1 Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Timotheus, der Bruder,

Damals waren die Apostel noch wirklich welche. Sie predigen Gnade, taten Wunder, gaben den anderen Dienstgaben (Propheten, Evangelisten, Lehrer, Pastoren) den nötigen Rahmen. Sie hatten Fehler und waren nicht perfekt (die Apostel in Jerusalem duldeten etwa eine starke gläubige Pharisäer-Fraktion in der Gemeinde; und Petrus knickt vor den Judenchristen ein und wird kurzzeitig gesetzlich). Von solchen Aposteln sind wir noch weit entfernt – da mögen sich noch so viele Leute „Apostel“ nennen.

den heiligen und gläubigen2 Brüdern in Christus zu Kolossä: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater!
Und damals waren alle Christen noch heilig – und zwar ohne daß sie auch nur einen Schlag getan hatten. Und man wünschte ihnen Gnade – weil man wußte, daß es kein Leben gibt ohne Gnade; jedenfalls keines, das eher einem Existieren als einem Leben gleicht. Und Friede war damals noch etwas, daß nichts mit Stillhalten und Ignorieren zu tun hatte. Friedensstifter waren Leute, die die Dinge beim Namen nannten und alles hervor holten, was unter den Teppich gekehrt wurde. Und das war dann auch Friede, der den Namen verdiente. Ein Friede übrigens, der zu seiner Herstellung übrigens so manchen Streit und ausgetragenen Konflikt braucht. Also keine Friedhofsruhe, sondern ein lebendige Sache.
Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, allezeit, wenn wir für euch beten,
Real existierende Christen sind ein Grund zum Danken – kein Grund zu Verzweifeln! Verzweifelung ergibt sich, wenn man sie an Standards mißt, die aus dem Gesetz kommen – oder wenn man sieht, daß sie sich freiwillig unter Gesetz begeben.
da wir von eurem Glauben in Christus Jesus gehört haben und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt,
Diese Christen glauben an Jesus. Sie glauben nicht an Autos, Gottesdienste, Natur, Gebetsstunden, Häuser, Zehnten, Familie, christliche Werte, Fernreisen, Evangelisation, Affären – und was es sonst nach an frommen und unfrommen Pseudo-Quellen für Zufriedenheit, Annahme, Glück, Leben, Bedeutung, Erfüllung etc. so gibt.
Paulus und Timotheus haben nicht von der Gesetzestreue der Christen in Kollosai gehört – sondern von ihrem Glauben. Einem Glauben, der sich auf die Gnade Gottes richtet, auf seine bedingungslose und große Liebe und Annahme, auf sein Ja zu uns als seinen Kindern.
Ungebremst durch das sinnlose Halten des Gesetzes lieben sich diese Christen untereinander. Ihre Liebe ist der Ausdruck dessen, was sie von Gott empfangen haben. Es ist keine Forderung, die an leere, innerlich ausgehungerte Menschen gestellt wird, die unter „ich lebe mit Jesus“ eigentlich „ich halte die Gebote“ verstehen.
wegen der Hoffnung, die für euch in den Himmeln aufbewahrt ist. Von ihr habt ihr vorher schon gehört im Wort der Wahrheit des Evangeliums,
„Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kolosser 1,27)! Wir alle sehnen uns nach Herrlichkeit, nach Glanz, nach Glamour. Unser tägliches Leben ist oft ohne diesen Glanz. Menschen sehnen sich aber danach. Wenn sie keine eigene „Herrlichkeit“ haben, wollen sie teilhaben an dem Glanz anderer Menschen, Dinge, Projekte, Ziele, Unternehmen etc. Aber diese Art von Herrlichkeiten sind kein Geschenk. Sie sind hart erarbeitet, die Folge menschlicher Leistung.
Gott hat auch Glanz für unser Leben. Aber der besteht nicht, indem was wir haben. Diese Herrlichkeit ist auf uns und in uns, weil es uns gibt. In gewisser Weise hat Gott uns ja zu einem simplen Da-Sein befreit, in dem wir nicht mehr beweisen müssen, daß wir ein Recht haben, auf dem Planeten zu sein.
Aber zurück zum Thema …
das zu euch gekommen ist, wie es auch in der ganzen Welt ist und Frucht bringt und wächst, wie auch unter / in  euch von dem Tag an, da ihr es gehört und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt habt.
Das „Wort der Wahrheit des Evangeliums“ (Vers 5)  ist etwas anderes als unsere heutige übliche Predigt „Jesus PLUS Gesetz“. Diese Predigt bringt keine Frucht – jedenfalls nicht die Frucht, von der Paulus in Vers 6 spricht. Sie führt nicht dazu, daß man „die Gnade Gottes in Wahrheit“ erkannt hat. Gnade ist dann etwas, was man braucht, wenn man das Gesetz nicht halten konnte. Es heißt für viele vor allem Vergebung – eine Vergebung, die aber nie die Schuldgefühle beseitigen kann, die man empfindet – und die so typisch sind für das Gesetz: das Gesetz erklärt nicht nur unser Handeln sehr oft zum Fehler, sondern auch uns. Und wenn ein Gesetzeslehrer über die „Süüündeeee“ redet, dann haben wir auch ganz schnell das Gefühl, daß wir der Fehler sind.
Gnade ist aber alles das, was Gott uns durch seine Erlösung geschenkt. Es bedeutet eine umfassende Versorgung mit dem, was wir brauchen für ein Leben, das mehr ist als Existieren.
DIESES Wort bringt Frucht und wächst. Es ist ein Wachstum, daß durch gesetzliche Appelle nur gebremst wird. Wachstum ist etwas, was einfach passiert, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und sie stimmen nicht, wenn der Apfelbaum sich sagt „Ich bin so ein schlechter Apfelbaum! Ich müßte jetzt schon Frucht haben. Das Wachsen dauert zu lange. Mit mir ist etwas falsch. ICH bin falsch! Ja, so muß es sein. Aber ich darf nicht aufgeben, sonst werde ich umgehauen. Wenigstens guten Willen muß ich zeigen und ordentlich ächzen und stöhnen.“
Leider laufen wenige Christen mit dem schönen Gedanken herum „In mir ist etwas und jemand, daß wächst und Frucht bringt. Das gefällt mir. Ich bin gespannt.“ Sie denken eher wie dieser gestörte Apfelbaum.
So habt ihr es gelernt von Epaphras, unserem geliebten Mitknecht, der ein treuer Diener des Christus für euch ist
Damals waren die, die eine Gemeinde beeinflußt und geprägt haben, auch noch Diener. Es ging ihnen darum, daß andere Christen die Gnade Gottes erkannten und daran fest hielten. Denn nur so konnten sie Leben erfahren und dieses Wachstum, von denen im vorigen Vers die Rede war. Epaphras war so jemand, von dem man das lernen konnte.
Stellen wir heute die Frage, was man von den „Dienern des Christus“ lernen kann, lauten die Antworten oft anders.
und uns auch eure Liebe im Geist kundgetan hat.
„Liebe im Geist“ ist etwas mehr als das wir eben die mögen, die so ähnlich sind wir, die uns etwas zu geben haben. Da liebt der Punker den Banker und umgekehrt. Deswegen mußten die damaligen Gemeinden auch nicht gleichgeschaltet werden in  Lebensstil, Kleidung, Alltag, Tagesablauf. Individualität war gewährleistet, weil jede Frucht ok war und anders sein konnte. Wir ahmen heutzutage viel zu oft Verhaltensweisen nach.
Deshalb hören auch wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr mit der Erkenntnis seines Willens erfüllt werdet in aller Weisheit und geistlichem Verständnis,
Gebete, die Sinn machen, sind die, die diese Prozesse unterstützen, die wir oben kennen gelernt haben. DESHALB ist es so wichtig, daß Christen verstehen und erkennen. Deshalb ist es wichtig, daß sie Gottes Willen erkennen: daß dieser Wille eben nicht darin besteht, sie unter dem Gesetz zu knechten und ihnen das Leben wieder zu rauben, daß er ihnen gerade erst geschenkt hat. Es ist kein Fehler, wenn jeder Christ Dinge formulieren wie „Jesus liebt mich ohne wenn und aber“ oder „ich bin und bleibe erlöst“ oder „Gott will mich beschenken“ oder „ich darf bedürftig sein“.
Wenn jemand sich gedrängt fühlt zu betet, dann macht es Sinn, wenn er auch für diese Dinge betet. Übrigens wird in manchen Kreisen schon gelehrt, wir sollten anhand dieser biblischen Vorgaben beten. Aber wenn diese Gebete Wirkung hatten, dann vermutlich eine andere als von diesen Betern erwartet.
Erkenntnis ist aber nichts, was nur dazu dient, gute Gedanken zu bekommen. Wir erkennen eine Realität, die wirkt! Aber eine, die unsichtbar ist. Gott gibt uns Leben nicht durch Gedanken in Form richtiger Erkenntnis (genauso wenig wie die Sonne uns mit „Gedanken“ wärmt). Wir erkennen „nur“ das Leben, das da ist (aber auch die Sonne wirkte sogar dann, als Menschen noch längst nicht verstanden hatten, wie sie funktioniert). Wäre es eine Einbildung oder nur ein gedankliches Konzept, könnten wir nicht erwarten, daß es auch wirkt.
10 um des Herrn würdig zu wandeln zu allem Wohlgefallen, fruchtbringend in jedem guten Werk und wachsend durch die Erkenntnis Gottes,
Wer „des Herrn würdig“ wandelt, der tut es nicht, indem er Gutes tut und Böses läßt aus eigener Kraft, in einem selbstgemachten Gehorsam, in eigener Anstrengung. Diese Art Handeln ist des Gesetzes würdig.
Und eine beruhigende Feststellung: wir wachsen durch Erkenntnis! Der gestörte Apfelbaum (siehe oben) wird wieder normal, wenn er erkennt, wer und was er ist. Und kann wieder getrost vor sich hinwachsen. Stürme, Frost, Hagel, Überschwemmungen etc. tragen nicht zu seinem Wachstum bei – er muß sie nur aushalten. Gott „benutzt“ diese Dinge also nicht, um sein Wachstum zu fördern.
Und: wir bringen Frucht! Das mag keine beeindruckende Frucht sein (In der obigen Metapher: Der Birnbaum nebenan mag andere Früchte haben, die manchen Leuten besser schmecken). Und es ist auch kein Frucht sein, die der christlichen DIN-Norm entspricht (alle tun das selbe und es ist so laaaaaaaangweilig).  Und sie reicht vielleicht nicht, um das eine oder andere Bedürfnis unserer Freunde, Mitchristen, Altersgenossen, Chefs, Kollegen, Partner, Kinder, Eltern etc. zu befriedigen. Aber es ist deine und meine Frucht. Und ein Frucht des Geistes, ein Ergebnis echten Wachstums.
11 gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut, mit Freuden
All das sind Qualitäten, die man sich nicht erarbeiten kann – auch nicht durch harte Arbeit am Charakter. Sie sind ein Werk des Geistes. Ihre Nachahmung ist die die Früchte an einem Weihnachtsbaum.
12 dem Vater danksagend, der euch fähig / tauglich [enthält den Aspekt der Vollmacht] gemacht hat zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht;
Wir sind fähig, unser Erbe anzutreten. Diese Fähigkeit haben wir. Wichtig ist natürlich, daß wir erkennen, was wir da alles geerbt haben. Und selbst wenn wir es nicht schaffen, viel oder ausreichend von diesem Erbe zu erleben, sollten wir dieses Erbe nie kleiner machen, als es ist. Die Gnade Gottes tut ihr Werk in uns; wir sagen zu schnell „ach, das geht doch gar nicht“.
13 er hat uns gerettet aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.
Wir SIND also versetzt in das Reich Gottes. Wie sollte es auch anders sein, wenn das Reich Gottes „Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist“ (Römer 14,17) ist. Wir haben das Reich Gottes also geerbt. Warum sollten wir auch nicht: denn wir sind heilig, gerecht, gereinigt – wir passen da rein. Wer uns etwas anderes erzählt, ist ein Lügner! Jemand, der – anders als Gott – uns dazu bringen will, uns gemäß unseres Tun und Lassens zu sehen.
14 In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.
Nochmal die Feststellung, was wir durch Gott haben: umfassende Erlösung – und als einen wichtigen Aspekt davon: Vergebung der Sünden

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