Lukas 9,23-25 23 Er sprach aber zu allen: Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf täglich und folge mir nach! 24 Denn wer sein Leben / seine Seele retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es retten. 25 Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, sich selbst aber verlöre oder einbüßte?

Interessanterweise beziehen wir Selbstverleugnung oft auf unser Verhalten oder unsere Gefühle oder unsere Wünsche. Diese Dinge sind es angeblich oder tatsächlich, die Gott nicht gefallen.

Also verleugnen wir, was Gott angeblich nicht gefällt. Schlimmstenfalls verdrängen wir es einfach, bestensfalls bleiben wir ehrlich und sagen „Eigentlich würde ich ja gerne … aber wegen Dir, Gott, mache ich jetzt das und das“

Was aber, wenn die Aufforderung von Jesus „verleugne dich selbst“ sich gar nicht auf Fragen wie „was tue ich?“ oder „was wünsche ich mir?“ bezieht, sondern auf die Frage „wer bin ich?“? Es geht hier aus meiner Sicht um unsere Identität. Und wer nicht weiß, daß er eine neue Natur hat, eine neue Identität – der wird auch komische Vorstellungen von Selbstverleugnung entwickeln.

Für wen die Erlösung durch Jesus nur darin besteht, daß arme Sünder gerade mal so erlöst sind (aber natürlich trotzdem ein ganz tolles christliches Verhalten an den Tag legen sollen!!!), der wird das „Verleugnen“ naheliegenderweise auf seine angebliche Natur beziehen. Er lebt mit einem alten und einem Neuen Mensch in sich und muß den alten ständig „verleugnen“. Alle Gefühle, Handlungen und Wünsche, die dem strengen Maßstab Gottes nicht genügen, müssen „verleugnet werden.

… oder noch schlimmer: den neuen Menschen gibt es für ihn nur als „Sicht Gottes auf uns“, Gott sieht uns durch Jesus hindurch an. Denn dann sind wir eigentlich sogar noch ganz die alten.

Wer aber glaubt, daß wir eine Neue Natur haben und der alte Mensch erledigt ist und auch nicht mehr existiert und wirkt, für den stellt sich Selbstverleugnung anders dar. Denn seine (Neue) Natur kann er nicht verleugnen – und er sollte sie auch nicht verleugnen. Aber aus seinem alten Leben hat er eine Prägung übrig behalten; eine Prägung, die daran gewöhnt ist, die Dinge ohne Gott zu regeln, ohne mit göttlicher Hilfe zu rechnen. Hier gibt es sinnvoll etwas zu „verleugnen“.

Jesus begründet seine Aufforderung zur Selbstverleugnung mit der Suche nach Leben (Vers 24). Wie wir schon gelernt haben, gibt es für Menschen ohne Jesus kein Leben – so sehr sie vielleicht auch die Welt und ihre Schönheiten (oder ihre weniger schönen Seiten) benutzen und sich an ihre Regeln halten, um Leben zu finden und sich lebendig zu fühlen. Es steht uns frei, als Christen genauso zu leben. Damit sagen wir im Grunde, daß wir kein Leben in Jesus haben und uns nicht lebendig fühlen.

… etwas anderes ist es natürlich, wenn wir die Lebendigkeit, die wir in uns haben, gerne ausleben möchten. Aber ich denke, es gibt einen spürbaren Unterschied.

Interessant ist im Kontext auch wieder, daß Jesus mit der Kategorie „Nutzen“ arbeitet, und zwar auch noch in der Variante „Eigennutzen“. So viel zum Ideal der Selbstlosigkeit!

Wie auch immer: es gibt keinen Grund, beim nächsten Mal eingeschüchtert zu schweigen, wenn man gewichtig von „Selbstverleugnung“ redet – und damit bezwecken will, daß wir uns das Leben mit Jesus nicht zu „leicht“ machen.

Eine Antwort »

  1. Die Sache mit der Selbstverleugnung:
    Jesus sagte das seinen Jüngern unter Gesetz, ausschließlich um ihnen klar zu machen, dass sie es aus eigener Kraft (dem Fleisch) nicht können. Nur darum ging es.

    Petrus wollte sich selbst verleugnen: „ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“

    Da gab es schonmal die selbe Situation in Josua 24:
    Und Josua sagte zum ganzen Volk: Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein; denn er hat alle Worte des HERRN gehört, die er mit uns geredet hat. Und er soll Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet. (Jos 24,27)

    Am Ende verleugneten die Israeliten trotzdem Gott und nicht sich selbst – wie immer, wenn es aus eigener Kraft geht.

    Und Josua hatte es ihnen vorher noch gesagt (V.19): Ihr könnt dem HERRN nicht dienen […].

    Petrus (der Stein) ebenfalls. Er verleugnete nicht sich selbst, sondern Jesus. Soviel also zu unserer eigenen Kraft. Auch Petrus hatte es im Klartext vorher vom Herrn gehört:

    Jesus antwortete ihm: Wo ich hingehe, kannst du mir jetzt nicht folgen […] (Joh. 13,36)

    Die Aussage „der verleugne sich selbst“ soll einzig und allein Demut wirken: „Ja Herr, wir können es nicht.“

    Aber Petrus (und alle anderen Gesetzesverfechter aller Zeiten) sprechen eben: „Nein, ich kann’s selbst:

    Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Wenn alle an dir Anstoß nehmen werden, ich werde niemals an dir Anstoß nehmen. Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, mich dreimal verleugnen wirst. Petrus spricht zu ihm: Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen.
    Mt 26,33-35

    Und jetzt nochwas Schönes, was das bestätigt – wo wir schon bei Petrus‘ Name sind:

    Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen. (Mt 16,18)

    Im Griechischen stehen hier zwei verschiedene Wörter, über die anscheinend schon viel spekuliert wurde:
    Du bist Petros (Πετρος), und auf diesen Petra (πετρα) werde ich meine Gemeinde bauen.

    Ersteres (Petros) heißt „Stein“ oder „Felsbrocken“, zweiteres heißt „großer Fels, Felsmasse“.
    Ersteres ist Petrus Name: Stein. Zweiteres ist Christus in ihm (das kam dann Pfingsten).

    Er, Jesus ist der große Fels, und auf ihn ist alles auferbaut. Auf den großen „Petra“, nicht auf den kleinen „Petros“.

    So auch das Wort Petra/πετρα (wie könnte es anders sein?) in Römer 9,33, wo von Christus als dem Felsen steht:

    „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels (Petra/πετρα) des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ (Römer 9,33 Elbi)

    Hier natürlich auch:
    Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen (Petra/πετρα) baute… (Mt 7,24)

    Der Sand, auf den man auch bauen kann (was ja zu dem großen Fall führt), das sind die kleinen Steinchen. Das ist auch das Bild von der Wüste, in der Israel nach der Gesetzgebung 40 Jahre umherwandern musste.

    Also: Nachdem er Jeus verleugnet hatte begriff der kleine Stein endlich, dass er auf sich selbst nicht bauen konnte. Das Schöne war, dass der große Fels vorher für ihn gebetet hatte:

    Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder! (Luk 22,32)

    Das Wort im Grieschischen (epistrepho), was die Elbi hier mit „zurückgekehrt“ übersetzt, meint die ganz Grund legende Umkehr im Äußeren hin zu Gott – im Gegensatz zu metanoia, was unsere Herzensänderung/Gesinnungsänderung im neuen Bund als Gläubige später beschreibt.

    Bevor Petrus das tat, musste er aber noch ein ganz dickes totes Werk tun: Im Garten Gethsemane dem Knecht des Hohenpriesters das Ohr abhauen, was dazu führte, dass er schließlich Jesus verleugnete -> er fiel („und sein Fall war groß“ Mt 7,27) -> ziemlich blöde Aktion, aber nötig, damit Petrus klug wurde. Danach passierte das hier:
    Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. (Luk 22,62)
    ABER: Er kehrte zurück:

    Aber alle seine Bekannten standen weitab, auch die Frauen, die ihm von Galiläa nachgefolgt waren, und sahen dies (Luk 23,49).

    Alle – also auch Petrus.
    Und was tat er? Ganz bestimmt das, was Jesus ihm aufgetragen hatte:
    Er stärkte seine Brüder. Und womit? Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebt…: Petrus hatte etwas zu geben, er wusste jetzt, dass Jesus auch in dieser fürchterlichen Situation am Kreuz noch alles unter Kontrolle hatte, und er konnte den anderen sagen: „Er hat sogar meinen Verrat vorhergesehen. Und egal, was da jetzt gerade passiert, ich verstehe es auch noch nicht… Aber er hat trotzdem alles im Griff.“

    In der Tat wird Petrus im Lukasevangelium als der einzige erwähnt, der auf den Bericht der Frauen hin am Ostermorgen zum leeren Grab lief:

    Und diese Reden schienen ihnen wie Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.Petrus aber stand auf und lief zur Gruft; (Luk 24,11-12a)

    Aus dem Johannesevangelium wissen wir, dass Johannes gemeinsam mit Petrus zum leeren Grab ging – aber das hier war dem heiligen Geist offensichtlich wichtig: Es gab da nun einen Unterschied zwischen Petrus und dem Rest der Jünger: Wem viel vergeben ist, der liebt viel!

    Ein paar Wochen später in Jerusalem legte man dann die Leute aus den umliegenden Ortschaften auf die Straßen, damit auch nur Petrus‘ Schatten auf sie fiele, damit sie geheilt würden.

  2. Buchempfehlung: „Das pyramidale Prinzip 2.0“

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    Wir sorgen als Produzenten, Konsumenten, als Kunden und Patienten, als Klienten und als potentielle Delinquenten, für den sich beschleunigenden Strom der Waren, Finanzen und Daten, im Stoffwechsel eines ‚pyramidalen‘ Organismus. Nachdem wir das Ertragsnutzenkalkül eines besinnungslosen Fortschritts im Wachstum verinnerlicht haben, empfinden wir den Raub der Selbstbestimmung und Identität nicht mehr als Verlust. Auf die atomare Einheit der Existenz reduziert, reihen wir uns ein, in die weltweiten Ströme der dynamischen Massen. Dabei steht die Isolation im Nahfeld der Beziehungen, in einem unüberbrückbaren Gegensatz zur Identifikation mit einem globalen Bewußtsein. Über die Instrumentalisierung religiöser Bedürfnisse, werden die Menschen zur Opferung der eigenen Identität gerufen, und zum Dienst für einen allumfassenden Welt-Ethos vorbereitet
    Wer sich nicht weiter von den Kulissenprojektionen der Matrix täuschen lassen möchte, dem hebt sich mit dem Buch: „Das pyramidale Prinzip 2.0“ von Franz Sternbald, der Schleier, und gewährt dem Leser einen unverstellten Blick auf das Wesen des Willens zur Macht! Gleichzeitig ist es ein leidenschaftliches Plädoyer für einen aufgeklärten Glauben, der sich, nach Kierkegaard, auch dem fundamentalen Zweifel stellen muß, sowie die Rettung der Würde des Individuums, gegen die kollektive Vereinnahmung, und seiner Zurichtung für die Zwecke eines globalen Marktes. Hier wird der Versuch unternommen, das Bewußtsein von einem Erlösungsbedürfnis aus der ‚Selbstentzweiung’ des Willens in der Natur zu erklären, und die Selbstentfremdung des Menschen aus seiner ‚Seinsvergessenheit’. Dem Frommen verschafft die Beschäftigung mit der Analyse des Willens zur Macht von Schopenhauer, über Nietzsche bis Heidegger, ein freieres Auge. Deren Aktualität steht nicht im Widerspruch zu einer apokalyptischen Deutung der Weltgeschichte, sondern liefert vielmehr deren Bestätigung – darin liegt zwar eine machtvolle Absicht, jedoch keine Unvermeidlichkeit.

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