Liest man Römer 8,13 außerhalb des Zusammenhangs, so kann es leicht so erscheinen, als hätten wir es in der Hand, ob wir „leben“ oder „sterben“ – ob es da eine Aufgabe hinsichtlich unserer Erlösung zu erfüllen gäbe:

Röm 8,13 denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben

Das passt doch wunderbar zu einem Verhaltensprogramm, wie Christen es leider nur zu oft propagieren: „Tu das Richtige, vermeide die Sünde – dann wirst du auch nicht sterben“.

Dabei wird leider nicht überlegt, dass Christen ja lebendig gemacht worden sind; dass das ewige Leben Gottes in ihnen unzerstörbar ist; dass es im Kontext einer richtig verstandenen Erlösung nicht sein kann, dass wir unter der Drohung stehen zu sterben ….

… schauen wir also in den Kontext, in dem das Wortfeld „Leben – Tod – sterben – lebendig – tot“ eine dominierende Rolle spielt:

1 Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. 2 Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. 3 Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, 4 damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt wird in uns, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln. 5 Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. 6 Denn die Gesinnung des Fleisches ist Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden, 7 weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie kann das auch nicht. 8 Die aber, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen. 9 Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt. Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. 10 Ist aber Christus in euch, so ist der Leib zwar tot der Sünde wegen, der Geist aber Leben der Gerechtigkeit wegen. 11 Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus Jesus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes. 12 So [nur auf diese Weise!] sind wir nun, Brüder, nicht dem Fleisch Schuldner, um nach dem Fleisch zu leben; 13 denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben. 14 Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. 15 Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! 16 Der Geist selbst bezeugt zusammen mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. 17 Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden.

Der Abschnitt beginnt damit, dass unser grundsätzliches Problem mit dem Tot-Sein als gelöst geschildert wird. Wir sind und bleiben „frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Vers 1). Das ist wichtig für alles folgende, das nun kommt. Denn hier geht es nicht mehr um die Erlösung (Vermeiden von „Sterben“ und „Tod“), sondern „nur noch“ um unser praktisches Leben als Christ. Denn wie auch an anderen Stellen geht Paulus davon aus, dass wir entweder „im Fleisch“ oder „im Geist“ (Vers 4) wandeln können – ein Konzept, über das es so einige seltsame Vorstellungen gibt. „Leben im Geist“ (um nicht von „Wandeln“ zu sprechen) wird gerne gleichgesetzt mit Gehorsam gegenüber Geboten – Gehorsam gegenüber den Geboten ist aber „Leben unter Gesetz“ und damit auch „Leben im Fleisch“, Leben aus eigener Kraft, aus eigenen Möglichkeit, in Anstrengung – eine Art zu existieren, für die wir den Geist Gottes nicht brauchen. Diese Art der Existenz ist Teil der „Gesinnung des Fleisches“ aus Vers 6 – und sie ist wesentlich gefährlicher als der andere Teil dieser „Gesinnung des Fleisches“, die sich vom Sündigen Leben verspricht. Und von dieser Gesinnung wird gesagt “ die Gesinnung des Fleisches ist Tod“.

Und noch etwas anderes ist tot: unser Körper (Vers 10). Aber das bleibt offensichtlich nicht so, wenn wir mit Jesus leben: nicht nur unsere Gedanken, Gefühle, Motivationen, Ziele etc ändern sich – auch unsere „sterblichen Leiber“ werden lebendig gemacht (Vers 11). Und das geschieht nicht nach unserem Tod. Ein Leben im Geist, das diese Bezeichnung verdient, führt dazu, dass das „Lebendig-Machen“ durch Jesus auch unseren Körper erreicht. Wie das aussieht, ist eine schwierige Frage – da es damit kaum Erfahrungswerte gibt. Aber die Bibel sagt uns ja immer wieder mal Dinge, die außerhalb unseres Erfahrungshorizonts liegen – eben damit wir neue Erfahrungen machen können (etwa dass ein Leben als geliebtes Kind Gottes sich anders anfühlt als allein und verloren durch die Welt zu gehen).

Sieht man all das, dann bekommt auch die Feststellung aus Vers 13 einen anderen Geschmack „denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben“. Wenn wir uns der toten Atmosphäre von Gesetz-Halten und Leben-Finden-Wollen-durch-Sündigen (und beides liegt oft nah beieinander) aussetzen, so werden wir oft wenig merken von dem Leben und der Lebendigkeit, die Teil unserer Erlösung ist; der Körper ist nun mal der Teil unserer Person, durch den wir merken, ob es uns gut geht und wir aus dem Vollen schöpfen.

Wenn wir aber „im Geist wandeln“, dann werden wir auch die „Handlungen des Leibes“ töten – „durch den Geist“. Man „tötet“ die „Handlungen des Leibes“, die aus der „Gesinnung des Todes“ stammen, nicht durch Askese, Verzicht, Disziplin, Härte, Kampf u.a. (was ja wieder nur Teil der „Gesinnung des Fleisches“ wäre)  – sondern indem man durch den Geist lebt. Und wie tut man das unter anderem? In dem weiß oder sich klar macht:

  • wir sind geliebt
  • wir sind Gottes Kinder (Vers 14 und 16)
  • Gott ist unser Abba, unser lieber Vater (Vers 15)
  • wir sind Erben, uns sind viele Dinge geschenkt (17)

… und vielleicht auch noch andere Dinge – aber die stehen nicht in Römer 8,1-17.

Eine Antwort »

  1. Unser sterblicher Leib ist also nach eurer Meinung jetzt schon lebendig gemacht (vor dem Tod).
    Was passiert dann bitte mit unserem nun lebendig gemachten Leib wenn wir (wiedergeborenen Christen) körprlich ganz gewöhnlich sterben, also nicht entrückt werden? Nach 1.Kor 15 wird das verwesliche Unverweslichkeit anziehen. Das ist ganz bestimmt nach bzw. mit der Auferstehung aus den Toten (Körpern oder Leibern) der Fall. Oder wollt Ihr ernsthaft behaupten bereits jetzt unverweslich zu sein?

    • Wir sind in der Szene nicht bekannt für abgehobene Aussagen 😉 … was mancher bedauert … wir und der Text in Römer 8 reden hier nicht von einem Auferstehungsleib … nicht „lebendig gemacht“, sondern „wird … lebendig machen“ – und diese Aussage bezieht sich nicht auf unsere Auferstehung, sondern auf „eure sterblichen Leiber“ hier und jetzt …

      • In Röm 8,11 geht es m.E. um die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten und den Vergleich mit uns. So werden auch wir auferstehen (Zukunft und nicht Gegenwart). Dies geht aus der folgenden Aussage hervor: “ so wird er, der Christus Jesus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“ Das sagt aus: „So wie Gott Jesus Christus aus den Toten auferweckt hat, genauso wird er auch uns künftig aus den Toten auferwecken und damit unsere sterblichen Leiber lebendig machen“. So steht es dort in V.11 und deshalb bezieht sich das m.E. auf die Zukunft.
        Summa sumarum: Unsere sterblichen Leiber werden in der Zukunft durch Gott genauso auferweckt werden, wie Gott den gestorbenen Leib von Jesus Christus bereits vor rund 2000 Jahren auferweckt hat.
        Körper und Leib meint für mich ein uns dasselbe.
        Wenn eurer Meinung nach der Körper tot ist, warum sollen wir dann noch die Handlungen des Leibes töten? Das gibt null Sinn.
        Was ich hin V. 10 lese sieht so aus:
        V.10 ist der Idealzustand und V.13 ist der Weg dahin.
        Das heißt: V.10: Ist Christus in uns, so töten wir durch den Geist die Handlungen des Leibes.Weil der Geist uns Leben der Gerechtigkeit wegen schenkt. Dazu fordert V. 13 uns auf. Wir sollen also einfach nur in dem Leben, was Gott uns schenken möchte und schenkt wenn wir aufhören frommen Krampf zu leben. Da bin ich ganz bei euch.

        • Siehe zum ganzen Komplex auch https://konsequentegnade.wordpress.com/unser-neues-leben/ein-erloster-korper/ … Römer 12,1 nennt unsere Leiber tatsächlich „lebendig“: zwischen dieser Aussage und Römer 8,10 „…so ist der Leib zwar tot der Sünde wegen …“ muss also etwas passiert sein mit unserem sterblichen Leib (der nicht der Auferstehungsleib ist).

          Körper und Leib meinen das selbe. Der Auferstehungsleib ist nicht unser sterblicher Leib.

          Unserer Meinung nach BLEIBT unser sterblicher Körper nicht tot – das ist ja das verheißungsvolle an Römer 8,11.

          • Körper und Leib sind als „Begriff“ dasselbe, natürlich nicht im Sinne von Leib ist gleich Auferstehungsleib.
            Ich sehe das ganz einfach so:
            Ja, es ist etwas passiert. In unserem Körper wohnt nun der Heilige Geist, (denn unsere Körper sind jetzt Tempel des Heiligen Geistes gem 1. Kor 12) der hat uns, die wir einst tot waren, nun lebendig gemacht. Deshalb muss sich aber an der „Konsistenz“ des Körpers nicht zwangsläufig etwas ändern. Laut Röm 12, 1 sollen wir unsere Körper als lebendige, heilige Schlachtopfer darbringen. Wozu? Damit Gott (Hl.G.) in uns zum Zuge kommt und wir Gott nicht ständig im Wege stehen.
            Röm 8,11 macht nur einen Sinn in Bezug auf die Auferstehung aus den Toten, das habe ich oben versucht zu erklären. Er (Gott) wird auch unsere sterblichen Leiber lebendg machen, wenn das in der Jetztzeit wäre, macht wiederum Röm 8, 10 gar keinen Sinn. Dort steht, dass unser Leib jetzt tot ist der Sünde wegen. Es gibt keinen „Zwischenleib“ als solchen. Es gibt den Zustand, dass der Geist in unserem sterblichen (toten) Leib wohnt, obwohl wir in diesem Leib leben. Und jetzt sind wir wieder bei dem alten Thema der zwei Naturen des Christen während seiner Lebzeiten vor dem tatsächlichen Tod bzw. vor seiner evtl. Entrückung.

          • Aber das ist ja gerade der Clou, dass Römer 8,10 “ Ist aber Christus in euch, so ist der Leib zwar tot der Sünde wegen …“ offensichtlich nur den Anfangszustand beschreibt und Römer 8,11 („… auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes“) die Auswirkungen des Neuen Lebens, des Lebens „im Geist“ auf unseren Leib/Körper. Wo sollen auch sonst die „lebendigen Leiber“ aus Römer 12,1 herkommen? Und Jakobus 2,26 „Denn wie der Leib ohne Geist tot ist …“ liefert die Erklärung, warum unser Leib nun nicht mehr „tot“ ist.

            Die Auferstehung selbst ist ein anderes Thema und in vielen anderen Bibelversen belegt.

            Man kann natürlich bestreiten, dass Römer 8,11 in den gleichen Kontext gehört wie Römer 12,1 und Jakobus 2,26 – damit ist das Thema „belebende Wirkung des Geistes auf unseren sterblichen Leib“ aber nicht erledigt.

  2. Mit dem Thema „belebende Wirkung des Geistes auf unseren Leib“ habe und hatte ich nie ein Problem. Oben habe ich alles schon ausführlich beschrieben. Tipp: In Röm 8,11 heißt es „so wird er“, nicht so hat er oder so tut er beständig. Und wie bereits oben erwähnt, man beachte den Vergleich mit der Auferstehung Jesu. Niemand von uns Christen ist momentan in diesem Sinn (aus dem Grab und aus dem tatsächlichen körperlichen Tod) bereits aus den Toten auferweckt worden.

    • Das hat auch niemand behauptet – es erinnert an: erst einen Popanz aufbauen, dann auf ihn eindreschen.

      Und es war auch schon geklärt, dass es nicht unbedingt nur an Römer 8,11 hängt (aber dass auch diese Stelle ein Beleg sein könnte – ein Blick in den Urtext kann mehr sagen)

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