des Wortes“ ist, wie kann man dann verlangen, dass er „Täter des Werkes“ sein soll?

    Das ist nicht die einzige Stelle die davon spricht, dass Umgang mit Brüder und Schwester gemieden werden soll, wenn bestimmte Handlungen Ihr Leben prägen. Wie sind diese Stellen zu verstehen?

    Danke für die Mühe im voraus.

    • Vielleicht hilft zum Thema „Gehorsam unter der Gnade“ dieser Artikel weiter: https://konsequentegnade.wordpress.com/unser-neues-leben/gehorsam-unter-der-gnade/

      … in 2.Thessalonicher 3 geht es um den Spezialfall, dass Christen auf Kosten anderer Christen leben. Da sind wohl die meisten von uns froh, wenn sie wissen, dass sie ihre Großzügigkeit nicht gezielt ausnützen lassen müssen, sondern solchen Geschwistern auch mal den Platz an ihrem Tisch verweigern dürfen. Paulus mußte das aber extra gebieten, weil ihre von Herzen kommende Großzügigkeit ihnen das nicht ohne weiteres selbstverständlich machte. Hier wurde ein unangemessenes Geben unterbunden … es gibt weitere Spezialfälle, die aber nicht zum Prinzip für JEDE Art von „fehlenden Werken“ gemacht werden dürfen … in der Regel kann man damals wie heute (bis auf Extremfälle) in Ruhe darauf warten, bis sich die Frucht zeigt, bis jemand also zum „Täter des Werks“ geworden ist.

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