Unter dem Gesetz ist Ungehorsam eine einfache Sache: wir tun, was verboten ist – oder unterlassen, was geboten ist. Damit sind wir ungehorsam.

In der Praxis des Gesetzes ist natürlich die Sache mit dem VERbotenen viel stärker ausgeprägt als die Unterlassung des GEbotenen. Das Gebotene wird meist auf ein paar Dinge zusammengestrichen (Gottesdienstbesuch, Bibellesen, Geld geben, Mithelfen in der „Gemeinde“) – die Vermeidung des Verbotenen nimmt weitaus mehr Raum ein: überall lauert die Sünde. Der Fokus verlagert sich vom Tun des Guten hin zu „Ich darf nicht sündigen“. Diese Prägung nehmen Christen, die lange Zeit unter dem Gesetz gelebt hatten, auch mit in ein Leben unter und aus Gnade. Und wenn sie dann im Neuen Testament von Gehorsam oder gehorchen oder Ungehorsam lesen, verbinden sie damit natürlich ihre alte Vorstellung.

Wir werden sehen, dass es dazu keinen Grund gibt.

Denn was  nun, nachdem das Gesetz für uns nicht mehr gilt? Wie ist hier „Ungehorsam“ sinnvoll definierbar? Denn wir können es nicht mehr messen an etwas, was für uns nicht mehr gilt: dem Gesetz (in allen seinen Varianten).

Am Beispiel des Sündigens hatten wir schon gesehen, dass Sündigen unter dem Gesetz etwas anderes ist als unter der Gnade (und dort auch anders definiert ist). Wir werden auch sehen, dass Ungehorsam unter der Gnade etwas anderes ist als unter dem Gesetz.

Im Hebräerbrief, Kapitel 4 finden wir eine sehr konkrete Aussage zum Thema Ungehorsam:

2 Denn auch uns ist eine gute Botschaft verkündigt worden, wie auch jenen; aber das gehörte Wort nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, sich nicht mit dem Glauben verband.
3 Wir gehen nämlich in die Ruhe ein als die, die geglaubt haben, wie er gesagt hat: „So schwor ich in meinem Zorn: Sie sollen nimmermehr in meine Ruhe eingehen!“, obwohl die Werke von Grundlegung der Welt an geschaffen waren.
4 Denn er hat irgendwo von dem siebten Tag so gesprochen: „Und Gott ruhte am siebten Tag von allen seinen Werken.“
5 Und an dieser Stelle wiederum: „Sie sollen nimmermehr in meine Ruhe eingehen!“
6 Weil es nun dabei bleibt, dass einige in sie eingehen und die, denen zuerst die gute Botschaft verkündigt worden ist, des Ungehorsams wegen nicht hineingegangen sind

Ganz ähnlich wie beim Sündigen unter der Gnade (Joh 16,9 Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben; ) ist auch Ungehorsam unter der Gnade fehlender Glaube. Fehlender Glaube ist aber für unser Leben nicht der Normalfall oder das zu Erwartende oder etwas, für das wir uns anstrengen müßten, damit es da ist. Glaube ist der Normalfall, WENN wir eine GUTE Botschaft gehört haben (aber nur dann!). Und das haben wir: wir sind erlöst, wir haben ein Neues Leben, Gott lebt in uns und ist uns somit ganz nahe, ALLE unsere Sünden sind uns vergeben etc. Das zu glauben, IST Gehorchen bzw. Gehorsam.

Negativ finden wir diese Form des Ungehorsams bei Menschen in Ephesus. Sie verweigern dem Evangelium den Gehorsam bzw. glauben nicht daran. Ungehorsam und Unglaube ist hier das selbe:

Apg 19,9 Als aber einige sich verhärteten und ungehorsam blieben und vor der Menge schlecht redeten von dem Weg, trennte er sich von ihnen und sonderte die Jünger ab und redete täglich in der Schule des Tyrannus.

Ähnlich auch Apg 14,2 Die Juden aber, die nicht gehorchen wollten …

In Röm 2,8 ist von denen die Rede, die „der Wahrheit ungehorsam sind“ – auch hier also die gleiche Bedeutung; ähnlich (nun in positiver Wendung) in 2Kor 9,13 : „Gehorsam eures Bekenntnisses zum Evangelium Christi“; oder auch Röm 10,16 Aber nicht alle haben dem Evangelium gehorcht.

Auch Jesus selbst definiert Ungehorsam als Unglauben – und eben nicht als Ungehorsam gegenüber irgendwelchen Geboten oder Regeln:

Joh 3,36 Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.

Und  2Kor 10,5 “ nehmen jeden Gedanken gefangen unter den Gehorsam Christi“ kann man nur leben, wenn Gehorsam sich auf das glaubende Anerkennen der Wahrheit des Evangeliums bezieht, auf die alleinige Rettung aus Glauben, die Liebe und das Erbarmen Gottes für uns, seine Hilfe und Fürsorge. Ähnlich sagt es auch 1Petr 1,22Da ihr eure Seelen durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe gereinigt habt …“ Gehorsam wirkt sich aus in unserem Herzen, in unserem Inneren, in unserer Gedankenwelt, in unseren Gefühlen. Nur so entstehen dann auch (aus dieser inneren Veränderung) Werke aus Glauben, ein „glückseliges Tun“.

Und noch klarer als in Gal 5,7Ihr lieft gut. Wer hat euch gehindert, der Wahrheit zu gehorchen?“ geht es eigentlich kaum noch. Kontext des Briefes und auch des Verses ist die Rückkehr der Christen in Galatien unter den Gehorsam des Gesetzes und damit natürlich auch unter die Gerechtigkeit des Gesetzes (http://www.bibleserver.com/text/ELB/Galater5).

Röm 6,17 Gott aber sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde wart, aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Bild der Lehre, dem ihr übergeben worden seid!

Auch hier ist die Rede von diesem inneren Gehorsam – sogar konkret bezogen auf die Lehre, die den damaligen Christen vor Augen gemalt wurde und in der sie „sahen“, wie gut Gott ist, wie gnädig und barmherzig und freundlich – und wie umfassend er uns erlöst und entlastet hat.

Gehorsam und Ungehorsam beziehen sich hier und anderswo auf das Evangelium – nicht auf einzelne Gebote oder Verbote (sei es nun die des Gesetzes oder die Gebote Jesu für die Gläubigen). Deshalb sind alle Versuche, solche Verse im Sinne des Gesetzes zu deuten, nicht legitim. Ungehorsam gegenüber Geboten und Verboten sind unter dem Gesetz keine Option – unter der Gnade sehr wohl. Sogar der Ungehorsam gegenüber der guten Botschaft ist für Christen möglich und wird jeden Tag millionenfach praktiziert – indem diese Geschwister sich im Gehorsam gegenüber konkreten Ver- und Geboten versuchen.

Wir alle können also sagen: „Ich bin dem Evangelium gehorsam geworden. Ich glaube es.“ Damit haben wir überhaupt erst eine Grundlage, von der aus wir anders leben können. Fehlt diese Grundlage, ist jede Frage nach „wen kann ich wie lieben?“ und auch „welches Verhalten ist vielleicht nicht so nützlich für mich?“ von vorne herein sinnlos. Wir bleiben getrieben und sind weit entfernt von jeder „Ruhe Gottes“. Die Frage nach konkretem Ungehorsam auf der Verhaltensebene wird uns umtreiben und der Friede mit Gott wird dadurch andauernd schwer attackiert.

Würde dies erkannt werden von denen, die sich so viele Sorgen um fehlenden (Gesetzes)“Gehorsam“ machen, so ginge es nicht nur ihnen besser, sondern uns allen.

Wir haben allen Grund, immer wieder unseren „Gehorsam“ gegenüber dem Evangelium zu prüfen: wissen wir noch, dass wir bedingungslos geliebt sind? dass alle unsere Sünden vergeben sind? dass wir gerecht und ok und würdig sind in Gottes Augen? dass wir ein Neues Herz und ein Neues Leben haben? dass Gott uns zugewandt ist und in allem für uns sorgen will? dass es keine Verdammnis und keine Strafe mehr für uns gibt?

Wer sich nach „Hingabe“ sehnt, möge doch einmal prüfen, ob nicht diese Form der Hingabe wesentlich mehr nützt als sein ständiges Sich-Ausprobieren in Sachen Gesetzesgehorsam.

Eine Antwort »

  1. Hallo 🙂
    Das, was Du schreibst, geht wohl in die Richtung, die Paulus mit „Glaubensgehorsam“ beschreibt:
    Röm 1,5 (durch welchen wir Gnade und Apostelamt empfangen haben für seinen Namen zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen,
    Röm 16,26 jetzt aber geoffenbart und durch prophetische Schriften, nach Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist,
    Ja, Gott ernst zu nehmen und Ihm zu glauben (nicht nur „an“ Ihn zu glauben), das ist der Gott wohlgefällige Gehorsam. LG – Mirjam

  2. Guten Morgen,

    nach zweifachem lesen gefällt mir der Beitrag immer noch gut, ist nicht immer so bei mir!

    Euch alles Liebe,
    B. Borchert

    PS. Denkt nicht so viel über den “ alten Menschen“ nach und über seine Aktivitäten! Er wird auch dadurch nicht wieder lebendig! Denn was Gott getötet hat bleibt Tod👶!
    Was auch immer der Teufel oder unsere Sinne uns einreden möchten, sie irren! Das Wort Gottes hat recht. Der “ alte Mensch“ ist und bleibt mit Christus gekreuzigt, Hallelujah!!!!! Auch unsere Fehltritte können ihn eben nicht mehr lebendig machen und uns können sie nicht mehr töten weil wir ja schon mit Christus gestorben sind, cool ne!

    Also macht es Guteeeee

    Ps,2 B.B. will nicht mehr über seine Sünden nachsinnen, das macht mich immer sooooooo traurig und helfen tut es auch nicht. Aber ich freue mich sehr wenn ich daran denke, ein “ neuer Mensch“ zu sein!
    Beim dem alles OK ist, auch wenn er es nicht sieht.
    Mr. Spurgeon hat mal in einem seiner schlauen Bücher gesagt: wenn du die schlimmsten Sünden an dir siehst und erlebst ( also bis unter die Nase) ihr versteht schon und dann trotzdem glaubst das du nach Rö. 6 frei bist von der Sünde, das ist GLAUBE!!!!

    Ps3, Nach einem viertel Jahrhundert des “ Christ seins“ möchte ich jedem raten, alles was du an dir siehst beachte es nicht mehr, weder das gute noch das schlechte, glaube einfach was Jesus für dich tat denn das bist du jetzt! 2 Kor5,17 Ist jemand in Christus so ist er eine neue Schöpfung das Alte ist vergangen, siehe es ist ALLES neu geworden! Auch DU bist in Christus aber das alles aus Gott der dich und mich in seinen Sohn hinein gesetzt hat! Dort sind wir geborgen, geliebt und unanfechtbar,
    Gott hat durch seinen Sohn für uns bezahlt! Wir sind eben keine Sünder mehr sondern GERECHTE!
    Uns ist nicht nur vergeben sondern wir sind gerecht gemacht in dem GELIEBTEN! Unsere Sünden nicht nur bedeckt wie im alten Bund. In unserem Fall ist es eben so, dass der gesamte alte Mensch
    wie oben beschrieben getötet wurde und der neue Mensch der wir jetzt sind ist der Gerechte, haben hoffentlich alle verstanden, OK jetzt mach ich bubuh🙀

  3. was ist der Unterschied zwischen Ungehorsam im Sinne eines Unglaubens und Ungehorsam gegenüber dem Gesetz ? Das was ihr schreibt sind alles nur Theorien. Paulus sprach davon, dass der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams kommt wie Diebe, Unzüchtige usw.
    So kann es ja sein, dass wir im Glauben gehorsam sind, ohne dass dies uns moralisch nicht verpflichtet ?

    • Theorien sind aber sehr praktisch 😉 … wir dürfen dem Gesetz ungehorsam sein. Und wenn wir Gehorsam anstreben, dann im Sinne des Glaubens und nicht im Sinne des Gesetzes.

      … wir sind vom Zorn gerettet – und da wir im Sinne des Glaubens gehorsam sein dürfen, sind wir keine „Söhne des Ungehorsams“ … Bibelstellen haben immer bestimmte Adressaten

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