Jesus hat das „Evangelium vom Reich Gottes“ verkündigt.

Mk 1,15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!

Dieser Vers steht stellvertretend für viele Aussagen Jesu zum Reich Gottes. Es war das Hauptthema seiner Lehre und Predigt.

Nach seiner Auferstehung hat er seine Jünger darüber belehrt ( Apg 1,3  ). Auch die Apostel haben das „Reich Gottes“ verkündigt ( Apg 8,12Apg 19,8 , Apg 28,23    ). Und auch in den Briefen wird es als etwas Bekanntes vorausgesetzt ( Röm 14,171Kor 15,50 , Kol 1,13 , Hebr 12,28Jak 2,5 , 2Petr 1,11    ).

Paulus konnte das Reich Gottes Jahre später so zusammen fassen: Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“   ( Röm 14,17 ) Das Evangelium des Reich Gottes war also nicht durch das Evangelium der Gnade ersetzt worden (wie man manchmal hört und liest).

Es scheint also eine wichtige Angelegenheit zu sein. Nur was ist es eigentlich? Wie geht es dort zu? Welche Regeln gelten dort? Wie ist der Charakter  seines Herrschers? Und wie sind die Bewohner dieses Reiches so?

Diese Fragen sind nicht zu beantworten, indem wir das Reich Gottes bereisen und uns dort umsehen. Es ist kein territoriales Gebilde, sondern ein unsichtbares Reich (jedenfalls in dieser Zeit).

Lk 17,20 Und als er von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte; Lk 17,21 auch wird man nicht sagen: Siehe hier! Oder: Siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Für seine jüdischen Zuhörer war das sehr schwer zu verstehen. Sie erwarteten selbst nach der Auferstehung noch, das Jesus nun aber endlich ein politisches Reich für und zugunsten Israels aufrichten würde:
Apg 1,6 Sie nun, als sie zusammengekommen waren, fragten ihn und sagten: Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?
Das ist aber etwas, was erst nach der Wiederkunft Jesu passieren wird. Es wäre zudem ein Mißverständnis, die  unsichtbare Form des Reiches Gottes zu vernachlässigen zugunsten der späteren sichtbaren Form des Reiches Gottes. Denn jetzt haben wir mit der unsichtbaren Form des Reiches Gottes zu tun.

Da wir das Reich Gottes nicht sehen können, hat es also auch mit Glauben zu tun. Es selbst kann man nicht sehen, kann aber seine Auswirkungen spüren. Und man kann Jesus glauben, wenn er erklärt, wie es dort zugeht.

 Joh 3,3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
 .

Der Charakter des Reiches Gottes

Wenn wir fragen, was das Reich Gottes denn sei, können wir schnell in nichtssagenden Definitionen wie „ein unsichtbarer Bereich, in dem Gott herrscht“. Deswegen sind andere Fragestellungen wie die oben schon genannten sinnvoller: Wie geht es dort zu? Welche Regeln gelten dort? Wie ist der Charakter  seines Herrschers? Und wie sind die Bewohner dieses Reiches so?

Wenn das Reich Gottes so zentral ist, dann ist es wichtig zu wissen, wie es dort zugeht. Jesus hat viel Zeit darauf verwendet, den Menschen genau das zu erklären. In seinen Gleichnissen zum Reich Gottes ist nicht immer klar, was bestimmte Gleichnisse bedeuten – aber das meiste ist verständlich. Und der Rest wird sich auch noch irgendwann klären.

Aber auch sein Handeln verdeutlicht die Prinzipien Gottes. Jesus heilte und befreite. Er tat das „umsonst“ und ohne Vorleistung. Er wandte sich denen zu, die vom religiösen Establishment seiner Zeit ausgegrenzt wurden. Das sprach sich schnell herum bei den Ausgegrenzten und sie kamen in Scharen. Ihnen und allen anderen macht er klar: Das Reich Gottes ist kein Bereich moralischer und sonstiger Perfektion. Weizen und Unkraut wachsen zusammen ( Mt 13,24 ). Die religiösen Hochleistungssportler werden deshalb von Jesus massiv kritisiert, weil sie den Schwachen, Armen, Unreinen, Sündern, Kindern etc suggerieren, diese könnten natürlich niemals ins Reich Gottes kommen (weil ihnen die moralische und religiöse Qualifikation fehle).

Mt 21,31 … Jesus spricht zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, dass die Zöllner und die Huren euch vorangehen in das Reich Gottes. Mt 23,13 Wehe aber euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen; denn ihr geht nicht hinein, und die, die hineingehen wollen, lasst ihr auch nicht hineingehen.

Es ist also ein Reich, in dem wir Sünder finden – Sünder, die die Liebe Gottes brauchen. Die Selbstgerechten finden wir dort nicht, denn sie haben die Liebe Gottes ja angeblich nicht nötig.

Das Reich Gottes beruht auf dem Prinzip des Wachstums aus kleinen, unscheinbaren Anfängen (Gleichnis vom Senfkorn). Den Betroffenen ist nicht einmal klar, wie das genau geschieht ( Mk 4,27 ).

Im Reich Gottes bekommen alle das Gleiche – die überreiche Liebe und Zuwendung Gottes ( Mt 20 ) . Dass es welche gibt, die darüber murren, zeigt, dass es genug „Bürger“ des Reich Gottes gab und gibt, die seine Prinzipien nicht verstanden haben. Sie leben quasi mit einer systemfeindlichen Ideologie in einem System, in dem es ihnen kaum besser gehen könnte – denn sie gönnen das Wohlergehen denen nicht, die „weniger“ getan haben als sie selbst. Selbst wenn wir also neugeboren sind und damit sowieso im Reich Gottes sind, können wir trotzdem wieder zu denen gehören, die das Reich der Himmel „verschließen“

Ähnliches verdeutlicht auch das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht – auch hier ein Mitglied des Reiches Gottes, das wenig verstanden hat, wie sehr ihm vergeben wurde. Traurig auch der Mensch, der sein Talente vergrub – denn sein Bild vom Herrscher des Reiches war völlig verzerrt

Mt 25,24 Es trat aber auch herbei, der das eine Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;

Statt eines Gottes, der ihm immer zugewandt ist und ihm voraussetzungslos Gutes tun will, sieht er einen „harten Mann“. Und nichts könnte weiter weg sein von der Wahrheit: Jesus präsentiert Gott als Papa. So hat er selbst Gott erlebt, so präsentiert er ihn anderen.

Sich auf das Reich Gottes zu konzentrieren, ist auch deshalb sinnvoll, weil wir damit immer wieder neu über den Herrscher dieses Reiches nachdenken: Gott ist  gut ist und gibt gerne, weil er uns überreich liebt; er ist kein harter Mann. Das kann uns befreien von der ständigen Sorge um unsere Mittel zum Überleben:

Lk 12,31 Trachtet jedoch nach seinem Reich! Und dies wird euch hinzugefügt werden.

Allerdings ist das kein Verbieten von Sorgen im Namen eines „starken“ und zugreifenden „Glaubens“ – sondern das Sorgen erledigt sich immer wieder, wenn wir „sehen“, wie gut Gott es mit uns meint und wie sehr er uns beschenken will und unsere Bedürftigkeit nicht nur kein Problem ist, sondern völlig in Ordnung.

Mit dem Reich Gottes ist Kraft verbunden.

Lk 11,20 Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen.

Diese Erfahrung war auch viele Jahre später noch präsent:

1Kor 4,20 Denn das Reich Gottes besteht nicht im Wort, sondern in Kraft.

Da keine Leistung erbracht werden muss (auch keine Glaubensleistung!!), geschehen Heilungen und Befreiungen einfach. Sie verdeutlichen, wie sehr Gott Menschen zugewandt ist.

Und für alle, die nicht davon ablassen wollen, das Reich Gottes (bzw. wohl eher das Reich des Gesetzes) in dieser Welt „errichten“ zu wollen und seine „Werte“ für alle Menschen verbindlich zu machen, stellt Jesus die Dinge klar:

Joh 18,36 Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier.

 

Wer kommt hinein?

Grundsätzlich haben es natürlich alle Menschen nötig, ins Reich Gottes zu kommen. Aber manche Menschen würden es weit von sich weisen, so ein Reich nötig zu haben – und verkennen dabei, wie zutiefst bedürftig sie sind.

Nicht umsonst benennt Jesus Kinder als Vorbild: sie sind hilflos, bedürftig, auf fremde Hilfe angewiesen, brauchen Geschenke, denn sie können nicht für sich selbst sorgen. Kurz und gut: sie haben noch nicht die Illusionen vermeintlich starker und kompetenter Erwachsener – und auch nicht ihre Hoffnungslosigkeit, die sagt: „du kriegst nichts geschenkt im Leben“.

Mk 10,14 Als aber Jesus es sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen! Wehrt ihnen nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes.

Durch die Neue Geburt kann man das Reich Gottes erst „sehen“, d.h. verstehen, wie es dort zugeht:

Joh 3,3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Die „Regeln“ im Reich Gottes sind so unfaßbar anders als die Regeln dieser Welt (auch die Regeln religiöser Systeme)

Kol 1,13 er hat uns gerettet aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.

Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass nur wiedergeborene Christen im Reich Gottes sein können oder zumindest von seiner Wirkung profitieren können.

 

Es ist außerdem ein Reich für die, die sowieso schon durch ihre Lebensumstände oder ihr Lebensgefühl merken, dass sie nichts zu bieten und vorzuweisen haben:

Mt 5,3 Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

 

Das „Erben“ des Reiches Gottes liegt in der Zukunft – und ist nicht identisch mit dem Hineinkommen ins Reich Gottes.

1Kor 6,9 Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lustknaben noch Knabenschänder 1Kor 6,10 noch Diebe noch Habsüchtige noch Trunkenbolde noch Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes erben.

Diese Stelle wird natürlich gerne so verstanden, als hätten sich die Zugangsvoraussetzungen zum Reich Gottes seit Jesu Dienst verändert. Deshalb ist die Unterscheidung zwischen Hinein-Kommen und Erben wichtig.

Sogar Nicht-Christen scheinen das Reich Gottes erben zu können – wenn auch erst nach der Wiederkunft Jesu:

Mt 25,34 Dann wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, Gesegnete meines Vaters, erbt das Reich, das euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an!

Der Kontext zeigt: Die Rede ist von denen, die Christen im Gefängnis besucht haben, ihnen Trinken und Essen gebracht haben. Das widerspricht natürlich deutlich unseren exklusiven Vorstellungen, wie das „Erben“ des Reiches geregelt sein könnte. Und da kann es durchaus sein, dass wir Aussagen wie 1Kor 15,50Dies aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können, auch die Vergänglichkeit nicht die Unvergänglichkeit erbt“ bisher auch zu exklusiv gedeutet haben.

 

Wer kommt nicht oder nur schwer hinein?

Wer sein Vertrauen auf seinen Reichtum setzt, wird es schwer haben, in das Reich Gottes hinein zu kommen. Denn er hat naheliegend das Gefühl, eben nicht hilflos und bedürftig zu sein. Hilft ihm sein Reichtum nicht beständig?

Mk 10,23 Und Jesus blickte umher und spricht zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die, welche Güter haben, in das Reich Gottes hineinkommen!

Es ist naheliegend, das auch auf andere „Güter“ auszuweiten: Bildung, Schönheit, Kraft, Erfolg u.a. Wer noch etwas hat, auf das er sich etwas einbildet, wird sich mit dem Reich Gottes schwer tun.

Ebenfalls schwer haben es die, die sich nicht als geistlich arm sehen und vielmehr meinen, aufgrund ihrer Frömmigkeit und ihrer Werke gut mit Gott zu stehen

Mt 23,13 Wehe aber euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen; denn ihr geht nicht hinein, und die, die hineingehen wollen, lasst ihr auch nicht hineingehen.

 

Was motiviert Menschen für das Reich Gottes?

Auch hier haben wir durch lange Jahrhunderte falscher Predigt und Lehre unzutreffende Vorstellungen davon, was Menschen motiviert, in das Reich Gottes zu kommen.

Angst ist nie eine Motivation – sondern vielmehr ist Faszination der Beweggrund, im Reich Gottes leben zu wollen. Das veranschaulicht Jesus durch zwei kurze Gleichnisse:

Mt 13,44 Das Reich der Himmel gleicht einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker. Mt 13,45 Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte; Mt 13,46 als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Der Wert und das Besondere und das Kostbare des Reiches Gottes sind diesen Menschen sofort deutlich. Sie müssen nicht gezwungen werden, ihre ganze Aufmerksamkeit dem Reich Gottes zuzuwenden. Hier ist keine Spur von Zwang oder Müssen. Ein freier Wille entsteht dadurch, dass man mitgerissen wird. Eine Hingabe-Leistung findet nicht statt.

In gewisser Weise ist das Reich Gottes die Ausweitung der Liebe Gottes, seiner herzlichen und engagierten Zuwendung zu jedem einzelnen von uns (ein wohlbekanntes Thema) auf eine kollektive Ebene. Hier geht nicht um ein „jeder für sich“, sondern um ein „alle füreinander“.

 

Was ist das Reich Gottes nicht?

  •  Es ist kein anderes Wort für die Erlösung bzw. die Neue Geburt – denn sonst wären dort nicht die „die Söhne des Reiches“ und die Söhne des Bösen.

Mt 13,38 der Acker aber ist die Welt; der gute Same aber sind die Söhne des Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne des Bösen; ähnlich Mt 13,47

Mt 13,33 Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

  • Es ist kein Bauprojekt – man kann nicht daran bauen (eine beliebte Formulierung: „Reich Gottes bauen“); vielmehr wächst es und man weiß nicht wie ( Mk 4,27 ); siehe dazu auch https://mt1820today.wordpress.com/2008/05/06/wir-brauen-gottes-reich-ach-ja/
  • es ist nicht identisch mit der Gemeinde der Erlösten – aber die Gemeinde der Erlösten befindet sich natürlich auch „im“ Reich Gottes
  • erst recht ist es nicht identisch mit einer Ortsgemeinde: in der kann sich des öfteren mal sehr wenig Reich Gottes befinden (im Sinne von Barmherzigkeit, Erbarmen, Liebe, Zuwendung, Heilung) – und viel von harter Verurteilung und religiöser Ausgrenzung
  • es war offensichtlich nicht identisch mit dem politischen Reich, dass die Juden zur Zeit Jesu erwarteten (aufgrund alttestamentarischer Weissagungen über das Reich Gottes)
  • es ist auch in dieser Zeit kein politisches Reich (sondern erst nach der Wiederkunft Jesu); und deshalb ist es auch kein legitimes biblisches Ziel, eine Art theokratische Verzerrung des Reiches Gottes errichten zu wollen und mit „biblischen Prinzipien“ das Leben von Nicht-Christen zu terrorisieren

 

Fazit

Das Reich Gottes ist (in dieser Zeit) also ein unsichtbarer Bereich, in dem völlig andere Regeln gelten als in dieser Welt. Es ist ein Reich der Gnade. Hier muß nicht geleistet werden, hier braucht es keinen starken Willen, keine Befähigung. Deswegen sind auch Kinder qualifiziert für das Reich Gottes; oder auch Arme und Ungebildete. Gottes Güte, sein Erbarmen, seine Zuwendung sind hier in leichtester Weise zugänglich. Das beinhaltet auch Heilung, Veränderung, Befreiung.

Es ist eigentlich leicht zugänglich für Arme, Schwache, Versager, Sündern u.a. – und oftmals schwer zugänglich für die, die auf die eine oder andere Weise reich sind. Und gerade auch für die, die in einem religiösen Sinne „reich“ sind an Selbstgerechtigkeit, Unbarmherzigkeit, Härte u.a. (was durchaus auch für ganze „christliche“ Ortsvereine ähm „Gemeinden“ gelten kann).

Die, die neugeboren sind, leben in ihm  – wenn auch manchmal leider mit einer völlig reichs-inkompatiblen (sprich: selbstgerechten, ausgrenzenden) Sicht auf die Dinge. Andere spüren seine Gegenwart und kommen auch hinein und genießen seine Wirkungen. Innerhalb des Reiches Gottes gibt es in dieser Zeit keine klare Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen (was vielleicht auch einige Stellen erklären kann, die gerne als vermeintlicher Beweis für Heilsverlust herangezogen werden).

 

Siehe dazu auch die Vortragsreihe „Ich bin für dich da“ von Michael Trenkel, hier erhältlich; und die Vorträge von Siegfried Zimmer im Rahmen von worthaus zum Thema „Reich Gottes“

Eine Antwort »

  1. Beeindruckende Zusammenfassung!
    Dazu fällt mir spontan ein Satz aus der Bergprdigt ein: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden!“
    Damit sind wohl nicht die gerechten Kämpfer und Rächer gemeint, die für Gerechtigkeit sorgen wollen, sondern die Versager und Sünder, die in dieser Welt den Status des Gerechten verspielt haben und auf die Gnade Gottes angewiesen sind ohne sie verdient zu haben!

  2. Kleine weitere Überlegung:
    „Sogar Nichtchristen scheinen in das Reich Gottes gelangen zu können“

    Dies findet indirekt Bestätigung im Gleichnis vom Kamel und Nadelöhr (+reicher Mann). Hier stellt Jesus die Frage nach dem „ewigen Leben“ als gleichwertig zur Frage nach dem „Reich Gottes“ dar. Die Frage nach dem „ewigen Leben“ ist z.B. auch der Ausgangspunkt der Erzählung vom Barmherzigen Samariter. Hier wird der Samariter als dafür beispielhaft in seinem Handeln dargestellt: So muss man Handeln, um das ewige Leben zu gewinnen. Der Samariter ist kein Christ und unterschied sich vom Judentum in seinem Gottesglauben in etwa so wie heute Christen und Moslems. Aber er erfüllte die Gebote der Bergpredigt/Feldrede und erwies sich so in seinem Tun auch als ein „Sohn des Höchsten“ (Gottes), durch: Barmherzigkeit, Hilfe ohne Dank zu erwarten, Feindesliebe etc. – als Nachfolger Christi und damit würdig dem Reich Gottes!
    (Auch er lebt nicht nach dem Fleisch, sondern nach der Liebe/Geist des Höchsten ein Leben, das über die materielle Welt hinausweist, szs. aus Gott geboren)

  3. Noch ein paar interessante Stellen aus euerem Artikel (Schade, dass ihr so wenig Aufmersamkeit findet! Wenn zu ausführlich löschen!)

    Ihr schreibt zum Reich Gottes:
    „Es war das Hauptthema seiner Lehre und Predigt.“ (genau! Die Grundhoffnug des Glaubenden)
    „Es ist außerdem ein Reich für die, die sowieso schon durch ihre Lebensumstände oder ihr Lebensgefühl merken, dass sie nichts zu bieten und vorzuweisen haben“ (genau! Die historische Hoffnung Israels)
    nicht irdisches, sondern „geistiges Reich“ (genau! der Traum der Propheten war immer schon nicht irdisch!!)

    Vielleicht kann man es so beschreiben und herleiten?
    Kein Volk, kein Reich, wurde von der Geschichte so grausam geschlagen wie Israel (Babylonische Gefangenschaft, Sklaven in Ägypten usw.) Dieses Hirten/Wüstenvolk hatte in den Augen der meisten nichts zu bieten, es war ein Spielball der Mächte und immer von Versklavung, Hunger usw. bedroht. So entwickelte es eine einzigartige Spiritualität, deren Grundgefühl war: Hier auf der Erde läuft so ziemlich alles falsch: Könige und Mächte verschwören sich gegen den Frieden, gegen die Armen usw. Das Reich nach dem Willen Gottes muss etwas grundlegend anderes sein als die traditionelle irdische Königsherrschaft! Die Propheten erträumten sich ein ein geistiges (!!) Reich des Friedens, ein surreales Reich, indem „Wölfe bei den Lämmern wohnen“, „die Könige dienen“ usw. Dieses Reich musste die eigentliche Heimat der Menschen sein. Und viele waren bereit dafür zu sterben. In ihrer Einfachheit griffen sie zwei zentrale menschliche Bilder auf, die für das Reich Gottes stehen sollten:

    Das Bild des grünen Paradieses, in dem alle Menschen einfach, gleich und schön sind. Das Bild der himmlischen Stadt aus Gold, des himmlischen Jerusalem, indem jeder Bürger gleichermaßen an den Schätzen der Kultur Teil hat. (vgl. z.B.Paulus der vom himmlischen Jerusalem als seiner Heimat spricht, oder Jesus, der versichert, dass das Reich Gottes das Paradies ist usw.)

    (Auch heute noch kann man z.B. in Protestsongs diese Ur-Bilder des Reiches Gottes finden. Bekanntestes Beispiel in letzter Zeit, wohl: Guns n Roses: Paradise City. Axl Rose bittet hier Gott (Jesus? Jedenfalls hatte er oft sein Jesus-Sirt an, als er es sang) ihn in die heilende Stadt zu führen.)

    Das Entscheidende dabei ist: Nach dem NT ist nicht perfekte Gotteserkenntnis und perfekte Glaubenstat zentral für den Glauben, sondern die Hofffnung auf dieses Reich der Gnade: Der Glaube an ein unverdientes Geschenk Gottes. Johannes der Täufer, der wilde Mann aus der Wüste, zweifelte im Gefängnis öffentlich an Jesus, aber Jesus nannte ihn trotzdem den Größten der Sterblichen – weil auf das Reich Gottes hoffte. Thomas zweifelte ebenso, aber Jesus versprach ihn seinen Frieden, denn Thomas hoffte auf das Reich Gottes. Ebenso handelte Jesus am Verleugner Petrus und an Philippus, der ihm kurz vor seinem Tode sagte, dass er immer noch nicht wisse, wer der Vater ist. Das NT geht sogar so weit, dass es den schwerreichen Josef von Arimathäa einen „Jünger Jesu“ nennt, obwohl dieser sich nicht öffentlich zu Jesus bekannte – aber er hoffte innerlich heimlich auf das Reich Gottes.

    • Danke für die Ergänzungen … die Aufmerksamkeit (wir haben durchschnittlich etwa 40 bis 60 Seitenzugriffe am Tag und sind bei mancher google-Suche direkt unter den ersten 10 Ergebnissen) ergibt sich u.a. daraus, wie sehr ein Gläubiger unter dem Gesetz leidet und wie er sich den Schaden daraus und den Schmerz erklärt. Solange er noch der Meinung ist, er hätte eben nicht genug getan, sich nicht genug angestrengt, stellt er eben sich selbst in Frage, die eigene Person, sieht sich als „Fehler“ – und nicht das Gesetzessystem, unter dem er lebt und leidet (daher auch unsere Polemik gegen das Leben unter Gesetz!). Klare Erkenntnis ist hier ähnlich „gnadenvoll“ (also ein Geschenk!) wie im Bereich der Erlösung. Niemand kann das „machen“.

      Neben uns gibt es ja inzwischen weitere Angebote, die auf die wirklichen Ursachen der frommen Misere aufmerksam machen, sie anschaulich erklären und den Ausweg ähnlich wie wir beschreiben (Michael Trenkel in Deutschland, Andrew Farley in den USA) – und eben auch nicht wieder klammheimlich die alten Ursachen mit einschmuggeln (wie manche „Gnadenlehrer“). Davor gab es seit den 1970er Jahre Jeff VanVonderen und David Seamands (siehe unsere Literaturliste unter https://www.amazon.de/registry/wishlist/1EHFYF5EA0E7Y/ref=reg_hu-wl_goto-registry?_encoding=UTF8&sort=date-added ), erst nur in den USA und dann auch auf Deutsch …

      … und natürlich ist es sehr wünschenswert, wenn dieses Angebot noch mehr Aufmerksamkeit finden würde. Damit würden sich aber auch die Konflikte innerchristlich verschärfen … vielleicht wäre es sogar sinnvoller, es würden sich weitere Webseiten mit diesem Inhalt finden (statt dass einzelne Vertreter „bekannter“ werden): denn gerade bei diesem Thema ist die Vermeidung jeglichen Personenkults sehr wichtig und entspricht dem Inhalt der Sache, um die es geht … für sehr wichtig halten wir auch das Thema „freie Gnade“, wie Michael Schneider es verdienstvoll thematisiert und auf die entsprechende Literatur aufmerksam macht (http://freiegnade.blogspot.de): denn selbst wer hier und jetzt unter Regeln und Gesetz lebt, hat wenigstens verstanden, dass seine Erlösung absolut gar nichts mit der Einhaltung von Regeln zu tun hat … und die Bemühungen von Siegfried Zimmer von „worthaus“ schätzen wir auch sehr: er benutzt den Begriff „Gnade“ kaum, redet aber ständig über die Sache an sich …

  4. (wie immer: wenn zu weitgehend löschen!)

    Interessant!
    Ihr schreibt sinngemäß: „Wie kommt man in das Reich Gottes? (…) Nicht umsonst benennt Jesus Kinder als Vorbild (…) Sie haben nicht die Hoffnungslosigkeit und Kleingläubigkeit der Erwachsenen“ usw.

    Eure Gedanken fand ich auch mal bei einem berühmten Schriftsteller – Oscar Wilde – genauer ausgeführt ! (der mit dem Kult-Grab im Cimetiere Pere Lachaise). Man sagt, er ging von diesen Gedanken aus und sah den Geist Jesu vor allem als einen poetisch-künstlerischen Geist: den Geist einer kindlich-romantischen, nicht gedanklich limitierten Poesie. Jesu Worte, vom „Glauben im Herzen“, der „jeden Berg versetzen kann“, vom naiven Glauben der Kinder als Vorbild, seine Kritik an den Buchstaben-Jüngern usw. deutete er als Aufforderungen zu einem poetisch-künstlerischem Glauben, der szs. poetisch-schöpferisch in Musik und Kunst die oft grausame, leidensvolle Welt überwindet und in das Reich Gottes führt. Szs. Jesus als der ultimative, mit kindlicher Phantasie begabte Künstler, der alle Menschen mit den Erzeugnissen seiner Gnade beschenken will ! (Wenn man seine Kunsttheorie als Laie so zusammenfassen kann?!)

    So sind m.E. seine Märchen u. Erzählungen für Kinder u. Jugendliche auch für Erwachsene sehr interessant zu lesen – sie enthalten bei aller überbordender Phantasie viele poetische Bilder aus dem NT.
    Das bekannte Märchen „The Selfish Giant“ z.B. lässt sich leicht in eure Gedanken übersetzen: Der Riese (= Erwachsene) öffnet sein Herz/Seele den Kindern, findet dadurch Jesus und das Reich der Gnade usw. Märchen wie „The Happy Prince“ oder „The Young King“ lassen sich auf den Prinzen/König und das Reich Gottes übertragen: Aus einem irdischen Herrscher wird der König des Gnadenreiches, das den Verlorenen hilft usw. Am bekanntesten ist wohl „The Fisherman and his Soul“: Der Fischer muss seine irdische Seele verlieren, die Religion überwinden, um mit seiner fremden Meerjungfrau eine Liebe zu erfahren, die nicht von dieser Welt ist und in ein anderes Reich führt usw. (Fun fact: Gibt´s auch in der Pop-Kultur: Sade als Meerjungfrau in „No Ordinary Love“)

    • … wir lassen das mal stehen – denn wir sind der Meinung, dass das Verhältnis von Christen zu Kunst dringend ein entspannteres werden muss. Oder ein interessierteres, weniger mißtrauisches.

      Ob Oscar Wilde tatsächlich das Reich Gottes erklären wollte, steht auf einem anderen Blatt 😉

  5. Das Reich Gottes und die Kunst…
    (löschen kein Problem, hab für mich selbst zusammengefasst !)

    Eine der großen Merkwürdigkeiten unserer Kultur ist wohl, daß wir Künstler und Schriftsteller wie Leonardo, Michelangelo, Raphael, Shakespeare, Goethe und wie sie alle heißen, allgemein als extrem gottbegnadete Menschen ansehen. Aber wir fragen kaum danach, wie sie Jesus und das NT gedeutet haben, was für sie eigentlich der Weg in das Reich Gottes war. Da vertrauen wir lieber den Theologen. Wir denken immer: „ Diese Menschen haben in der Kunst ihre persönlichen Gefühle ausgelebt, aber nicht richtig wissenschaftlich die Bibel untersucht. Also sind sie in ihrer Glaubensinterpretation nicht von Bedeutung…“ Dabei scheint es bei ihnen sehr interessante Deutungen Jesu und seines Glaubens, auch in Richtung konsequenter Gnade, zu geben !? Hier einige Beispiele aus der Kunst, von denen ich mal gehört habe, die die Lehre von konsequenter Gnade unterstützen könnten. (müsste man mal genauer durchdenken…)

    Z.B. Raffaels berühmtestetes Gemälde: Die Transfiguration. Es zeigt doch eindeutig Jesus als die Verkörperung der heilenden Gnade Gottes – irdisches Gesetz und Propheten treten vor ihr zurück und werden von ihr erhellt !? Und die jüdischen Jünger lesen in einem Buch = Altes Testament, um zu heilen, können es aber nicht. Nur die Gnade Gottes direkt vom Himmel, verkörpert in Jesus, vermag zu heilen und in das Reich Gottes zu führen !?
    Z.B. Gehörnter Moses des Michelangelo. Es zeigt Moses, wie er mit den Gesetzestafeln vom Berg Sinai hinabgestiegen ist. Und zwar den Moment den auch Paulus in 2 Kor 3 beschreibt: den vergänglichen Glanz des Gesetzes, der sich auf dem Gesicht Mose widerspiegelt und vor dem sich die Juden fürchteten. Viele stellten sich hier die Frage: Warum interpretiert hier Michelangelo diesen Glanz so dämonisch, ja fast teuflisch (mit den übergroßen Hörnern). Wollte er damit ein Statement gegen das Gesetz geben !?
    Z.B. Allgemein die Malerei der (italiensichen) Renaissance mit ihrer Marienverehrung, den Himmelfahrten und Engeln. Die Künstler interpretierten Maria als das Symbol der Gnade Gottes (des heiligen Geistes) durch die der Glaubende wieder zum Engels-Kind (wie sein Bruder Jesus) wird. Getreu den Worten Jesu: „Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Mk 10) Indem der Glaubende Jesus als seinen Bruder erkennt, bekommt er Maria als Mutter, getreu den Worten Jesu am Kreuz: „Frau, siehe, dein Sohn!“ (Joh 19) usw. Durch diese brüderliche Liebe = Jesus, durch diese mütterliche Gnade = Maria, steigt er als Engels-Knabe in den Himmel zum Vater in das Reich Gottes auf – jenseits aller irdischer Gesetze.

    Jedenfalls scheint es so zu sein, dass allgmein in der Kunst und bei den berühmten Künstlern eine viel stärkere Betonung der göttlichen Gnade – jenseits aller irdischer Gesetze – vorliegt, als in der Theologie bzw Religion. Und dies scheint nicht nur auf das Christentum begrenzt. (Weil ihr es auf Facebook angesprochen habt: Ich hab z.B. mal gehört, dass in der islamischen Welt nahezu alle berühmten Dichter ab dem 12. Jh. den Islam/Koran antinomistisch und allversöhnend ohne Hölle gedeutet haben, nach dem Motte: Die Gnade Gottes kann mit keinem irdischen Bild (z.B. Hölle/Fegefeuer), Gesetz usw. verglichen werden. Sie erlöst von allem Irdischen. Jesus war einer ihrer Propheten (im Islam ist er der „Prophet der Liebe“) usw.

    • Einige weitere Beispiele, wie die Kunst interessante, ungewöhnliche Perspektiven auf das Reich Gottes – in Richtung allgemeiner Gnade – geben könnte !?
      (Wollte ich mal genauer durchdenken, ist mein Hobby! Vielleicht auch für euch interessant? Sonst löschen!)

      Z.B. Spekulationen um die Liebesverbindung von Maria v. Magadala und Jesus jenseits des jüdischen Gesetzes. Hier scheinen vor allem die Malerei der Renaissance und ihre zentralen Bildmotive die Ursache: Kreuzestod und Auferstehung. Beim Kreuzestod („Es ist vollbracht“) befindet sich allgemein die „Glaubensfamilie“ = die engsten Vertrauten, direkt unter dem Kreuz: Mutter Maria, ihre Schwester, der Lieblingsjünger (= Bruder) – und immer (sogar meist zentral) Maria v. Magdala. Familienangelgenheit der Pflege des Leichnahms: Maria von Magdala leitet diese Aufgabe und wird erste Auferstehungszeugin. Zentrales Bildmotiv: Jesus, der Auferstandene, begegnet Maria ohne andere Zeugen im Garten. So bekommt Maria v. Magdala in der Perspektive der Kunst/Malerei eine viel größeres Gewicht, als in der Perspektive der Theolgie, die aus dem Text ja eher Regeln und Lehren ableiten will. Hieraus entstanden dann die Spekulationen ?!
      Z.B.Lessing „Nathan der Weise“ = „Himmlisches Jerusalem“ in der Dichtung !? Dieses Drama scheint um das Beispiel des „barmherzigen Samariters“ konstruiert. In Jerusalem rettet ein Templer aus reiner Barmherzigkeit jenseits aller Religion ein jüdisches Mädchen aus den Flammen – obwohl er eigentlich etwas gegen Juden hat! Nach zahlreichen Verwicklungen kommt heraus, dass beide moslemischer Abstammung sind usw. Schließlich wird ein Bild des himmlischen Jerusalem gezeigt, in dem Brüderlichkeit und Freundschaft der Menschen jenseits der Religion nach dem Willen Gottes herrschen…
      Z.B. Shakespeare der islamischen Welt: Rumi (um1250). Der bedeutendste Dichter und Korangelehrte soll Jesus in über 80 Gedichten als Propheten der „göttlich absoluten Gnade“ und Liebe gezeigt haben. Jesus gilt bei ihm und wohl auch im Islam als einziger Mensch der Geschichte, der wirklich Leben geben konnte (= z.B. Tote erwecken) (nicht Mohammed!?). Jedenfalls scheint dieser Dichter vielen sehr interessant, weil seine Bildsprache von der Gnade Gottes in ihrer Einfachheit noch sehr dem NT verwandt ist. (kenne leider bisher nur „Alchemy of Love“, das man allgemein auf Jesus bezieht)

  6. Das Reich Gottes in der Kunst: Göttliche Gnade und Gesetz in den Augen der Künstler…

    (einige weitere entlegene Beispiele, die ich mal genauer durchdenken wollte, hab leider oft nicht die Zeit, vielleicht was Interessantes dabei, löschen no problem !)

    * Mittelalterliche Kathedralen: Anti-Figuren der „Ecclesia und Synagoge“. Ecclesia als stolze, gekrönte Braut Christi, sich auf das Kreuz stützend, auf den neuen Bund (= Kelch) vertrauend usw. vs die gebeugte blinde Synagoge – ein Frau mit den Tafeln der Gebote, sich auf die gebrochene Lanze stützend mit der Jesus durchbohrt wurde. Sinnbild: Bund der Gnade vs Bund des Gesetzes (Z.B. Strasburger Münster, Notre Dame Paris)…!?

    * Raffael: Alttestamentliche Vision des Ezechiel von der Majestät Gottes, die auf die Erde niederkommt – vom Thronwagen, dessen vier Räder und Wesen die Straßen Gottes befahren (vgl. heute z.B. X. Naidoo, Seine Strassen). Raffel deutet diese Majästät nach den vier Wesen (Symbolen) der Evangelisten. Also: Gott wendet sich in den Evangelien in Glorie, segnend, den Menschen zu und öffnet die Strassen in das Himmelreich – im neuen Bund der Gnade, nicht des Gesetzes… !?

    * Hölderlin: Hyperion. Geistige Flucht eines jungen Mannes in das pardiesische alte Griechenland, um eine „neue Kirche“ zu gründen, ein frei liebender, heldischer Mensch zu werden – jenseits der Knechtschaft der gesetzlichen Religion und der Schulweisheit. Er vermischt dabei den „Gottvater“ des alten Griechenlands mit dem von ihm gesuchten „lieben guten Vater“ seiner streng religiösen christlichen Kindheit. Er sieht die unverbildeten Kinder als die wahrhaft natürlich Glaubenden, z.B.: „Ja! ein göttlich Wesen ist das Kind, solang es nicht in die Chamäleonsfarbe der Menschen getaucht ist. Es ist ganz, was es ist, und darum ist es so schön. Der Zwang des Gesetzes und des Schicksals betastet es nicht; im Kind ist Freiheit allein. In ihm ist Frieden (…) Aber das können die Menschen nicht leiden. Das Göttliche muß werden, wie ihrer einer, muß erfahren, daß sie auch da sind, und eh es die Natur aus seinem Paradiese treibt, so schmeicheln und schleppen die Menschen es heraus, auf das Feld des Fluchs, daß es, wie sie, im Schweiße des Angesichts sich abarbeite…“ (unglaubliche sprachliche Bilder, oft aus der Bibel !).

    * Schiller: Die Räuber. Drama scheint um den „verlorenen Sohn“ des NT konstruiert. Durch Intrige seines teuflischen Bruders, der der alleinige Erbe sein will, wird Karl zum verlorenen Sohn. Er wendet sich von seinem gnädigen Vater ab und wird in einem fernen Land Verbrecher. Doch durch die Liebe zu seiner Freundin kehrt er aber noch einmal zum liebenden, ihm verzeihenden Vater zurück, durchschaut dann die Intrige seines Bruders und beschließt dann, sich der Gnade Gottes anzuvertrauen: sich dem Gericht zu stellen, seine Verbrechertum, seine Sünden, zu bekennen…

  7. Weitere „ziemlich verrückte“ Ideen zu „Konsequente Gnade“ und das „Reich Gottes“ in der Kunst
    (vielleicht was Interessantes dabei; vieles kann man wohl auch anders sehen ! Löschen ist o.k.)

    Michelangelo:
    Pieta in Rom. Der Fokus des Kunstwerks liegt auf einer wunderschönen Maria, die wundersam jugendlich wie eine zarte Maria Magdalena erscheint. Sie hält, ohne sichtbare Anstrengung, mit überirdischer Gnaden-Stärke den schweren Leichnam Jesu auf ihren Knien geborgen und scheint in Trauer zu fragen: „Wie konnte dieser Tod nur geschehen ?“ Doch insgesamt ist die Skulptur nicht von Todestrauer, Todesangst geprägt, sondern von der ruhigen, sicheren, überirdischen Gnadenstärke Marias, in der der Tote geborgen ist – einem ewig jungen, heiligen Geist der Gnade, der alles Irdische, Schwere, Belastende überwindet…!? Wer an diese Gnade glaubt – wird er nicht wie sein Bruder Jesus im Tod überirdisch geborgen sein..!?
    Tondo Doni, Florenz. Es zeigt die Heilige Familie mit dem Jesuskind, abgesondert von rätselhaften, nackten Männern im Hintergrund. Eine Deutung, die immer wieder dazu vorgebracht wird, ist: Michelangelo wollte hier die Menschheit unter unwürdiger Sünde und sub lege, also unter Gesetz, zeigen – abgegrenzt von der ehrwürdigen Menschheit sub gratia. Die nackten Männer sind noch nicht unter Gnade und kämpfen wohl um würdige Bekleidung, um ihre Scham zu bedecken. Nur der kleine Johannes der Täufer, noch im Fell bekleidet, das ihn bedeckt, blickt sehnsuchtsvoll-prophetisch auf Höheres: auf die ehrwürdig gekleidete Heilige Familie und auf seinen himmlischen Bruder. Vielleicht in Anspielung auf Lk 16, wo Jesus, den reichen, vordergründig gesetzestreuen Menschen, die sich durch ihre Leistungen/Werke selbst kämpferisch rechtfertigen – und so ihre Scham, ihre Unwürdigkeit vor Gott, bedecken wollen – sinngemäß sagt: „Keiner wird dem harten Gesetz gerecht. Denkt nicht so hoch, so ehrbar, von euch. Das Gesetz gilt nur bis zu Johannes, ab da aber gilt die prophetische Gnadenbotschaft vom Reich Gottes“ !? Jedenfalls scheint Michelangelo mit der abgesondert, in verschlungener Drei-Einheit dargestellten Heiligen Familie das Mysterium der göttlichen Gnade verdeutlichen zu wollen: Der gnädig beschützende Vater überreicht der gnädig sorgenden Mutter das himmlische Gnaden-Kind und diese scheint bereit, es sogleich gnädig der Welt zu zeigen. Und so sieht Johannes seinen himmlischen, ihm verblüffend ähnlich sehenden Bruder/Spielgefährten, die himmlisch gnädige Mutter und den beschützenden Vater – alle im heiligen Geist der Gnade, „sub gratia“, vereint. Also: Der irdische, unwürdig bekleidete Mensch bekommt eine himmlische, ehrwürdige Familie ohne Vorleistung, rein im Geist der Gnade, geschenkt… usw.

    Gottes Gnaden-Finger bzw. Hand in der Kunst
    Die berühmteste Handhaltung der europ. Kunst ist wohl der „Finger Gottes“ bei der „Erschaffung Adams“ von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle. Der himmlische Vater lässt hier in schöpferischer Gnade augenscheinlich den Funken ewigen Lebens, ewigen Geistes, vom göttlichen Finger auf den Menschen überspringen: Er schafft den noch reinen Menschen vor dem Sündenfall. Ein Bild, das irgendwie dem Wort Jesu ähnelt, dass durch seine „Berührung mit dem Finger Gottes“ das Reich Gottes zu den im Fleisch verlorenen Menschen kommt. Jedenfalls übernahmen einige Künstler diese Handhaltung Gottes/Adams bei Michelangelo dann auch in ihren Darstellungen der Wunderheilungen Jesu. Wohl, um zu verdeutlichen: Jesus heilte nicht nur körperlich, sondern die Begegnung mit ihm schafte in schöpferischer, konsequenter Gnade geistig einen neuen, sünden-erlösten Menschen: einen neuen Adam. Berühmtestes Beispiel hierfür ist wohl Caravaggios legendäres Gemälde „Berufung des Matthäus“ (Rom). Hier zeigt Jesus mit einer Michelangelo nachempfundenen Gnaden-Arm-Geste unter schöpferischem Licht auf dem im finsteren Eck, im Mammon, im Geldzählen, versunkenen Zöllner Matthäus. Und damit schafft er in überirdischer Begegnung einen neuen, erleuchteten Menschen, der nicht mehr dem Geld, der irdischen Macht, sondern der Gnade Gottes folgt usw. (Vgl. auch Carav. „Erweckung des Lazarus“). Derselbe Gedanke findet sich wohl auch bei El Greco (z.B. Dresden, Heilung des Blinden): Der Blinde streckt wie der Adam des Michelangelo den Arm der göttlichen Gnade entgegen und der „Finger Gottes“ erleuchtet sein blindes Auge, seine im Finstern gefangene Seele schöpferisch zu wahrem Leben usw. Alles nach dem Motto, wie z.B. auch bei F. Mercury „Jesus“ ausgedrückt: Jesus erschafft den leprakranken Menschen in schöpferischer Gnade zu einem „neuen Menschen“, der aus erfahrener himlischer Gnade lebt – und das eben nicht nur körperlich, sondern vor allem auch geistig usw.

    Ghiberti: Der Glaube Abrahams von den „Gates of Paradise“ (Battistero di San Giovanni, Firenze)
    Ghiberti berücksichtigt hier den wichten, oft übersehenen Glaubens-Kontext, in dem die Opferung Isaaks steht. Abraham hat zuvor das ewige Gnadenversprechen von den drei fremden Männern erfahren: Bei Gott ist nichts unmöglich ! Die Völker der Erde werden durch seinen Sohn Segen erlangen ! Und so deutet Ghiberti den Glauben Abrahams als Vorausdeutung auf den Glauben Jesu. Abraham glaubte an heilige, gnädige Gastfreundschaft für alle Fremden, alle fremden Völker und wusch so unwissend Gott, dem himmlischen Vater selbst die Füße. Er, bewirtete im Abendmahl die Dreieinheit des Heiligen Geistes und Sara bereitete gnädig als Dienerin das Brot für die Fremden auf dem Gnaden-Tisch. Sie erwiesen sich so im Abendmahl als echte Diener Gottes und wurden mit seinem Segen belohnt – einem Segen, der keine Opfer – also auch nicht das Opfer Isaaks – verlangt und den Tod überwindet usw. (vgl. z.B. auch Mosaiken v. San Vitale Ravenna um 500)

  8. Universelle Gnadenbotschaft / Reich Gottes in der Kunst ?!
    Hier einige Beispiele, wo ich in der Kunst manchmal Inspiration für das Verständnis der universellen Gnadenbotschaft Jesu suche ! Kann nicht beweisen, ob das stimmt ! Aber vielleicht auch für jemand andres interessant !? Löschen no pro ! („Some say I’m crazy / I guess I’ll always be…“)

    James Tissot: „Das Leben Jesu“. Tissot zeigt in der berühmten Bildserie vor allem den Menschen Jesus – einen rothaarigen, einfachen, tief an seinen himmlischen Vater glaubenden Mann, und zwar in dessen zeitgenössischer Umgebung und in Begleitung seiner Jünger. Dies geschieht aber oft so, dass man auf die übergeordnete Gnadenbotschaft Jesu aufmerksam wird. Zum Beispiel dann, wenn seine Begleiterin, die rothaarige Magdalena als Meisterschülerin ihm am nähesten, zu seinen Füßen, der Gnadenbotschaft nachträumt, während sich Martha im Hintergrund eine schwere Last nach der anderen aufbürdet. Oder, wenn er Jünger Philippus wie einen Blinden darstellt, den man die Augen öffnen muss, weil er seinen Vater nicht sieht: „Sie mich an ! Der Vater wohnt in mir ! Erkennt meinen Glauben und der Vater und ich, der Auferstandene, werden auch in euch wohnen…“ (Address to Philip, Joh 14). Interessant ist z.B. auch „Agnus dei/Scapegoat“: Tissot zeigt hier Jesus, wie er sich vor einer Steinigung in die Einsamkeit der Wüste flüchtet. Was ja in der Tat laut NT mehrmals vorgekommen sein muss. Jesus musste selbst in Nazareth fürchten, gesteinigt zu werden und zog sich für seine Heilungen dann in die Einöden zurück. Doch hier deutet Tissot diese Umstände in besonderer Weise: Jesus trägt bei seiner Flucht ein Schaf auf seinen Schultern und wird von einem schwarzen Bock begleitet. Jesus ist also der verstoßene Sündenbock des großen Versöhnungstages, der zur Versöhnung mit Gott alle Sünden übertragen bekommt. Jesus rettet als guter Hirte das verlorene Schaf vor dem Steinigungs-Gericht und birgt es in Sicherheit usw. In „It is finished !“ versucht Tissot wohl zu zeigen, dass Jesus die Erfüllung, das Ziel, das Ende des Gesetzes und der Propheten ist: Die alten Propheten kommen vom Himmel herab, um beim Tod Jesu die endgültige Erfüllung der Schrift zu verdeutlichen !? Am bekanntesten ist wohl „What our Saviour saw from the Cross“: Tissot blickt mit den Augen Jesu auf die ihm Nahestehendesten vom Kreuz herab. Man kann hier viel verborgene Symbolik vermuten – auf jeden Fall wird man zum Nachdenken angeregt. Ebenso wie bei „Jesus carried to the tomb“: Wie bei einer Thora-Prozession wird der seltsam leicht anmutende, eingewickelte Leichnam Jesu getragen. Zeigt Tissot hier Jesus als die lebendige Erfüllung der Thora ?! Insgesamt entfaltet sich dann in der Bildserie die auch von anderen Künstlern vorgebrachte Bildsymbolik, Bildsprache: Die Auferstehungs-Gnadengengel ohne richtendes Schwert, die dem Menschen den erneuten Zugang ins Paradies verkünden. Der neue Gnadenstuhl des Tempels – das leere, allerheiligste Grab im Paradiesgarten –, das von den Gnadenengeln bewacht wird, wie einst die Thora und die Gebote im Allerheiligsten des Tempels. Jesus als neuer Adam im Paradiesgarten mit seiner im Glauben neu geborenen Gefährtin, der lang-rothaarigen Maria Magdalena usw.

    Florentiner Renaissance: Allgemein sieht man die Fl. Renaissance mit ihrem Rückgriff auf die heldenhafte Nacktheit der Antike als heidnischen Gegensatz zum Christentum. Doch dabei wird wohl vergessen, dass Raphael, Michelangelo, Botticelli z.B. sich nicht als Gegner des Christentums sahen, sondern in ihren Werken oft direkt christliche Glaubensbotschaften verkündeten. Es war wohl eher so, dass sie in ihrem universalen Gnaden-Glauben die schamfreie Nacktheit und das Heldentum der Antike mit der Botschaft des Evangeliums verbinden konnten. Ein Beispiel zur Verdeutlichung – Michelangelos „Der auferstandene Christus“ (Rom, S. Maria Sopra Minerva): Als nackter, paradiesischer Held tritt Jesus uns entgegen und hält heldenhaft stolz sein Kreuz. Wie ein strahlender griechischer Heldenmensch – ein Göttersohn mit ewigem Leben – scheint er auf den Betrachter hinabzuschreiten. Er schreitet als auferstandener himmlisch-heldischer Mensch, als nackter neuer Adam, mit ewigem Leben und Kraft, in das Tal des Todes hinab, um den Verlorenen das ewige Leben zu schenken. Die Waffe mit der er die Welt im ewigen Heldentum bezwungen hat, ist nicht das vergängliche irdische, kämpferische Schwert, sondern das überirdisch heldenhafte Kreuz usw. Man kann diese Verbindung von antikem nackten Heldentum und biblischen Glauben auch leicht in Michelangelos berühmten David aus Florenz (Accademia) feststellen. Da ist einmal der biblische Held David, der nicht auf seine eigene, irdische, kriegerische Stärke vertraut, sondern auf die gnädige Stärke Gottes, die seine Hand führen wird – verdeutlicht wohl durch die überirdisch großen, starken Hände der Heldenfigur. Nicht der Mensch aus eigener Kraft ist Sieger, sondern nur durch die Gnade Gottes, die Hand Gottes, kann er zum Sieger werden. Gleichzeitig zeigt Michelangelo hier aber einen nackten Menschen in überirdisch weißer Reinheit und Harmonie, einen engelhaft-reinen, heldenhaften Menschen. Er zeigt einen Menschen, der keine Scham, nichts Böses, nichts Unreines an sich hat. Ist das nicht ein neuer Adam, der uns hier geistig entgegentritt !? Der heldenhafte Messias, der Überwinder der Sünde, der Rückführer in das Paradies, von dem David selbst als Prophet träumte !? Ein aus göttlicher Gnade neu geschaffener, paradiesisch-reiner, harmonischer Mensch im reinen, schamfreien Auferstehungsleib, der himmlische Hirte des Paradieses !?
    Hieraus wird wohl deutlich, dass die Künstler der italienischen Renaissance die antike, schamlose Nacktheit und das antike Heldentum durchaus mit der Botschaft des Evangeliums verbinden konnten. Sie sahen den Auferstandenen Jesus wohl als den Prototypen des heldenhaft-göttlichen, harmonischen Menschen: den Göttersohn aus Gnade, den Nackten, neuen Adam, der wieder das Paradies, die Schöpfung, heldenhaft regiert und mit Hilfe seines Vaters siegreich bleibt usw.

    Vielleicht kann man sogar das andere Wahrzeichen von Florenz, das berühmte Gegenstück zu Michelangelos David, die Venus des Botticelli (Florenz, Uffizien) in diese Richtung deuten ? Durch göttliche Gnade wird sie, die Götter-Tochter in himmlisch-paradiesischer Reinheit und Schönheit an den paradiesischen Strand gespült. Ihr schimmerndes langes rotes Haar wird zärtlich von einem himmlisch-väterlichen Wind umschmeichelt. Hüftlanges rotes Haar war, das ikonographische Kennzeichen der Maria Magdalena, wie Botticelli sie selbst wohl hunderte Male als christlicher Maler gezeichnet hatte usw.

  9. Gnadenbotschaft/ Reich Gottes in der Kunst !
    Hier einige weitere Beispiele von Kunstwerken, die vielleicht die universelle Gnadenbotschaft Jesu verdeutlichen. Vieles kann man wohl auch anders sehen… Vielleicht was als Anregung interessant !? Ist für mich geschrieben ! Löschen no pro !

    „Samaritan Woman at the well“ v. A. Carracci, Mailand: Carracci zeigt hier den Moment, in dem die Samariterin ihren Wassereimer, den sie nun nicht mehr braucht, stehen lässt und zu ihrem noch un-gläubigen Dorf läuft. Jesus hat ihr wohl gerade gesagt, dass die Zeit anbricht, in der man nicht mehr religiös streitet, wie und wo man Gott richtig verehrt. Die Menschen werden jenseits aller Religion zu ihrem himmlischen Vater im Geist und Wahrheit seiner Gnade beten – und zwar in ihrem Herzen, wie seine Handhaltung wohl zeigt. Hier zeigt das Bild eine geniale Idee: Die Samariterin, eine wun-derschöne Frau in einem engelweißen Gewand, läuft auf uns – auf die Betrachter des Bildes – zu. Wir sind also die noch ungläubigen Samariter, die die frohe Botschaft vernehmen sollen: „Seht ! Da ist ein prophetisch-messianischer, fremder Mann, der alle meine vielen Sünden kennt, aber mir trotzdem die Gnade Gottes, sein reinigendes, Leben gebendes Wasser verspricht und schenkt. Ich musste nur in gutem Glauben und Hoffen nach diesem „Geschenk des Vaters“ (Joh 4,10) jenseits aller Religion und ihrer Streitereien fragen…“
    Wie reagieren nun wir, als bildbetrachtende Samariter, auf die Botschaft dieser uns entgegenkom-menden Frau !? Werden wir uns der überreligiösen Gnaden-Hoffnung der einfachen Frau anschlie-ßen !? Werden wir den Fremden aufsuchen und seine versprochene universelle Gnade Gottes in unser Haus aufnehmen ? Werden wir den engen Weg zur „Heilung der Welt“ erkennen und be-schreiten ? usw.

    „Anbetung der Magier/Könige“ (unvollendet) v. Leonardo da Vinci, Uffizien Florenz: Es scheint als habe Leonardo eine poetische Deutung dieses Motivs („Anbetung der weisen Magier“) versucht, die so auch im Volksglauben vorgekommen ist. Man verband die universelle Friedensbotschaft der An-betung der Hirten (Lk 2) mit der Anbetung der fremden Magier (Könige) und mit der im AT ver-sprochenen „Wallfahrt der Völker (und ihrer Könige) zum Zion“. Der Prophet Jesaja hatte z.B. pro-phezeit, dass den Menschen, die in Finsternis wandeln ein großes Licht aufgehen wird. Ein Kind wird geboren werden, dass als geborener geistiger „Friedenskönig“ im Namen des „ewigen Vaters“ ein gerechtes, ewig-himmlisches Friedensreich auf dem Zion ausrufen und errichten wird (Jes 9). Die Völker der Welt und ihre Könige werden sich erstaunt und verwundert diesem Friedens-Glaubens-Gnaden-Reich im Herzen und Geist anschließen (Jes 2, Jes 53). Der Zion wird mit sei-nem Gnaden-Friedens-Glauben ein „Bethaus für alle Völker“ werden (Jes 56, Mk 11), deren Könige ihre Schwerter und Schilde als friedliche Hirten ablegen: „Die Fürsten der Völker sind versammelt als Volk des Gottes Abrahams; denn Gott gehören die Schilde auf Erden…“ (Ps 47, z.B.). So wird ein neuer, ewiger Freidens-Tempel gegründet usw.
    Abgegrenzt im Hintergrund des Bildes zeigt Leonardo nun skizzenhaft die schattenhafte Vergan-genheit der Menschheit: eine Schlachtszene mit Pferden und Reitern und einen eingestürzten, ver-fallenen, alten Tempel. Beides wohl Symbole für den vergehenden, alten, irdisch-kriegerischen Geist und Glauben. Die Menschen wenden sich von den alten Schatten, dem alten Tempel ab und konzentrieren sich (kreisförmig) um den neuen friedlichen Glauben, den neuen Tempel. Sie wen-den sich dem Geist himmlischer Gnade zu – verkörpert durch Maria und ihren, die Menschen fried-lich segnenden Sohn. Manche scheinen noch nachdenklich, verwundert und unsicher im neuen Friedens-Gnaden-Glauben. Doch die weisen Friedens-Hirtenkönige verehren ohne Schwert demütig den sich hier zeigenden himmlischen Frieden und die himmlische Gnade. Ganz, nach dem Motto für die Hirten, bei der Verkündigung der Geburt Jesu: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade…“ (Lk 2)

    „Paulus weist Petrus zurecht“ v. Guido Reni, Mailand: Reni bezieht sich hier offensichtlich auf die Szene, die Paulus in Gal 2 schildert. Paulus hatte Petrus zurechtgewiesen, weil er nach außen hin eine Einhaltung des alten Gesetzesglaubens heuchelte, obwohl er innerlich durch Jesus bereits da-von abgekommen war, „denn durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch gerecht“. Hier zeigt Reni nun im Gemälde die Reaktion des Petrus darauf, die so in der Bibel nicht geschildert wird. Petrus ist sichtbar verzweifelt, zerknirscht und weint, als Paulus unter Verweis auf das Evangelium, das er in seiner Hand hält, ihn zurechtweist. Damit verknüpft der Maler diese Szene mit einer anderen bekannten Szene aus dem Leben des Petrus, einem anderen bekannten Bildmotiv: die Verleug-nung Jesu durch Petrus im Haus des Hohepriesters. Auch hier war Petrus laut NT zerknirscht über sein Versagen und weinte. Und damit deutet Reni die Orientierung des Petrus am alten Gesetzes-glauben als einen erneuten Verrat des Petrus an Jesus, am Wort Gottes, konsequent ganz so wie Paulus es in Gal 2 feststellt: „Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn durch das Gesetz die Gerechtigkeit kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.“

    „Ecce Homo“ v. Caravaggio, Genua: Caravaggio malt die Szene, in der der verurteilte Jesus dem Volk gezeigt wird, nicht als einfaches, narratives Ereignis, eine Episode im Leben Jesu, wie viele andere Maler. Sondern er zeigt einen Pilatus, der den Bildbetrachter direkt anblickt, als er die Worte spricht: „Seht den Menschen !“ Der Statthalter hebt fragend die Hände und scheint aufzufordern: „Denkt mal über die gemalte Szene und die Worte, die ich gerade sagte, nach ! Steckt dahinter nicht eine tiefere, allgemeine Bedeutung !?“ Und in der Tat: Man kann die Worte „Ecce Homo“ die zu dem mit Flüchen belegten, als gottlos verspotteten, mit Dornen gekrönten, falschen König Jesus gesagt werden, als direkte allgemeine Aussage der Evangelien über den Menschen und dessen Natur – also über uns selbst – verstehen. So wie Jesus hier dargestellt ist, so sind doch wir in Wahrheit selbst. Seht den Menschen, Ecce Homo: Wir sind nicht mehr die im Kern guten, rechtmäßigen Könige der Schöpfung wie nach Gen 1, sondern die verfluchten, gefallenen, im Prinzip gottlosen Dornenkönige. Wir sind Spottgeburten, auf deren Feldern kriegerisch stechende Disteln und Dornen wachsen, deren Werke und Früchte Disteln und Dornen sind, die dem Tod Frucht bringen usw. Wir stehen allesamt unter einem gottlosen Fluch und können uns niemals durch unsere eigenen Werke retten. Ein jeder ist ein „irrendes Schaf auf seinem eigenen Weg“ (Jes 53,6), den einzig nur der enge Weg der unverdienten Gnade Gottes retten kann. Die persönliche, brüderliche ewige Liebe des himmlischen Vaters musste also in die gefallene Welt kommen, um uns in unverdienter Gnade von diesem Fluch zu befreien. Sie muss gefallener, verspotteter, leidender, verurteilter, verfluchter Mensch werden und selbst im Fluchzeichen des Kreuzes sterben, um im neuen Zeichen ewiger Gnade und Liebe aufzuerstehen usw. Die brüderliche, lebendige Liebe Gottes musste sich für uns als ein überirdisch friedliches, menschliches Lamm opfern, um uns vom irdischen Fluch zu befreien. Und so zeigt Caravaggio Jesus als einen natürlichen Menschen, der an seinem Kopf das natürliche Blut der Folter und der Dornenkrönung zeigt, dessen zuvor gegeißelter Leib, aber in einem überirdisch reinen, unversehrten Weiß leuchtet – in der himmlischen, geistigen Reinheit des Opferlamms usw.
    Wir als gefallene Menschen – ecce homo ! – benötigen ein brüderliches himmlisches Opfer, dass uns aus der Spirale von Gewalt und Tod, unserem Fluch, rettet, dass so einen überirdisch-himmlischen Geist der Gnade begründet. Ganz so, wie der verfluchte Räuber Dismas, der am Ende am Kreuz auf die unverdiente, himmlische Gnade des Gottesreichs setzte. Eigentlich der einzige Mensch, dem Jesus ausdrücklich versprach „mit ihm zusammen“ – also als sein Begleiter und Freund –das ewige Paradies zu feiern usw.

  10. Konsequente Gnade: Das Reich Gottes in der Kunst – die Verehrung des klassischen Griechenland.
    Die universelle Gnade Jesu und der freie, griechische, „klassische“ Mensch

    (Das war mal ein verrückt-esoterischer, viel zu langer Versuch von mir, die beiden Grundlagen unserer Kultur Jesus/Christentum und klassisches Griechenland irgendwie zusammenzudenken… Gehört eigentlich nicht auf eine streng christliche Site ! Löschen no pro ! Vielleicht was interessant: „Moments plus dreams make love !“

    Wenn man die genialsten klassischen Künstler der europäischen Geschichte (Raffael, Michelangelo, Leonardo, Goethe, Byron usw.) betrachtet, die die unergründliche Gnade Gottes, die Botschaft Jesu, eindrücklich darstellten, dann stellt man fest, dass diese oft auch das antike, „klassische“ Griechenland verehrten. Sie sahen in dessen Kultur wohl eine Art poetisches Reich, eine poetische Bilderwelt, die gänzlich von der lebendigen, beseelenden Gnade des „Göttervaters“ durchzogen war. Aus dem „Haupte“, der Gnade, des Göttervaters waren andere „Göttlichkeiten“ hervorgegangen, wie z.B. das göttlich beseelte Meer, dargestellt im Gott Poseidon, oder die beseelte Sonne dargestellt im Sonnengott Helios usw. Die griechischen, heldischen „Göttersöhne“ lebten in ihren Mythen in einer von göttlicher Gnade poetisch beseelten, paradiesischen Natur, wie Schiller z.B. wehmütig in „Die Götter Griechenlands“ beklagte: „ An der Liebe Busen sie zu drücken / Gab man höhern Adel der Natur, Alles wies den eingeweihten Blicken, Alles eines Gottes Spur“. Und Goethe z.B. versetzte sich in den freien, jungen, heldischen Hirten „Ganymed“, der in Einheit mit der paradiesischen Natur lebte und vom ewig gnädigen „alliebenden Vater“ im Geist des Adlers in den Himmel erhoben wurde (verehrt im Sternzeichen Wassermann). Dies erscheint auf den ersten Blick in extremen heidnischen Gegensatz zur jüdischen Welt aus der Jesus stammt, aber wenn man genauer hinsieht, bestehen verborgene Ähnlichkeiten – vor allem in der Person Jesu. Jesus erscheint im NT naturverbunden wie die berühmten, friedlichen, arkadischen Hirten Griechenlands und er sieht und besingt wie sie eine poetischen Offenbarung des Göttlichen in der Natur. Man denke z.B. nur an seine Worte vom Regen-Segen über Gut und Böse aus den Wolken des Himmelreichs – von der Erhabenheit und Friedlichkeit des Himmelreichs in den Wolken, die zum Menschen poetisch davon spreche, dass allein das Reich Gottes und der himmlische Vater gerecht seien und eben kein irdisches Reich und keine von Menschen „gemachte“ Gerechtigkeit. Und Jesus spricht die Blumen in ihrer prachtvollen Kleidung als lebendige Persönlichkeiten an und gebietet dem Meer von Tiberias Ruhe wie einem störrischen, lebendigen Wesen usw.

    Und so kann man die verrückt „esoterische“ anmutende Frage stellen: Gibt es einen verborgenen geistigen Zusammenhang zwischen der Kultur des antiken, heldisch-freien Griechenland und der Kultur des NT (Jesus, dem frühen Christentum)? Immerhin ist doch das NT in Griechisch verfasst, Paulus war die meiste Zeit in Griechenland, Johannes lebte dann auf Patmos und das „halbheidnische“ Galiläa war laut den Historikern von der Kultur Griechenlands stark geprägt („Großreich Alexander des Großen“). Sepphoris, z.B., die größte Stadt Galiläas zur Zeit Jesu, 5km entfernt von Nazareth, war nach griechisch-hellenistischer Kultur angelegt, z.B. mit griechischen Gastmahl-Dionysos-Mosaiken, die den friedenstiftenden Wein verherrlichen und dem griechischen 12 Sternzeichen-Kreis für die 12 Stämme Israels in den Synagogen (mit Helios auf seinem Wagen !). Es gab dort ein griechisches Theater und Historiker glauben, dass Jesus hier sein griechisches Wort für Heuchler, nämlich „Maskenschauspieler“ (hypocritos), das es so im Jüdischen nicht gab, lernte. Diese damalige Ausrichtung weiter Teile des Rand-Judentums an der griechischen Kultur kann man z.B. auch an den Namen der Apostel erkennen: „Andreas“, der Bruder des Petrus, trägt als Jude einen griechischen Namen, ebenso wie „Philippus“. Apostel Thomas wird mit Spitznamen griechisch „Didymus“ genannt, szs. der irdisch zweifelnde, „Zwillingsbruder“ des himmlischen Bruders Jesus. Und Jesus bezeichnet die Brüder Johannes und Jakobus griechisch als „Donnersöhne“, und erinnert dabei wohl an das mythische von den alten Griechen verehrte Dioskuren-Paar Castor und Pollux, das durch seine himmlisch-brüderliche Liebe das Todesreich überwand und dann als „Donnersöhne des Himmelsvaters“ in den Himmel versetzt wurde (Sternzeichen Zwilling) usw.

    Und so waren geniale klassische Dichter/Denker wie z.B. O. Wilde oder Hölderlin davon überzeugt, dass der in der klassischen Griechischen Kultur/Philosophie verherrlichte, freie, brüderlich-demokratisch denkende, kirchlich nicht gebundene, frei glaubende, heldische Mensch auf den endgültig freien Menschen des brüderlichen Abendmahl-Bundes Jesu verweist. Und das nicht nur, weil sich Jesus mit seinen Jüngern nach griechischer Sitte wie Sokrates und seine Schüler zum Abendmahl „gelegt“ (z.B. Joh 13,23) hatte und hier die friedenstiftende himmlische Gabe des Weines verherrlichte. Und das nicht nur, weil Jesus wie die berühmten griechischen Weisheitslehrer in Athen in der Säulenhalle, der Stoa des Tempels „wandelte“ und lehrte (Joh 10 u.a.) und für die Umstehenden allegorisch-mysteriös, „orphisch“ in Lehren einweihte, deren „Perlen man nicht vor die Säue werfen“ sollte. Sondern eben weil sie in Jesus die Erfüllung des freien, kritischen, religiös und staatlich ungebundenen Denkens und Glaubens der berühmten griechischen Denker und Dichter sahen. Die alten autoritätskritischen Griechen kannten nämlich, anders als die anderen antiken Völker und Großreiche um sie herum keine wirklich autoritäre Staatsreligion, keine Priester-hierarchie, keinen zentralen, weisunggebenden, gesetzgebenden Tempel usw. Sie orientierten sich allgemein frei an einem „himmlischen Vater“ (Zeus) und verehrten von Ort zu Ort kulturstiftende, vorzeitliche, göttlich-mystische Helden als Vorbild, wie z.B. den, den friedlichen Weinbau („Weinranke des Friedens“) schenkenden Dionysos oder den mythischen Sänger Orpheus, den Hirten, der mit seinem himmlischen Spiel die „goldene, paradiesische Zeit“ wachruft und sogar die wilden Tiere friedlich macht und den Sturm auf den Meer stillen kann. Sein himmlisches Spiel, so glaubte man, konnte sogar den Tod überwinden (verherrlicht im Sternbild Schütze). Da ist z.B. Herkules, der „himmlische Göttersohn“, der sich für den beschwerlichen, engen Weg der Tugend entscheidet und so u.a. die Äpfel der ewigen Jugend vom Baum des Lebens gegen den teuflischen Drachen gewann und dann sogar den Höllenhund, der die Toten bewacht, besiegte. Verherrlicht ist er im Sternzeichen Skorpion zusammen mit dem sog „Schlangenträger“, dem himmlischen Helden, der die teuflische Schlange besiegt und mit seinem Fuß den Kopf des teuflischen Skorpions zertritt. Bekannt ist z.B. Apollo, der Gott der schönen Künste, der Poesie, der mit einem himmlischen Pfeil (Sternbild Pfeil) die teuflische Python-Schlange überwindet; bekannt vor allem durch das antike Kunstwerk der „Apoll vom Belvedere“( – dessen Kopf dann Michelangelo als Vorlage für den Jesus des „Jüngsten Gerichts“ übernahm. Der Kopf des heidnischen Apollo in einem christlichen Wandbild , für viele ein blasphemischer Akt…) usw.

    Vielleicht wird aus dem Gesagten jetzt schon deutlich, dass das antike Griechenland in seiner Mythologie zentral den freien, religiös ungebundenen, himmlisch-heldischen Götter/Gottessohn verehrte, der letztendlich von seinem Himmelsvater nach irdischer Prüfung gnädig im Himmel aufgenommen wird. Dabei entfaltete es eine Poesie, eine Bildsprache die durchaus Ähnlichkeiten mit der Poesie der Bibel aufweist. Und so wurde wohl das antike klassische, demokratische Griechenland, das Land der „glückseligen Inseln“ zum poetischen Traumland der berühmten euro-päischen klassischen Dichter wie Byron, Goethe, Schiller, Keats usw. Hier verankerten sie oft ihre freie, evangelisch ungebundene Spiritualität. Sie sahen im klassischen, heldischen Griechenland wohl den religiös-kulturellen, spirituellen Gegenpol zum perfekt durchorganisierten, hierarchisch gegliederten, aber letztendlich auf Unfreiheit, Unterordnung und Gesetzesherrschaft basierenden römischen, „katholischen“ Reich/Staat. Für viele dieser Dichter und Denker war wohl der dioskurische Bund der brüderlichen, freien, himmlischen Liebe, der von Platon und seinen Schülern im Geist des beseelenden Weines als philosophisches, antik griechisches Ziel, angestrebt wurde, die Präfiguration des Bundes Jesu mit seinen Jüngern.
    Auf die Spitze in der Weltliteratur hat dieses klassische Denken wohl der rätselhaft-geniale Hölderlin getrieben. Bei ihm erscheint Jesus letztendlich als geistiger, höherer Bruder der im Himmel verehrten und verklärten vorzeitlichen Heroen des klassischen Griechenland: als Vollender des himmlisch-heldischen, freien, „griechischen“ Menschen. Das hat ihm den Vorwurf des entschieden heidnisch-pantheistischen Dichtens, der entschiedensten Gegnerschaft zum Christentum, eingebracht. Aber, wenn man genauer liest, ist seine meisterhafte Beschwörung des alten, heldisch-seligen Griechenland wohl eher eine Flucht aus einer in seinen Augen die Menschen verknechtenden Staatsreligion, die in Wahrheit den Staat und seine Gesetze religiös als Götzen verehrt und nicht die Liebe und Gnade Gottes, wie er radikal ausruft: „man nehme sein Gesetz und schlag es an den Pranger! Beim Himmel! der weiß nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sittenschule machen will. Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.“ (Hyperion). Wenn sein griechischer Helden-Mensch Hyperion, als der „Sohn der Höhe“, der „Sohn des Lichts“ ausruft: „O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein mißratener Sohn, den der Vater aus dem Hause stieß…“, dann sehen das viele streng christlich-religiöse Ausleger schon fast als heidnische Blasphemie, nach dem Motto: „Der Mensch ist doch niemals Gott…“ usw. Doch dabei wird vergessen, welche Worte Jesus gebrauchte: Wollte er nicht in einem Bund der Gnade den Menschen die „Macht geben, Gottes Söhne und Kinder“ zu werden ?! Sprach er nicht vom Vater, der in ihm wohnt !? Rief Jesus nicht: „Glaubt an das Licht, solange ihr’s habt, auf dass ihr des Lichtes Kinder werdet…!“ (Joh 12) Und sprach nicht dann Paulus voller Begeisterung, dass der Glaubende nun nicht mehr aus dem väterlichen Haus verstoßen, sondern als „Erbe angenommen“ ist (Gal 4, Röm 8) und heldisch-siegreich von „Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2Cor3) schreiten wird. Ganz zu schweigen von den vorher ergangenen Worten Jesu, die zu seiner endgültigen Verurteilung führten: „Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz: Ich habe gesagt: Ihr seid Götter?…“ (Joh 10) usw. Jedenfalls wird in Hölderlins berühmtesten Werk „Hyperion“ Jesus und die Bibel kein einziges Mal ausdrücklich genannt: Es zeigt nur einen heldisch fühlenden, an die Erlösung durch dioskurisch-brüderliche Liebe glaubenden Menschen, einen Menschen, der sich innerlich – trotz aller irdischer Hindernisse und schwerer Schuld – als Gottessohn fühlt und unerschütterlicher Hoffnung ist, mit dem Tod in die paradiesische, heilig-unschuldige, ewige Natur, die „Tochter des Vaters“, nämlich die himmlische, ewige Gnade, einzugehen. Aber aus späteren geheimnisvollen, schwer zu deutenden Gedichten hat man eben herausgelesen, dass Hölderlin Jesus als den Vollender dieses griechischen poetischen Heldentraums der Gottessöhne gesehen hat. Für ihn waren Jesus und seine Jünger ihrem freien, autoritätskritischen Geiste nach Griechen und er zählt das nördliche, griechisch geprägte Gebiet Galiläas zum kleinasiatischen Griechenland. Hier einige Grundgedanken dazu aus 2 Gedichten, soweit ich sie einigermaßen nachvollziehen kann. Das meiste ist für mich zu schwer zu verstehen; wir haben heute eine andere Bildung…

    Der Einzige (erste Fassung)
    Hier versucht Hölderlin wohl die Einzigartigkeit Jesu, des „Einzigen“, gegenüber den „himmlisch gezeugten“ (Z.11) göttlichen Heroen, den „Göttersöhnen“ des alten, „seligen“ Griechenland dichterisch-philosophisch zu erfassen. Letztere sind „hohe Gedanken entsprungen aus des Vaters Haupt“ (Z.15), sind also göttlich-väterlichen Ursprungs, aber die göttlichen Heroen Griechenlands zeigen poetisch das Göttliche im Irdischen, im „Weltlichen“ wie z.B. Dionysos, der die friedlich-göttliche, kulturstiftende Kraft des Weinbaus verdeutlicht, die die Menschen bis an den Indus den Frieden lehrt und letztendlich sogar den wilden Tiger zu einem gezähmten, friedlichen Tier machen wird. Oder Herkules, der mit himmlischer Kraft, die ihm auf der Erde gestellten irdischen Prüfungen bescheiden-demütig bewältigt und so in den Himmel Eingang findet usw. (Z. 48-49). Doch diese poetische Welt der Helden des alten, seligen Griechenland bleibt leider im allgemeinen Bewusstsein in einem Abgrund getrennt vom wahren „Kleinod“ Christus, dem geistigen Bruder der mythischen Helden der Vorzeit. In Jesus, dem „Meister und Herr“ wirkte der Vater sein „Äußerstes und Bestes“ unter den Menschen, nämlich den reinen Geist lebendiger himmlischer Gnade, der wie ein „gefangener Adler“ in der Welt keine wirkliche Heimat finden kann und in keinem irdischen, „weltlichen“ Bild gezeigt werden kann: sein Platz ist ausschließlich im Himmel. Der wahre Dichter, auch wenn er geistig ein Schüler Jesu ist, benutzt aber um das Heilige, das Göttliche zu dichten eher die poetische, „weltliche“ Bilderwelt des alten, seligen Griechenland.

    Patmos (Z 1-120)
    In abendländischer Finsternis/Nacht gefangen sucht der Dichter mit seiner Seele den rettenden, gnädigen Gott. Wie ein mutiger, freier Adler, der Vogel des griechischen Göttervaters, aber auch das Symbol des Evangelisten Johannes, will sein Geist die durch Abgründe getrennten „Gipfel der Zeit“, die Gipfel der Kulturen überwinden und Rettung erlangen. Und da findet seine Seele das alte, paradiesische, klassische Griechenland bzw. Kleinasien (Z.16-37). Das Land der seligen Inseln, der paradiesischen Natur, der “Zeugnisse unsterblichen Lebens“ (Z. 40), der göttlich gebauten „Tempel aus Zedern“ (Vgl. Hohes Lied 1,17) Seine Sehnsucht verweilt aber nicht bei den berühmten, sagenhaft reich gesegneten, bekannten Inseln, sondern wendet sich einer unbekannteren, „ärmeren“ zu: Patmos. Es ist die einfache, bescheidene, selig-gastfreundliche griechische Insel, die einst dem „gottgeliebten“ Johannes in ihrer paradiesischen Schönheit Trost und Zuflucht spendete. „Unzertrennlich“ war er einst mit dem „Sohn des Höchsten“ (griech. „Sohn des Gewittertragenden“, Z. 78) in naiver, brüderlicher Liebe zusammen gewesen; er hatte an der Seite Jesu das „Angesicht Gottes“ genau gesehen (Z. 80; Vgl. Joh 14,9). Und Jesus hatte ihn in „letzter Liebe“ (Z.84 Vgl. Joh 13,1) beim Abendmahl (griech. Gastmahl/Symposium, Z.82) zusammen mit den anderen in die letzten Geheimnisse der zu Gott führenden Liebe, die „Geheimnisse des Weinstocks“ (Joh 15) eingeweiht – (wohl nach Hölderlin in Vollendung des anderen „Gipfels“ der abendländischen Kultur, des Wein-Gastmahls Platons, wo Sokrates und Diotima in die Mysterien platonisch-brüderlicher-dioskurischer Liebe, die von Gott ist und zu Gott führt, einzuweihen suchten). Aber eine Liebe die von Gott ist und zu Gott führt, das wusste Jesus, wird in der gefallenen Welt immer mißverstanden, verfolgt, verleumdet: „Er sah es, das Zürnen der Welt“ (Z.87), deshalb erwartete er „ruhigahnend den Tod und versuchte noch die Freunde zu erheitern“ (Z.83-87, vgl. Platons Beschreibung vom Tod des Sokrates). Jesus wusste, dass seine Jünger wahre Helden, nämlich „Todeshelden“ (Z.105) sind, die in der Welt aufgrund ihrer Liebe, ihres Glaubens verfolgt werden (Joh 15,20). Aber anders als Sokrates konnte Jesus als „Sohn des Höchsten“ mit göttlicher Vollmacht seine freiheitsliebenden Jünger nicht nur mit Worten erheitern, sondern durch den „heiligen Geist“: dem Bewusstsein, dass Gott sich in ewiger Liebe für sie aufgeopfert hat. Jesus, das Licht der Welt, “der Sonne Tag“ legte sein „königliches Zepter“ freiwillig ab, um wiederzukommen. „Freude war es / von nun an /zu wohnen in liebender Nacht und bewahren / in einfältigen Augen, unverwandt / Abgründe der Weisheit…“ (Z.115-119) Das Licht der Welt ist in den Himmel aufgefahren, die Welt lebt wieder wie zuvor in der Finsternis der Nacht, aber aus der Nacht ist eine „liebende Nacht“ geworden, durch den Glauben/Geist, dass Gott das Böse überwunden hat und seine Helden-Söhne im Kern befreit hat. Im einfältigen Glauben muss diese Wahrheit/Weisheit bewahrt und weitergegeben werden, bis Gott als König wiederkommt, um endgültig zu ernten und zu erlösen. Und so sucht der Geist des Dichters seinen Seher-Bruder Johannes in seiner Zuflucht auf der seligen, klassisch-griechischen Insel auf, um in Freude auf die endgültige Erlösung, den Sieg des Göttervaters, zu warten: den Sieg des selig-beseelten Reich Gottes usw.

    • Vielleicht interessant !? Paulus und Sokrates

      Allgemein sieht man den großen Respekt, mit dem Paulus den Athenern in Apg 17 gegenübertritt: „Männer von Athen, nach allem, was ich sehe, seid ihr sehr fromm“ („desidaimon“ = gottfürchtig) als bloße Taktik, um die heidnischen Athener für sich zu gewinnen. Nach dem Motto „Paulus wollte den Heiden Honig ums Maul schmieren“, als er feststellte, dass sie in ihrem Herzen bereits etwas verehren und suchen, ohne es wirklich zu kennen, als er feststellte, dass einige ihrer berühmten Dichter schon wussten, dass der beseelende, lebendige Geist Gottes den Menschen unmittelbar nah ist, dass der Mensch aus Gott/dem Geist Gottes geboren sein könnte und wieder zu ihm zurückkehrt usw. Aber vielleicht meinte Paulus es ernst !?

      Diese Paulus-Episode scheint nämlich bewusst in Analogie zu Sokrates geschildert, der auf dem Markt als „Schwätzer“ und „Verkünder fremder Gottheiten“ aufgegriffen und vor den Areopag gebracht wurde. Er wolle den bisher unbekannten Gott/Kult des „Daimonion“ einführen. „Männer von Athen“ – so begann Sokrates damals seine Verteidigung vor dem Areopag dagegen, dass er die besonderen Staatsgesetze, den Opferglauben, die Statuen usw. gering schätze, vernachlässige. Er habe nichts gegen Statuen, Tempel, Gesetze usw, aber die höchste lebendige Gottheit wohne als innere, lebendige geistige Stimme des Gewissens „daimon“ in ihm; allein ihm folge er hauptsächlich nach, um nach dem Tod mit ihr in idealischer, reiner, lebendiger Schönheit und Güte vereint zu sein. Von dieser inneren göttlichen Stimme nehme er seine Ehre und nicht von Menschen, Tempeln usw. Hier folgte Sokrates wohl konsequent einer Tradition, die schon bei den berühmten Dichtern Athens angelegt war, die den autonomen, „sich selbst gesetzgebenden“, freien Menschen dichteten, der allein seinem Gewissen, der göttlichen Schönheit seiner Seele folgt, wie z.B. Sophokles Antigone !? (müsste man mal lesen)
      Jedenfalls könnte es sein, dass Paulus die Athener in ihrer Tradition als Menschen sah, die nicht nur äußerlich nach einem Gott suchten, der in einem Tempel, einer sichtbaren Macht verehrt wird, sondern nach einem „unbekannten Gott“, unsichtbar, in ihrem inneren, ihrer unsterblichen Seele. Auf jeden Fall hat der griechische Areopag anders als der jüdische Sanhedrin Paulus damals nicht verurteilt, sondern viele Griechen/Athener fanden seine Aussagen laut Apg. interessant.

    • Schöner glauben ?! Die alten Griechen und das Christentum ?!
      (das ist ein „verrücktes“ Hobby von mir, zu versuchen, ob man Parallelen zwischen dem Christentum und anderen Kulturen finden kann… Löschen no pro…)

      Ich kann es aufgrund mangelnder Kenntnisse nicht genau beweisen, aber ich habe es mir so zurechtgelegt, dass der philosophisch begründete Glaube der klassischen Griechen (Sokrates, Platon usw. ) dem Buchstaben nach ein Polytheismus war, aber dem Geist nach ein Monotheismus wie das Christentum. Denn wenn ich doch dem Ratschlag des Sokrates konsequent folge und versuche mich selbst zu erkennen, die lebendigen höchsten Urbilder/Ideen, die meine Seele bewegen, aufzufinden, dann lande ich „logisch“ eben nicht bei einzelnen Göttern, sondern bei der überirdischen Idee der lebendigen Göttlichkeit, der „Göttlichkeit an sich“: „Daimonion“, wie eben Sokrates feststellte, einem unbekannten, unsichtbaren Gott, der als Urbild der Göttlichkeit meine Seele geistig-lebendig bewegt (szs. „ein unbewegter höchster Beweger“). Ebenso, wenn ich von der Schönheit, Wahrheit und Güte der einzelnen Götter abstrahiere, die meine Seele bewegen: Ich lande bei einer obersten, lebendigen, geistigen Göttlichkeit, dem Urbild der Wahrheit, Güte, Schönheit. Ich lande aber eben nicht bei einer einzelnen himmlisch-schönen Statue, sondern bei dem persönlichen, unsichtbaren geistigen Urbild harmonisch-menschlicher, göttlich erhabener Schönheit (Stichwort „Ideenlehre“). Wenn ich nun noch dem Rat des Sokrates folge „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, also in dem starken Bewusstsein lebe, dass ich als schwacher Mensch niemals in meinem Leben wirklich weiß, wie das oberste, göttliche, lebendige überirdisch Schöne, Gute und Wahre auf Erden umgesetzt werden kann: ich mich also immer an der Wahrheit/Güte Gottes versündige – dann bin ich schon bei einem Glauben, der dem christlichen nicht unähnlich ist. Ich bleibe so immer auf göttliche Gnade, auf eine leitende „persönliche göttliche Stimme“, angewiesen, die mir den ungefähren Weg in irdischer Finsternis zeigt usw. Und so kann es wirklich sein, dass Sokrates/Platon – die klassischen griechischen Philosophen, Dichter – dem Buchstaben nach von einem Polytheismus ausgehen, aber dem Geist nach, wenn man versucht, ihre Philosophie/Glauben wirklich zu leben, Monotheisten waren (wahrscheinlich der Grund für die Verurteilung des provokativen Sokrates). Jedenfalls interpretierte man Platon/Sokrates laut den modernen Philosophen seit der Florentiner Renaissance oft so (Marsilio Ficino ? u.a.) Also, der Mythos, die poetische Darstellung des Göttlichen ist wohl bei den Griechen polytheistisch, der „Logos“ (vgl auch NT) aber, die philosophische Abstraktion auf eine lebendiges Urbild, auf eine lebendige Idee, ist monotheistisch: eine persönliche, lebendige, himmlisch-erlösende Liebe, Güte, Schönheit… (in ihrer höchsten geistigen, lebendigen Vollendung vielleicht sogar dreieinig väterlich-mütterlich-brüderlich ) usw.
      Und so kann es auch interessant sein (wenn man die Zeit und ausgeprägte Phantasie hat) sich mit der poetisch-mythischen Bildsprache des Sokrates/Platon, der alten Griechen zu beschäftigen, wie z.B. dem „Seelenwagen“ mit seinem Pegasus-Gespann, den „beiden Seelen in der Brust“: eine, die nicht wirklich zum Göttlichen aufstreben will und einer, die sich nach der himmlischen Heimat sehnt (himmlische Liebe vs rein körperliche, fleischliche Liebe). Die wirklich geflügelte Seele (die himmlischen Entelechie), der echte Pegasus, auch, „wenn er irrt solang er strebt“, wird dann seine Weide im Himmel finden, vom Ambrosia („Himmelsmanna“) und himmlischen Wasser ewiger Schönheit und Güte trinken. Beide werden dann zu einem ewigen Quell der Unsterblichkeit der Seele werden, der dann nach dem Tod in den Himmel versetzt (Sternbild Pegasus). Bekannt ist auch das Urbild der Sehnsucht nach der „goldenen Zeit“, der „seligen Inseln“, der „himmlischen Stadt“ („Atlantis“, szs. das alte „paradise city“ Abrahams, des Paulus) welches im Mythos dargestellt wird usw.

      Um meine esoterischen Kenntnisse abzurunden. Ich hab mal gehört, dass man nicht nur Platon/Sokrates als christliche Seelen gedeutet hat, sondern sogar den römischen Staatsdichter Vergil. Vergil verherrlichte nämlich in seinen Werken auch die „goldene Zeit der Hirten“, das alte mythische friedliche, griechische Arkadien, in dem es kein Gesetz, weil kein Verbrechen gibt und in dem selbst die Löwen und die Schafe friedlich zusammenleben, die Schlange überwunden ist, alles ohne Landwirtschaft wächst usw. Ungefähr so wie die jüdischen Propheten und ihre „goldene Zeit des messianischen Hirten“. Zum Beispiel Jesaja 11: „Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten…“ usw. Und eben die Geburt eines derartigen Hirtenknaben des goldenen Zeitalters, der kein irdischer Herrscher ist, sondern den universalen Frieden unter den Menschen und Tieren verkünden und bringen wird, prophezeite Vergil in seiner 4. Ekloge merkwürdiger Weise ca. für das Jahr 40 v. Chr. Dies führte dann dazu, dass man Vergil im Mittelalter als christliche Seele, christlichen Propheten deutete: als den weisen Magier aus Neapel, der die Geburt Jesu in den Sternen gesehen hat…

    • Schöner glauben ! Herkules – Samson – Jesus: der Held Gottes in der Geschichte
      (Das war eine verrückt-esoterische Spekulation von mir, wie man antikes griech. Heldentum, biblisches Heldentum des AT und Jesus miteinander verknüpfen und auch voneinander abgrenzen kann. Vielleicht was interessant !? Frohe Weihnachten ! Ich reim´s mit Dino: Let it snow ! Löschen no pro !)

      Das antike Griechenland verehrte den edlen, göttlichen Helden. Bei Homer z.B. ist Achill trotz seines Jähzorns und des grausamen Krieges ein im Kern guter (gerechter), edler Held genauso wie sein tödlicher Rivale Hektor. Und die Tragik besteht gerade darin, dass in unserer gefallenen Welt diese edlen, stolzen, göttlichen Helden in einen sinnlosen tödlichen Kampf um ihre Ehre verstrickt werden. Diese Tragik des sinnlosen Krieges, der sinnlosen Feindschaft in unserer gefallenen Welt lässt sich auch im AT finden. Saul und David z.B. sind Helden Gottes, die gegeneinander um ihre Ehre kämpfen. Beide haben Charakterschwächen und laden Schuld auf sich, aber es ist klar, dass beide trotz ihrer menschlichen Schwächen von Gott als im Kern gute Helden – als Streiter Gottes – erwählt sind. Und so kann man vielleicht die Frage stellen, ob es nicht Ähnlichkeiten zwischen den göttlichen Helden des antiken Griechenland und den Helden Gottes des antiken Judentums gibt. Auf den ersten Blick denke ich da an den überirdisch starken, göttlichen Helden Herkules und den überirdisch starken Held Gottes Samson.
      Von Herkules, dem heldischen Glaubensvorbild der alten Griechen, galt ungefähr Folgendes als gesichert: Schon als Kleinkind schlummerte in ihm unterbewusst eine göttliche Stärke: So tötete er mit bloßen Händen eine Giftschlange als Zeichen, dass seine Stärke das Böse überwindet. In seiner Jugend stand er dann am Scheideweg: Wie sollte er seine Stärke einsetzen ? Er wählte dann den engen, beschwerlichen Weg der Tugend, nämlich in allem Tun das „göttlich Gute, Wahre und Schöne zu suchen und anzustreben“ (Vgl. Sokrates in Memorabilia 2,1 21-34 ). Folglich setzte er seine überirdische Stärke dazu ein, die Welt von bösartigen Ungeheuern zu befreien, wie z.B. von dem mörderischen Nemeischen Löwen, den er mit bloßen Händen erwürgte. Demütig bewältigte er alle gestellte Aufgaben, wobei er sogar einmal zum Sklaven erniedrigt wurde. Aber schließlich gewann er sogar die Äpfel der ewigen Jugend vom Lebensbaum im Paradiesgarten und mit göttlicher Stärke überwand er sogar den Höllenhund. So erlangte seine Seele in ihrem himmlischen Bestreben im Tod Unsterblichkeit. Der Tod wurde zu seinem größten Sieg: Herkules wurde in die ewige Seligkeit des Sternenhimmels versetzt (Sternbild Herkules). Wenn man nun meint, dass Herkules in allem ein Vorbild war, dann liegt man falsch. Er hatte menschliche Schwächen, verstrickte sich in Schuld, war jähzornig und hatte ein Schwäche für schöne Frauen usw. Aber er hatte laut den antiken Griechen ein himmlisches Bestreben nach dem Guten, Wahren, Schönen in sich, eine ewige Seele (Entelechie), die das Göttliche, Ewige immer strebend sucht und nach dem Tod wieder dahin zurückfindet.
      Ähnliches berichtet die Bibel auch vom Helden Gottes Samson: Er ist von Kindheit an ein erwählter Held Gottes, der mit seiner überirdischen göttlichen Stärke ohne weiteres einen mörderisch bösartigen Löwen erwürgt. Und diese übermenschliche Stärke nützt er, um Israel vor den, den einen Schöpfergott verhöhnenden, andere Völker versklavenden Philistern zu beschützen. Doch dabei ist er nicht immer mustergültig; er neigt zum Jähzorn und hat eine Schwäche für schöne Frauen, die ihn dann hintergehen und seine guten Ziele – die Ziele Gottes – gefährden. Durch seinen Leichtsinn endet er dann als geblendeter, erniedrigter Sklave der an Götzen glaubenden Philister. Aber am Ende aber erinnert er sich seines Glaubens und seines Vertrauens auf den einen höchsten, gütigen Gott. Sein kurzes Sklavenhaar ist wieder etwas gewachsen und er bittet Gott um Beistand und Kraft gegen den Götzenglauben und um Erlösung von Sklaverei. Und Gott erhört sein Gebet und schenkt dem unsterblichen Helden Gottes im Tod den größten Sieg: den Einsturz des Götzen-Tempels.

      Vielleicht wird aus dem Gesagten deutlich, dass es sich bei einem antik griechischen Helden wie Herkules und einem antik jüdischen Helden wie Samson nicht um einen perfekten Kämpfer für das Gute a la dem modernen Hollywood, um ein modernes „Scharz/Weiß-role model“, handelt, sondern um antike Heroen mit einem tragischen, schuldvollem Schicksal, in denen aber eine göttliche Kraft, eine zum Göttlichen, Wahren, Guten strebende heroische Glaubens-stärke ist, die letztendlich alles Irdische überwindet und die in die Seligkeit führt. Samson hätte fast seinen Auftrag, Israel von der Knechtschaft der Philister zu erlösen im verliebten Leichtsinn verraten, besann sich aber im letzten Moment auf seine Stärke im Glauben und blieb so letztendlich siegreich. Im Gegensatz zum antik-griechischen, tragischen Friedenshelden Orpheus, der mit seinem überirdischen Friedens-Liebes-Gesang den Höllenhund einschläferte, aber dann für einen kurzen Moment im Glauben zweifelte, sich umblickte und so seine Frau wieder verlor.

      Mit Jesus geht nun dieses Zeitalter der heroischen Antike, der übermenschlichen, ewigen, mythischen Helden zu Ende. Die göttliche Gnade wird im NT nun vollkommen normaler Mensch, mischt sich in das Elend der Welt, um sie zu erlösen. Die mythischen Helden der Vorzeit wie Herkules, Orpheus, Samson können von da an nur noch als Präfigurationen der Messias-Figur, der Fleisch gewordenen Liebe/Gnade Gottes, verstanden werden. Und so kann man z.B. in Samson eine direkte Präfiguration Jesu sehen. Wie bei Jesus verkündigt ein Engel bei Samson der unfruchtbaren Mutter die überirdische Gnaden-Geburt: „Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären…“ (Ri 13,5f.). Und wie Jesus wird er als „Retter und Erlöser Israels“ verkündet. Von Jugend an ist er wie Jesus ein vom „Geist des Herrn getriebener“ (z.B. Ri 13, 25). Und mit dem Geist und der Stärke des Herrn, dem „Schild des Glaubens“ (Eph 6) kann er dem Teuflischen, dem Bösen widerstehen: dem mörderischen Löwen – „dem Widersacher, dem Teufel, der wie ein brüllender Löwe umhergeht“ (1Petr. 5,8). Er kämpft also mit seiner göttlichen Stärke wie Jesus nicht mit Fleisch und Blut, sondern gegen übergeordnete Mächte des Bösen in der Welt (Vgl. Eph 6). Und zwar gegen die Welt des Unglaubens, gegen die Philister, die nicht an den einen Schöpfergott aller Menschen glauben, sondern an den steinernen Götzen-Gott ihres eigenen Volkes, der es ihnen erlaubt andere Völker auszurauben und zu versklaven. Und so ist Samson in seinem Glauben ein Befreier vom Joch der Sklaverei, ganz so wie Jesus im NT dann als Befreier vom Joch der Knechtschaft durch das steinerne, tote Gesetz gefeiert wird – durch seinen Glauben an Gottes lebendigen Willen zur Gnade für alle Menschen. Hier zeigt sich dann eine weitere Parallele zwischen Samson und Jesus: der vermeintliche Verrat, die vermeintliche Niederlage und Versklavung, ist nur ein Schritt in Gottes Plan zum Sieg. Ohne seine Niederlage, Versklavung und Verspottung wäre Samson niemals in den Haupttempel der Philister gelangt: Hier erst konnte er Gottes Plan erfüllen. Der Verspottete streckte seine mächtigen Arme in Kreuzeshaltung zwischen den Säulen weit aus und brachte so mit seinem Tod den Tempel der Feinde Gottes zum Einsturz. Ganz so, wie Jesus es dann auch für seinen Kreuzestod prophezeit hat usw.

  11. Konsequente Gnade: Das Reich Gottes in der Kunst
    (sind wieder einige Spekulationen von mir über die Gnadenbotschaft in der Kunst; vielleicht was Interessantes dabei !? Löschen no pro ! Ich muss mal nen Italienurlaub machen…)

    Correggio: Madonna des Heiligen Franziskus (Dresden). Triumph der Madonna, Triumph der Gnade: Die sanfte Madonna thront mit dem segnenden Jesuskind auf einem Golddeckel, der von zwei Engeln getragen wird. Unter dem Deckel befindet sich ein kleines Bildnis des zornigen Mose mit den Gebotstafeln. Correggio erinnert hier offensichtlich an den Gnadenstuhl der Bundeslade, unter deren Deckel die 10 Gebote verborgen waren. Die angebetete Maria mit dem Kind – Symbol für die Gnade Gottes – thront triumphierend im hellen Gnadenlicht über die im Dunkeln verborgenen 10 Gebote und wird von den Gnadenengeln getragen: Nicht mehr das Gesetz regiert, sondern die Gnade Gottes. Correggio: Madonna di Girolamo (Parma). Das Gemälde ist berühmt dafür, dass es die besonders innige Beziehung der Maria Magdalena mit Jesus symbolisch verdeutlicht. Maria Magdalena, die 1. Schülerin, die Jesus immer zu Füssen saß, ist weit vertraulicher im Umgang mit dem Jesuskind als der dargestellte etwas düstere Heilige: Sie ist im Begriff dem nackten Jesuskind, die Füße zu küssen, dieses spielt zärtlich-vertraulich mit ihren Locken. Dies spielt wohl auf die Jesus liebende und die Füsse küssende Sünderin in Lk 7 an, in der man die Magdalena erkannte und verdeutlicht den Umstand, dass die Magdalena, wie sich am Kreuz zeigte, praktisch zur Familie gehörte. Am rechten Bildrand riecht ein Engel himmlisch verträumt an einem Salbgefäß: das Attribut der Magdalena, die Jesus damit zum König der Sünder, König Israels und im Tod salbte.

    Carracci: Die heiligen Frauen am Grab Jesu (Petersburg). Wie z.B. in Mat 28 zeigt der Engel auf das leere Grab und verkündet die Auferstehung. Von unglaublicher Ehrfurcht und Freude erfasst eilen die Frauen zu den Jüngern um die frohe Botschaft der Gnade zu verkünden (auf dem Weg wird ihnen sogar Jesus noch begegnen). Das Bild ist so gemalt, dass die Frauen in ihrer heiligen Erschütterung auf uns – auf den Bildbetrachter – zulaufen. Werden wir ihrer Botschaft glauben, oder werden wir wie die Jünger damals alles als Geschwätz ablehnen !? Carracci: „Jesus und die kanaanäische Frau“, die Frau aus dem verfluchten Volk (nach Mat 15). Jesus scheint gerade im Begriff gewesen zu sein, an der demütig bittenden, heidnischen Frau vorbeizugehen. Doch da erkennt er ihren Glauben und segnet sie, obwohl die jüdisch-religiösen Jünger grimmig blicken und in Unverständnis die Hände heben: „Frau groß ist dein Glaube !“ Sie glaubt offensichtlich an die wirksame Gnade Gottes jenseits aller Religion. Das Bild ist so gemalt, dass wir als Betrachter auf Jesus aus der Position der Frau blicken. Werden wir, wie die vorbildliche Frau jenseits aller Religion und Fluch zwischen den Völkern Jesus auch nicht vorbeigehen lassen !? Werden wir unseren religiösen und nationalen Stolz überwinden !?

    Antoni Gaudi: Sagrada Familia (Barcelona) Durch drei Portale mit den Namen „Glaube“, „Hoffnung“ und „Liebe“ kann man in das heilige Innere der Kirche gelangen. Die Liebe ist das größte unter ihnen, der Haupteingang in der Mitte. In dessen Mitte rankt sich u.a. die Wurzel Jesse an einer Säule in Höhe und endet oben in der Fassade in einer immergrünen Zypresse, dem Baum des Lebens in dem überirdisch rein, weiße Tauben wohnen. Wenn man nun das Innere betritt ist man erstaunt: Man meint in einen immergrünen Regenwald einzutreten: Steinerne Bäume tragen das Gewölbe und Regenbogenlicht schimmert durch den Raum. Was wollte Gaudi damit symbolisieren: den Eintritt in das Innere der Kirche als Eingang in die Natur ?! Dies erinnert irgendwie an die biblische Symbolik der Hoheliedes: wahre, erlösende lebendige Liebe führt zurück in den ewigen, reinen Tempel der Natur, zum paradiesischen Leben in Harmonie mit dem ewigen, rein natürlich Lebendigen.

    Pablo Picasso: Guernica – apokalyptische Zerstörung der Gnade. Das Gemälde erinnert in seiner Komposition an mittelalterliche Triptychen der Kreuzigung. Doch damals galt das dargestellte, von den Frauen beweinte Leiden Jesu im Kern als Symbol der Gnade Gottes. Picasso schafft nun eine andere, moderne apokalyptische Ikonographie: Verzweifelte Frauen betrachten unter dem Auge der Vorsehung das Sterben und Leiden eines Pferdes mit einer großen Lanzen-Wunde in seiner Seite. Am linken Bildrand triumphiert die rohe Stärke eines schwarzen Stieres über die moderne Pieta: eine Mutter schreit ihr Leid über ihren zerbombten Sohn in den schwarzen Himmel. Die Zerstörung der Gnade scheint in dunkler Selbstzerstörung aller zu enden…

  12. Das Reich Gottes in der Kunst: die alten Griechen
    (Versuch von mir, wo man vielleicht Übereinstimmungen der alten Griechen mit dem Christentum finden kann… Vielleicht was interessant ? Löschen no pro !)

    Wenn man den antiken astronomischen Tierkreis und die damit verbundenen Sternbilder betrach-tet, stellt man fest, dass die alten Griechen sich ihre Helden in die ewige himmlische Seligkeit versetzt träumten. Herkules z.B., der versuchte, so gut es ging, dem Weg der Tugend zu folgen, wird dann nach schweren Prüfungen, bei denen er oftmals unter dem Zorn der Götter stand, in den ewigen Frieden des Himmels aufgenommen (Sternbild Herkules im Sternzeichen Skorpion). Bekannt ist auch das Sternzeichen Zwillinge: es beinhaltet zwei strahlende Sterne namens Castor und Pollux, die himmlisch verherrlichten, unzertrennlichen Zwillinge und Rossebändiger. Sie wurden als Söhne Gottes verehrt – als „Dioskuren“ (vgl die Wortwurzel „zeus“, „theos“, „deus“) Sie standen dafür, dass die himmlische Liebe den Tod überwindet und in die Seligkeit des Himmels, zum himmlischen Vater, führt: Pollux war himmlischen, unsterblichen Ursprungs, aber wollte lieber mit seinem irdischen, sterblichen Zwillingsbruder in das schreckliche Todesreich gehen, als von ihm getrennt zu sein. Gerührt über diese brüderliche Liebe versetzte der Göttervater dann beide in den seligen Himmel. Und so verehrt die Kunst der alten Griechen zentral den himmlischen Helden, der vom obersten Gott, dem „Vater der Götter und Menschen“ (z.B. Ilias 4,68) vom irdischen Zorn erlöst im Himmel aufgenommen wird. Man dachte sich die Zeit des Menschen hier auf Erden wohl als Phase der heldischen Prüfung durch Gott. Der heldische Mensch, der an das ewige himmlisch Gute, Wahre glaubt, wird in der grausamen, kriegerischen, zornigen, gefallenen Welt geprüft und geläutert, um dann in den silbernen, ewigen Sternenglanz des friedlichen Himmels einzugehen. Dies ist eine Vorstellung, die sich auch im AT über die Sternensöhne Israels finden lässt, z.B. Ps 30: Nur irdisch, vergänglich kurz ist der Zorn des ewig lebendigen, himmlischen Vaters, „sein Zorn währet einen Augenblick und lebenslang seine Gnade…“; oder Ps 66 über Gott, den Vater, „der der unsre Seelen am Leben erhält (…) Denn, Gott, du hast uns geprüft und geläutert, wie das Silber geläutert wird…“ usw.
    Und so zeigen die Heldenepen des alten Griechenland, z.B. die des Homer, im Kern edle, in den Augen des Göttervaters der himmlischen Ewigkeit und des himmlischen, elysischen Friedens würdige, große, heldische, unsterbliche Seelen. Und das selbst, wenn sie in unserer gefallenen, zornigen Welt sündig verstrickt gegeneinander kämpfen müssen, ganz so wie die Helden des jüdischen AT (vgl. z.B. David, Saul). Daran knüpfen dann auch später die christlichen Heldenepen an: Berühmt ist z.B. Tassos „Befreites Jerusalem“, das analog zum Kampf um Troja gedichtet ist: Moslems und Christen kämpfen grausam zornig um das verehrte Jerusalem; aber auf beiden Seiten befinden sich edle, auf Gott vertrauende, ritterliche, heldische Seelen usw. Vielleicht wird aus dem Gesagten deutlich, dass man durchaus Ähnlichkeiten zwischen der religiösen Bildsprache der alten Griechen und der des Judentums sehen kann. Hier einige Beispiele, wie man vielleicht antike griechische Kunstwerke so deuten kann, dass sie auch im christlichen Kontext eine Bedeutung entfalten.

    Laokoon und seine Söhne/Kinder (Vatikanische Museen, Rom)
    Dieses weltberühmte antike griechische Meisterwerk wird allgemein kunstgeschichtlich so gedeutet, dass es eine spezielle Begebenheit aus dem Trojanischen Krieg zeigt. Aber wenn man davon absieht und nach der allgemeinen Bedeutung dieses Kunstwerks fragt, stellt man fest, dass es eigentlich einen titanisch-überirdischen Kampf zwischen Gut und Böse eindrücklich verdeutlicht: Ein Vater und seine Söhne versuchen sich aus der Umklammerung einer überirdisch starken Teufels-Schlange zu befreien. Die Söhne können sich nicht aus eigener Kraft aus der Verstrickung in die Teufels-Schlange lösen und blicken hinauf zum rettenden Vater, der seine überirdische Stärke einsetzt, damit sie frei werden. Die Schlange beißt den Vater und verspritzt ihr tödliches Gift; der Vater setzt sich also dem Tod aus, um seine Söhne vom Bösen zu befreien… Was zur rätselhaften Faszination dieses Kunstwerks beiträgt ist, dass der antike Künstler, ein Meister der menschlichen Anatomie, die jungen Söhne anatomisch nicht als Kinder gebildet hat, sondern die Söhne/Kinder als kleinere Erwachsene. Was könnte das bedeuten… !?
    Sind wir nicht als Menschen, selbst wenn wir erwachsen sind, im Kern nicht hilflose Kinder, die auf den himmlischen Vater hoffen müssen, der uns vom Bösen erlöst !?

    Niobe und ihre Tochter/Kind (Uffizien, Florenz)
    Die kleine Tochter der Niobe sucht bei ihrer Mutter Schutz vor dem göttlichen Zorn-Gericht Apollos, der mit seinen himmlischen Pfeilen die hochmütigen Menschen dem Tod anheimgibt. Hier ist der genaue weitere Wortlaut der Sage nicht nötig; es zählt nur der Augenblick, den der Künstler festgehaltem hat: ein schwaches, hilfloses Kind, das sich blind der Gnade und dem Schutz einer überirdisch starken Mutter anvertraut, um dem göttlichen Gericht zu entgehen. Mit ihren mächtigen Armen schützt und birgt die Mutter unter Einsatz ihres Lebens das Kind vor den himmlischen Strafpfeilen und deckt es mit ihrem Umhang. Das erinnert irgendwie an die mittelalterlichen christlichen Schutzmantelmadonnen: Die Glaubenden fliehen wie kleine, Schutz suchende Kinder unter die Gnade Marias. Und auch hier: Zur rätselhaften Faszination dieses Meis-terwerks trägt bei, dass der antike Künstler, ein Meister der menschlichen Anatomie, die junge Tochter nicht als junges Kind gebildet hat, sondern als kleineren Erwachsenen.
    Sind wir Menschen, selbst wenn wir erwachsen sind, im Kern nicht hilflose Kinder, die sich dem Schutz einer überirdischen mütterlichen Gnade blind anvertrauen müssen !? usw.

    Kentauromachie vom Parthenon, Athen
    Nach allem, was man weiß, stellt der dargestellte Kampf der edlen, heldischen Lapithen mit den Pferdemenschen nach den alten Griechen den Grundkonflikt der Menschheit dar: den Kampf der Zivilisation mit der Barbarei. Die Lapithen haben wie Herkules am Scheideweg den beschwerlichen, heldischen Weg der Tugend gewählt, in allem Tun das überirdisch Gute, Wahre, Göttliche anzustreben. Die Kentauren, die Pferdemenschen haben barbarisch nicht diesen Weg gewählt. Sie setzen im Verborgenen auf tierische, rohe Stärke und suchen rücksichtslos ihren eigenen Vorteil; sie kennen keine ewigen, himmlisch-göttlichen Werte, denen sie treu bleiben. Sie sind ein untreues „ehebrecherisches Geschlecht“, um Worte der Bibel zu gebrauchen und achten, wenn es ihnen nützt, die heilige Gastfreundschaft nicht und scheuen auch nicht davor, die Ehefrau des Gast-freunds anzugehen. So geschehen bei der Hochzeit des Königs der Lapithen, als die Trunkenheit im Wein den wahren Charakter der im Herzen zügellosen, eigensüchtigen Kentauren offenlegte. Schließlich siegen dann die Lapithen, also die menschliche Zivilisation über die Barbarei, nicht zuletzt durch die Hilfe von Herkules, der später in diesen titanischen Kampf eingreift. Hier, in der Kentauromachie wird ein Bild zentral aufgegriffen, das auch so in der Bibel vorkommt. Durch den Glauben, die Bindung, an höhere göttliche, edle, ideale Werte, hebt sich der Mensch über die tierische Zügellosigkeit, er legt sich selbst Zügel an, die sein Verhalten zivilisieren. „Seid nicht wie Rosse und Maultiere, die ohne Verstand sind, denen man Zaum und Gebiss anlegen muss…“ (Ps 32,9ff.) Der Mensch muss sich freiwillig an ewige Werte binden: HERR, wer darf Gast sein in deinem Zelt, der makellos lebt und das Rechte tut, der von Herzen die Wahrheit sagt, der mit seiner Zunge nicht verleumdet hat, der seinem Nächsten nichts Böses tat…“ (z.B. Ps 15) Dies ist das Kennzeichen der Zivilisation: der Mensch bändigt seine tierische Natur, indem er sich im Herzen an das ewige Wahre, Gute, Schöne und Göttliche bindet. So wird er von einem Ross, das man zügeln muss, zu einem Rossebändiger, einem kultivierten Menschen, der die Welt nach ewigen, moralischen Idealen ordnet.

    Wie hatte Jesus in der Bergpredigt gesagt !? „Sammelt euch einen Schatz im Himmel !“; „Trachtet nach dem Himmelreich und dessen absoluter, idealischer Güte, Schönheit und Wahrheit die über Gut und Böse waltet !“, „Da, wo euer Schatz ist, da wird euer Herz sein…“ usw. Ähnliches vermittelte auch der Grieche Sokrates: „Lenke dein geflügeltes Seelenpferd, deinen Pegasus, zum Ort im Himmel, wo der Göttervater waltet und lasse es von der ewigen Wahrheit, Schönheit und Güte der himmlischen Ideen trinken. Dann wird es dich, deine Seele, nach dem Tod dorthin, in seine wahre Heimat, zurückbringen“ (Vgl. z.B. Phaidros 246-250) usw.

  13. Die Gnadenbotschaft Jesu in Altgriechisch: Gibt es verborgene Zusammenhänge zwischen dem Denken der alten Griechen und anderer Kulturen mit dem NT !? Einige Spekulationen für Bil-dungsfreaks…
    (Keine Ahnung, ob das alles stimmt !Ist jedenfalls nach dem Motto „schöner glauben“: „Lose all time / Love your mind / And free your soul…“ Löschen no pro !)

    Wenn man sich mit der griechischen Sprache des NT etwas beschäftigt, wird schnell klar, dass zahl-reiche Begriffe gebraucht werden, die zuvor eigentlich bei den griechischen Denkern geprägt wur-den. Hier stellt sich die Frage, wie man jene übersetzen soll: Nach der grundlegenden altgriechi-schen Bedeutung, oder angelehnt an eine ähnliche Bedeutung im AT !? Bekannt ist z.B. die Diskus-sion um den Begriff „logos“, der in Joh 1 zentral die Stellung Jesu bezeichnet. Allgemein übersetzt man ihn in der Tradition des AT als das „Wort Gottes“. Also: „Und das Wort (= „logos“) wurde Fleisch…“ Hier zeigt sich die jüdische Tradition: das Befehlswort Gottes, des Schöpfers, der gesetz-gebende Wille Gottes, wurde in Jesus Fleisch. Gott wurde Mensch, um sein Vorbild, sein Wollen eindeutig, direkt zu zeigen. Wenn man aber eine Bedeutung nach dem philosophischen Denken der alten Griechen zugrunde legt, dann müsste man „logos“ eher mit „Sinn“ oder „geistigen Zweck/Ziel“ übersetzen. Dann wäre mit Jesus also vor allem der verborgene Sinn der Schöpfung – der Sohn des himmlischen Vaters – im Fleisch deutlich geworden: der Mensch, der „Menschensohn“, als eingeborener geistiger, freier, friedlicher Sohn Gottes usw.

    Auch der besondere griechische Begriff „aeon“ wird in der Theologie diskutiert: Wo soll man ihn im NT als „Ewigkeit“ oder „Zeitlalter“ verstehen ? Denn hier wird ein Begriff eingeführt, der im griechischen Denken eine besondere Rolle spielt. Die alten Griechen gingen nämlich von unter-schiedlichen Zeitaltern – „aeonen“ – der Welt aus, in denen der oberste, im Kern väterlich gütige Gott unter einem jeweils unterschiedlichen Aspekt in der Welt wirkt und sich offenbart. Folgendes galt dabei allgemein als gesichert (Vgl. z.B. Hesiod, Werke und Tage): Im ursprünglichen „goldenen Zeitalter“ war Gott allgütig-väterlich mit den Menschen vereint; die Erde war ein friedliches Paradies und der Mensch lebte ohne richtendes Gesetz in vollkommener Harmonie selig mit sich und der Welt. Doch dann kamen die Zeitalter des moralisch-geistigen Verfalls, der Abkehr von der Güte Gottes, vom silbernen zum heroisch-heldischen (z.B. Helden Trojas) bis hin zum Eisernen Zeitalter – dem eisernen Geschlecht der Menschen: etwa die Antike um Christi Geburt bis auf unsere heutige Zeit, in der Krieg und das Recht des Stärkeren dominieren und das Gastrecht kaum mehr etwas gilt. Indem nun das NT diesen griechischen Begriff „aeon“ gebraucht, verknüpft es die Philosophie der Griechen mit dem Denken der Juden, wie z.B. des Propheten Daniel. Dieser war ja auch von ver-schiedenen, ungezügelt-tierischen Zeiten und Reichen ausgegangen, in denen sich die Menschen in Hybris immer mehr von der Güte Gottes, seiner Herrschaft, abkehren und der Unmenschlichkeit zuwenden. Aber am Ende, so die Hoffnung Daniels, werde die Herrschaft des Himmelreichs und des „Menschensohnes“ als Sinn und Ziel der Schöpfung stehen. Gott, der himmlische Vater, wird den wahren Frieden des Himmelreiches und die wahre Menschlichkeit – den Menschen als seinen Sohn und als friedlichen Hirten und König der Schöpfung – wiederbringen (Vgl. Dan 7). Ähnliches dachten auch die Griechen (Hesiod u.a.): Den Reichen der zunehmenden menschlichen Hybris wird am Ende das „Reich der Gerechtigkeit“ folgen, eine neues „goldenes Zeitalter“, in der die auf göttlichen Frieden und Gerechtigkeit demütig hoffenden Menschen von Gott für ihren Glauben belohnt werden (vgl. Werke u. Tage Z. 213-285). Die Römer (z.B. Ovid) folgten zum Teil in diesem Denken den Griechen und nannten das verheißene neue, „goldene Zeitalter“ das Zeitalter des väterlich-friedlichen Saturnus: die oberste unsichtbare väterliche Göttlichkeit wird den wahren Frieden bringen und das „aeon“ des Jupiter ablösen. Berühmt ist z.B. Vergils, des römischen Staatsdichters, 4. Ekloge (4. Hirtenlied): Wie die Sibyllen es voraussagten – eine Jungfrau wird den friedlichen arkadischen Hirtensohn, den Sohn des Saturnus, zur Welt bringen und aus den „himmlischen Hö-hen“ wird dann ein neues „goldenes Geschlecht der Menschen“ geboren werden (Z. 5-10). Die Welt wird wieder selig mit sich und dem Göttervater vereint, in einem paradiesischen Land von Milch und Honig, mit himmlischen Wein ohne Dornenpflanzen friedlich leben (Z. 28-30) usw. Das ist im Prinzip die gleiche universale Friedenshoffnung, die auch das Judentum messianisch verkündete: Gott der unsichtbare Schöpfer und Vater der Menschen hat im Kern ein gnädiges, friedliches Herz und wird von sich aus das unfriedliche, sündige Herz und sündige Blut der Menschen überwinden und ein neues friedliches Geschlecht und Zeitalter der Menschen/Gottessöhne – als Sinn und Ziel seiner Schöpfung – schaffen. Dieser Geist, aus dem das neue, messianische Geschlecht der Menschen geboren wird, wird im AT z.B. im wohl berühmtesten Lied, dem „song of songs“, gedichtet und offenbart: Es beschwört das freie paradiesische Liebespaar, die Hirtin und den Hirten in den paradiesischen Weingärten des himmlischen Jerusalem. Der König und die Königin der Liebe leben in friedlicher Einheit mit der Natur – in „Milch und Honig“ einer überirdisch starken Liebe, frei von Sünde, Unreinheit und Scham: als neuer Adam und neue Eva wie vor dem Sündenfall. Keine noch so schreckliche, erdzerstörende Flut kann ihre ewige, heilige Liebe auslöschen: ihr Geist ist die ewi-ge „Flamme Gottes“ (HL 8,7) usw.

    Und so entwickelte man in der Frühzeit der Kirche den Glauben, dass in allen Kulturen der Welt, eben wie bei den alten Griechen, verborgen Propheten dieser „Goldenen Zeit“ existieren – ja nach Gottes Willen existieren müssen: Propheten des Menschen als des Sohnes des ewig seligen, höchsten Göttervaters, der den Menschen in seinem ursprünglichen Willen als friedlichen, sündfreien Hirten und König der Schöpfung geschaffen hat. Da waren nicht nur die allgemein bekannten heidnischen Weisen und Könige des Morgenlands, die auf die Geburt Jesu, des messianischen Friedenskönigs, gehofft hatten. Sondern man stellte u.a. oft in der mittelalterlichen Kunst den männlichen Propheten des AT weibliche Propheten, sog. „Sibyllen“ anderer Kulturen gegenüber, die die friedliche, sündfreie, goldene Zeit prophezeit hatten: die Herrschaft des Menschensohnes als seligen Hirten der Schöpfung. Bekannt sind hier z.B. die Darstellungen der 10 prophetischen Sibyllen von den Meistern des Doms zu Siena: Hier findet sich z.B. die griechische, „pythische“ Sibylle von Delphi unter Anspielung auf das bekannte: „Gnothi seauton“ = Erkenne dich selbst ! Erkenne den Sohn Gottes in dir ! usw. Am berühmtesten sind dann wohl die Sibyllen Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle des Vatikan: Da findet sich u.a. die uralte persische Sibylle, die für die Hoffnung der alten Perser auf den Sieg des höchsten Gottes und seines himmlischen Friedens steht. Im Vergleich zu ihr ist sogar die delphische Sibylle der Griechen jung. Hier, in der Papstkapelle, findet sich auch Michelangelos gewaltige Sibylle von Cumae, deren Prophezeiungen Engelsknaben lesen. Sie steht vor allem für Vergils 4 Ekloge: Der Hirtenknabe wird einst im Frieden des Vaters im göttlich geschenkten göttlichen Leben und getilgter Schuld als friedlicher König die Schöpfung regieren… (Z. 11-19) Man darf auch Raphael nicht vergessen, der in Rom in Santa Maria della Pace die heidnischen Sibyllen (z.B. die kleinasiatisch-phrygische, die römisch-tiburtinische) malte, wie sie von Engeln ihre Prophezeiungen von der „goldenen Zeit“ und dem „Friedenskönig“ bekommen. Offensichtlich war also der Glaube verbreitet, dass Gott ursprünglich immer schon in den Herzen der Menschen aller Völker – seinen Geschöpfen – wohnt und über ihnen im Himmel in seinem Sternen-Antlitz thront. Überall haben ihn die Menschen schon immer prophetisch erkannt und seine Güte, seinen Willen zur „goldenen Zeit“, verkündet. Ganz so, wie es viele Psalmen besingen: Gottes himmlisches Angesicht bezeugt überall auf der Welt seinen Willen zur Gnade, zum Segen: „Er lasse uns sein Antlitz leuchten / dass man auf Erden erkenne deinen Weg / unter allen Heiden dein Heil. / Es danken dir, Gott die Völker… (Ps 67 z.B.) Und hatte nicht z.B. Paulus in Philippi die heidnische Sklavin mit dem prophetischen Geist der delphischen Pythia getroffen, die sofort, nachdem sie Paulus sah, für alle gefährlich öffentlich laut verkündete: „Diese Menschen sind Knechte des höchsten Gottes; sie verkünden euch den Weg des Heils“ !? (Apg 16,17) usw.
    Also, zusammengefasst: Eine frohe („christliche“) Botschaft, wie die der Auferstehung des friedli-chen, guten Hirten Jesu als ewiger Gottessohn und König der Schöpfung, kann nur eine frohe Bot-schaft sein, weil eben schon vorher in allen Kulturen, allen Völkern der Welt, die Hoffnung auf eine „goldene Zeit“ auf den Menschen als Gottes sündfreien, paradiesischen, friedlichen Hirten und ewigen König der Schöpfung immer schon vorhanden ist. Ganz so, wie man sie eben auch im Sinne der „prisca theologia“ Ficinos bei den die klassischen antiken Autoren Europas wie Hesiod, Platon, Vergil und Ovid finden kann…

    In dieser Rede von der Wahrheit Gottes, die nach der Bibel immer schon bei allen Völkern vorhan-den ist, scheint auch das griechische Wort interessant, welches das NT für Wahrheit gebraucht: „al-etheia“ = „Unverborgenheit“. Hier zeigt sich ,wie es z.B. in der Moderne Heidegger in Nachfolge zu Hölderlin philosophisch deutete, das besondere poetische Wahrheitsverständnis der antiken Grie-chen: Wahr ist für sie nicht nur die von Menschen direkt erkennbare, einzeln messbare Reali-tät/Dinglichkeit, wie für die moderne Wissenschaft. Sondern Wahrheit ist vor allem „geistige Un-verborgenheit“: Ideen, Schönheiten, die der menschliche Geist erkennt, haben sogar einen höheren Wahrheitsgehalt als bloße Realität/Dinglichkeit. Höchste poetische Schönheit, höchste Tugend, höchste Güte gelten als höchste göttliche Wahrheit. So kann z.B. in einem Kunstwerk, in einer Dichtung, eine höhere geistige, ja sogar göttliche Wahrheit in die Unverborgenheit treten, als direkt in der Realität sichtbar wird. In einer harmonisch schönen Statue des Poseidon z.B., als uralter bär-tiger Greis, aber mit ewig jugendlichen überirdisch starken Muskeln, kann die geistige Wahrheit, die Idee, die Göttlichkeit des Meeres in die Unverborgenheit gelangen. Im Gesang und den Hymnen des Orpheus kann der himmlische Geist des arkadisch-friedlichen Hirten, der den Tod überwindet und sogar die wilden Tiere bezähmt, unverborgen sein – seine Wahrheit zeigen (verherrlicht im Sternbild Leier) usw. Dieses poetisch-künstlerische, geistige Wahrheitsverständnis der alten Griechen, scheint auf den ersten Blick in krassem Gegensatz zum Glauben des buchstabentreuen offiziellen Tempel-Judentums und auch des NT. Aber wenn man genauer nachdenkt, finden sich Über-einstimmungen: Paulus und Jesus betonen doch, dass die Wahrheit Gottes nicht im Buchstaben und einzelnem Wort der Bibel zu finden ist, sondern in ihrem Geist. Wenn ich den „song of songs“ – das Lied vom königlichen Hirtenpaar der Liebe – in seinem Buchstaben und einzelnen Worten mit anderen biblischen Texten vergleiche und analysiere, töte ich den poetischen Geist, der hier in die Unverborgenheit tritt. Auch, wenn ich nach der Realität des Liedes frage: Es zeigt sich nur ein reales Liebespaar vor der real schönen Natur in Jerusalem. Erst wenn ich mich für den nicht direkt nennbaren, unsichtbaren Geist des Liedes öffne, erschließt sich die höhere, poetische, spirituelle Wahrheit und Schönheit: die messianische Friedenhoffnung Israels von der Rückkehr des königlichen Menschen in das Paradies der himmlischen Liebe, von der Einkehr in die himmlische Natur Gottes usw.
    Wenn man sich nun vorstellt, dass der „song of songs“ und viele Lieder des AT von berühmten jüdischen Musikern und Sängern vorgetragen wurden, wie z.B. von König David, dann kann man hier durchaus Übereinstimmungen zwischen der von den alten Griechen verherrlichten göttlichen Leier des Hirten Orpheus und der von den alten Juden verehrten Leier der Hirten Davids finden: „THE Harp the Monarch Minstrel swept / ⁠⁠The King of men, the loved of Heaven…“ (Byron, Hebrew Melodies) usw.

    Interessant ist nun, die alte griechische Bedeutung von Wahrheit als geistige, poetische „Unverbor-genheit“ für Jesus zu gebrauchen, der ja im NT als die „Wahrheit“ („aletheia“, griech. = „Unverbor-genheit“) Gottes bezeichnet wird: Dann ist Jesus nicht mehr so sehr die sichtbare, eins zu eins reale Wahrheit Gottes – der Schöpfer-Gott wandelnd auf Erden. Sondern in Jesus war die geistige Wahr-heit und Schönheit Gottes, dessen „Güte und Treue“, (vgl. Joh 1) für alle unverborgen. Wenn Jesus also sagt: „Ich bin die Wahrheit („aletheia“) Gottes, der Weg und das Leben…“, dann heißt das wohl nicht so sehr, dass Jesus wahrhaftig, real eins zu eins, in Person Gott war und der einzige religiöse Weg zum ewigen Leben ist, wie viele Theologen es deuten. Sondern nach antik griechischem Denken und Wortbedeutung meinte er wohl eher damit, dass in seinem Lebensweg und Glauben die Wahrheit, Treue, Gnade und Rettung Gottes vollkommen unverborgen, für alle geistig deutlich geworden sind: Gott hat sich in seiner Wahrheit und Schönheit in Jesus – in seinem geistigen Sohn – und auch in dessen Lebensweg unverborgen gezeigt. Der Vater, der im Verborgenen, Unsichtbaren anwesend ist (Vgl. z.B. Mat 6,6), hat sich in seinem Geist im ihm eingeborenen geistigen Sohn für alle offenbart. In Jesus dem guten, friedlichen, paradiesischen Hirten der Schöpfung hat sich also der „logos“, der Sinn und das Ziel, der Schöpfung Gottes, des Vaters, unverborgen ausgesprochen. Und jeder Mensch hat die Macht, den lebendigen, allgütigen, allein gerechten Gott, den himmlischen Vater, geistig für sich anzunehmen und so auch zu einem Sohn Gottes mit ewigen Leben wie Jesus zu werden – also selbst zum Sinn und Ziel (logos) der Schöpfung des Vaters zu werden, zum friedlichen Hirten der goldenen Zeit und König der Schöpfung usw.

    Vielleicht ist deutlich geworden, dass man durchaus Übereinstimmungen zwischen der, in der grie-chisch-römischen Antike allgemein erhofften „goldenen Zeit“, dem neuen aus dem Himmel gebo-renen „goldenen Geschlecht“ der Menschen- als paradiesische, gute, friedlichen Hirten – und der Hoffnung und Botschaft des Judentums und Jesus finden kann. Und dies scheint bei flüchtigem Blick nicht die einzige Übereinstimmung !?
    Kreist z.B. die Philosophie des Sokrates und seiner Freunde doch um den Gedanken, dass die ewige Seele des Menschen die himmlische Liebe anstreben muss (z.B. Symposium) !? Sollte die Seele nicht als himmlisches Kind, als geflügelter Eros, neu geboren werden: als unschuldiger Sohn der himmlischen Liebe, der Aphrodite Urania !? Sollte die Seele des Menschen, als geflügeltes Eros-Himmels-Engels-Kind, sich nicht in der gnädigen Liebe der himmlischen Aphrodite zum Himmelsvater erheben, um dann dort zu wohnen !? usw. Vielleicht ein andermal davon mehr…

    • Eine weitere verrückte Spekulation zur möglichen altgriechischen Bedeutung wichtiger Begriffe im NT. auch, wenn ich dann bei der homerischen Frage lande, wen laut Ilias der ewig selige Götttervater mehr liebte, den Griechen Achill oder den fremden, edlen Feind Hektor…

      (löschen no pro ! Man müsste mal nen Spezialisten fragen… Alles Gute in schwerer Zeit: Vide ’o mare quant’è bello…)

      Ich hab ich mir mal die Frage gestellt, was eigentlich „glauben“ im NT nach der ursprünglichen griechischen Bedeutung (Peitho, pistis) wohl heißen könnte. Und da ist man erstaunt – es hat eigentlich die Grundbedeutung, Wurzel von „Wohlwollen“ bzw. „für gut halten“. Die Göttin Aphrodite, die mit ihrer himmlischen Liebe die Herzen der sterblichen Menschen bezwingt, hatte als ihr vorausgehende Begleiterin Peitho, die Göttin des Wohlwollens, die die Herzen anfänglich positiv umstimmt. So könnte man eigentlich, wenn man will, an den meisten Stellen im NT, wo vom „Glauben“ die Rede ist, auch mit „Wohlwollen“ übersetzen !? (Ich für mich versuche es jedenfalls…) Dies würde dann allerdings bedeuten, dass von vornherein das Evangelium nicht hinsichtlich auf einen festen, dogmatischen Glauben mit festen Glaubenssätzen hin geschrieben ist, sondern auf generelles „Wohlwollen“, generelle Zustimmung. Paulus schämte sich nicht für die frohe Botschaft, dass Gott, der gnädige Vater, Jesus, einen von höchster staatlich-kirchlicher Autorität gekreuzigten, vermeintlichen Verbrecher, von den Toten auferweckt hat und ihn für gerecht erklärte und zum ewigen Leben bestimmte. Wer diese universelle Gnaden-Botschaft Gottes generell willkommen heißt, daran keinen Anstoß nimmt, vielleicht sogar seine ganze, unsichere Hoffnung auf den allen Menschen, selbst Verbrechern, gnädigen Vater setzt, wäre dann nach dem NT ein „Glaubender“, also gedanklich ein „Wohlwollender“. M. E. darf man nämlich nicht vergessen, dass ja das NT aus der Sicht religiös verfolgter, staatlich-polizeilich gesuchter Outcasts geschrieben ist, die froh darüber waren, wenn man sie und ihre Gnadenbotschaft im Prinzip willkommen heißt. Die froh waren, wenn man ihnen und der Gnadenbotschaft Gottes nicht die Tür vor der Nase zuschlägt, sich nicht daran ärgert, keinen Anstoß nimmt usw.

      Wenn also Jesus als von seiner Heimatstadt und seiner dortigen Synagoge Verstoßener im Namen des Schöpfer-Vaters aller Menschen jenseits aller Religion heilt und laut NT zum Hilfesuchenden sagt „Dein Glaube hat dich gerettet“, dann versuche ich in Richtung zu lesen: „Dein Wohlwollen hat dich gerettet !“. Das Wohlwollen gegenüber dem verstoßenen, verachteten religiösen Outcast Jesus, dass Gott, der Vater aller, jenseits aller Religion, Staat und Gesetz wirkt und gnädig ist. Gleiches versuche ich bei auch bei „gods faithfullness“ des Paulus (z.B. Röm 3,3) und des NT: Gott steht dem Menschen generell „wohlwollend“, zustimmend gegenüber. Die Menschen sollen zu seinem Wohlwollen, seiner Gnade umkehren und Gott, den gnädigen Vater aller, im Kern gutheißen. Der verlorene Sohn, der seinem gnädigen Vater nicht mehr wohlwollend gegenübersteht und so lebt als wäre dieser tot, soll sich daran erinnern, dass ein lebendiger, wohlwollender, gnädiger, treuer Vater im himmlisch reichen Hause auf ihn wartet. Ein himmlischer Vater, der bereit ist sein sündiges, irdisches Leben, seine Abkehr und Fall von der väterlichen Gnade, zu vergessen und ihn wollwollend aufzunehmen – ja, ein Vater der dem verlorenen Sohn sogar auf seinem himmlischen Heimweg wohlwollend, gnädig zustimmend, entgegenläuft usw.

  14. Das Reich Gottes: die universelle Gnadenbotschaft Jesu in der Kunst
    Hab gerade viel Zeit ! Einige Spekulationen, die ich noch im Computer hatte. Vielleicht was Interes-santes dabei ? Alles nach dem Motto von Popes „Universal Prayer“: „Father of all! in every age / In every clime adored / By saint, by savage, and by sage / Jehovah, Jove, or Lord…“ (löschen no pro!)

    Victor Hugo: Der Glöckner von Notre Dame de Paris

    Die heimlichen Helden dieses geheimnisvoll düsteren, weltberühmten Romans, den man oft ver-suchte zu verfilmen (z.B. 1956 mit Gina Lollobrigida), sind zwei gesellschaftliche und religiöse Outcasts: der missgestaltete, geistig zurückgebliebene, von der Kirchengemeinde als Teufel ver-schriene Glöckner Quasimodo und die madonnen-schöne, aber als teuflisch verführerisch ver-schriene Zigeuner-Tänzerin Esmeralda. Bei ihnen wird eine Grundthematik der Bibel und Jesu deut-lich: Die Gesellschaft und die organisierte Religion sehen in unserer gefallenen Welt vor allem auf das Äußere und richten oft grausam vorschnell. Gott aber sieht und kennt das Innere. Wie es Jesus sagte: „Viele der vermeintlich öffentlich Letzten werden die Ersten sein…“ Und im Verlauf des Romans zeigt sich: Die einzigen naiv-kindlich, an das Gute glaubenden, hoffenden Seelen sind nicht die offiziell religiösen, rechtgläubig Anerkannten, sondern irgendwie die gefallenen, verlorenen, verstoßenen Waisen und religiösen Outcasts Quasimodo und Esmeralda. Und wie heißt es im NT: Gott ist der „Vater der Waisen“ (Ps 68); „Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen…“ (Bergpredigt). Niemand hat Mitleid mit dem im Kern harmlosen, naiv kindlichen aber angsteinflößend hässlichen Quasimodo – bei seiner Passion, als er öffentlich gegeißelt, verspottet und an den Pranger gestellt wird. Nur Esmeralda, die fremde, stolze, jungfräuliche, junge Zigeune-rin, versucht mitleidend seine Qualen zu lindern. Der verunstaltete, von allen gemiedene Quasimo-do wird Esmeralda – die ihm gnädige schwarze Madonna – dafür immer irdisch aussichtslos lieben. Als sie dann als widerspenstige Hexe auf dem Parvis Notre Dame hingerichtet werden soll, rettet er sie unter Einsatz seines Lebens in die Kirche. Doch er kann die Hinrichtung des unschuldigen Mäd-chens nicht verhindern. Darauf verschwindet Quasimodo aus Paris und Notre Dame – man findet Jahre später sein Skelett im Grab der Esmeralda…
    Am Ende des tragischen Geschehens, dieses düsteren, an der Welt und Gott verzweifelnden Ro-mans, steht unausgesprochen die Frage im Raum: War nicht der als Teufel verschriene, abgrundtief hässliche Glöckner Quasimodo der wirklich gute Geist, der Heilige, von Notre Dame ? War nicht die als hexerische Hure verschriene Zigeunerin Esmeralda, die eigentliche Heilige von Notre Dame ?

    Jaques-Louis Davids Gemälde: Der Tod des Sokrates (heute New York)

    Es scheint bewusst so gemalt, dass Parallelen zum Abendmahl Jesu, dem Abschied von seinen Jün-gern kurz vor dem Tod, deutlich werden: Zum einen stellt David zwölf Schüler/Freunde um Sokrates dar, die laut den überlieferten Berichten so in der Zahl nicht anwesend waren – wohl entsprechend den zwölf Jüngern des Abendmahls. Zum anderen, zeigt er die spontane Verzweiflung der Jünger über den baldigen Tod des Sokrates sehr eindringlich, wie sie z.B. auch Leonardo beim Abendmahl Jesu in europäischer Maltradition gezeigt hat. Zentral dargestellt ist der Kelch des Todes, den Sokrates freiwillig akzeptiert, um seiner moralischen Lehre – vom furchtlosen, ewigen himmlischen Bestreben der Seele – treu zu bleiben, so wie Jesus beim Abendmahl getreu seiner Worte zentral den letzten Kelch erhob, um dann den „Kelch des Leides“ freiwillig zu trinken. Mit erhobener Hand deutet Sokrates gen Himmel und verweist so auf die Heimat der unsterblichen Seele beim Göttervater, zu der er im Tod zurückkehren will, ganz so wie damals Jesus beim Abendmahl: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen…“ (Joh 14,2) usw.

    Tizian: Himmlische und Irdische Liebe (Rom, Galleria Borghese)

    Das Gemälde mit dem geflügelten Engels- oder Erosknaben und den beiden am Grabmal sitzenden Frauen gilt als eines der rätselhaftesten Meisterwerke der Renaissance, denn laut Tradition repräsentiert merkwürdiger Weise die sittsam angezogene Frau die irdische Liebe und ihre unbekleidete Zwillings-Schwester, die nach dem Himmelskind sieht, steht für die himmlische Liebe. Wie kann das sein ? Man vermutet dahinter die poetische Bildsprache der alten Griechen von der Göttin der Liebe und ihrem himmlischen Seelen-Kind Eros, an die z.B. auch die arkadische Prophetin Diotima (= die „Gottfürchtige“), die Lehrerin des Sokrates, gedanklich anknüpfte. Nach den alten Griechen hat die wahre Liebe nämlich eine irdische Seite, die sog. Aphrodite pandemos: das gute Bestreben sich fortzupflanzen und in sicherem Reichtum zu leben, eine feste, staatlich geschützte eheliche Gemeinschaft anzustreben, gesetzlich geregelte Staaten zu gründen usw. Aber bei all diesem guten irdischen Bestreben muss die himmlisch gnädige Aphrodite, die Aphrodite Urania und ihr geflügeltes Seelenkind im Vordergrund bleiben: das Bestreben der Seele, in allem Tun Gott, das überirdisch ewige Schöne, Wahre und Gute in himmlisch-gnädiger Liebe anzustreben und zu suchen. Der Mensch muss vor allem ein Sohn/Kind der himmlischen Aphrodite, der himmlischen Liebe, Gnade und Schönheit sein und bleiben, damit sich dann seine im Kern kindlich-unschuldige Seele wieder zum himmlischen Vater aller Menschen auf himmlischen Eros-Flügeln emporschwingen kann.
    Und so zeigt das Gemälde als Versinnbildlichung der irdischen Liebe eine stolze, reiche, etwas streng blickende, sittsam gekleidete, schamhafte Frau, mit einem Myrtenstrauch in der Hand, dem Symbol fester ehelicher Gesetzestreue. Hinter ihr sitzen in der Landschaft zwei Hasen, Symbol für irdische Zeugungsfähigkeit und Wohlstand. Dies ist alles gut und irdisch anzustreben – aber, wenn man den Maler richtig versteht – aus dem Sarkophag, aus dem Grab, steigt letztendlich nur die reine himmlische Liebe zu Gott, den Vater, empor. Symbolisiert durch die unbekleidete Frau, die ein Weihrauchgefäß in Händen hält, dessen Düfte in den Himmel aufsteigen. Nicht irdischer Reichtum, irdischer Erfolg, strenge Gesetzestreue, moralischer Erfolg bringen dich in den Himmel, sondern allein das kindliche Vertrauen auf die nackte, mütterlich gnädige, himmlische Liebe, die nach dir als ihr geflügeltes Himmelskind sieht. Wie hatte es Paulus im sog. „Hohelied der Liebe“ festgehalten: Du kannst irdisch so erfolgreich und weise sein wie du willst, ja du kannst sogar ein berühmter Helfer der Armen und Märtyrer deines Glaubens sein. Alles ist unnütz, wenn es nicht in der gnädigen himmlischen Liebe Gottes für alle Menschenkinder wurzelt (1 Kor 13). Oder wie es Jesus zum rei-chen, moralisch einwandfrei lebenden Weisen und Meister-Gesetzeslehrer Nikodemus sagte (Joh 3): Du musst aus der reinen himmlischen Liebe, als Engelskind Gottes, neu geboren werden – jenseits deines irdischen Erfolgs. Aus dem Leben gebenden Geist des Himmelsvaters – dieser Geist (grich. pneuma „Luft, Atem“ Gottes) schenkt jedem Menschen täglich, ewig gnädig, jenseits seiner irdischen Leistung, die Atemluft zum leben… usw.

    Die glaubende Mutter als Madonna: Raphael, Caravaggio, Picasso u.a.

    Wenn man den Glauben Jesu, vom Menschen als Kind Gottes, durchdenkt: von der Macht jedes Menschen durch den Glauben an den allein gerechten, gnädigen himmlischen Vater zum Erben der Schöpfung und Sohn Gottes zu werden, dann kommt man auf den Gedanken, dass jede glaubende Mutter, wie Maria, ein von Gott gegebenes und beschütztes Himmelskind auf die Welt bringt. In jeder glaubenden Mutter ist szs. die himmlische, beschützende, gnädige Madonna anwesend. Und so malten viele berühmte Maler profane Madonnen – normale Mütter mit Kind (Sohn) ohne heilige Attribute, aber auch im Geist heiliger, kirchlicher Madonnen-Gemälde. Da ist z.B. die berühmte Madonna Seggiola des Raphael (Palazzo Pittti, Florenz): Man sieht eine normale Mutter mit Sohn ohne Heiligenschein, Thron usw., aber dennoch ist es im Geist, der Madonna, der heiligen, göttli-chen rettenden und beschützenden Gnade gemalt. Auch Caravaggio malte normale Mütter mit Kind in normalen Lebenssituationen im Geist heiliger Madonnen, was dazu führte, dass man seine Ge-mälde in der Kirche ohne Nachbesserungen nicht zuließ (z.B. Madonna dei palafrenieri oder Ma-donna di Loreto in Rom). Selbst beim modernen Maler Picasso finden sich normale Mütter mit Kind, die aber so gemalt sind, dass sie im Geist an alte, heilige, kirchliche Madonnen-Bilder erin-nern (z.B. Motherhood, Barcelona oder Mother and Child, Cambridge).

  15. Die philosophische Areopagrede des Paulus: das Evangelium trifft auf das Denken der alten Griechen.
    (Das ist was für absolute Bildungsfreaks ! Eine abgefahrene Spekulation, wo vielleicht Paulus Übereinstimmungen des Evangeliums mit den alten Griechen/Athenern gesehen hat ! Alles nach Goethes Motto: „Das Land der Griechen mit der Seele suchend…“ „Jeder sei auf seine Art ein Grieche. Aber er sei´s…“ (Löschen no pro ! Mit Kate Bush & Prince: „The eye that sees / The „I“ that loves you“)

    Wie schon gesagt, eine der Merkwürdigkeiten der Evangelien ist, dass sie in Altgriechisch verfasst wurden. Doch den Juden ist doch ihre hebräische Sprache, als Sprache der heiligen Schrift, bis in den kleinsten Buchstaben, den kleinsten Strich, heilig !? Gleiches gilt für die jüdischen Personen-Namen, die bis in den Buchstaben hinein eine besondere, auf Gott bezogene Bedeutung haben. Wenn man heute noch zum Judentum konvertiert, nimmt man allgemein einen jüdischen Namen an, um den neuen inneren Menschen, den neuen Gottesbezug, zu kennzeichnen. Umso merkwürdiger ist es, dass es bei den frühen, verfolgten Christen offenbar allgemein umgekehrt war: Hebr. Saul wurde zu griech Paulos, Evangelist Markos hieß früher hebr. Johannes, Apostel Simon wurde griech. Petros genannt, der 1. Märtyrer in Jerusalem trägt den Beinamen Stephanos, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Außerdem hat man herausgefunden, dass Paulus über gute Kenntnisse in der altgriechischen Literatur verfügte. Ein Beispiel hierfür ist seine Areopagrede in Athen, gehalten in Sichtweite des Parthenon: Hier gebraucht Paulus plötzlich wie ein griechischer Philosoph den abstrakten Begriff der höchsten, unsichtbaren „Gottheit“ (theion, Apg 17,29), wie er bei Platon/Sokrates geprägt wurde und der ja dem Sokrates zum Verhängnis wurde.

    In der Areopagrede des Paulus haben Forscher sogar verborgene Anspielungen und Zitate auf einzelne, damals sehr bekannte altgriechische Werke entdeckt, z.B. auf den „Hymnos auf Zeus“ von Kleanthes und die „Phainomena“ des Aratos. Deren zentrales Thema ist die Huldigung des gnädigen Zeus, des himmlischen Vaters und Schöpfers der Menschen, der an seiner Schöpfung, vor allem an der Majestät des Himmels, indirekt erkannt und erfahren wird. Und zwar von den Menschen mit offenen Herzen, die offen sind für das nicht direkt Sichtbare, Poetische, ganz so wie es auch die Psalmen oft betonen, z.B.: „Lobe den HERRN, meine Seele! HERR, mein Gott, du bist sehr groß; in Hoheit und Pracht bist du gekleidet. Licht ist dein Kleid, das du anhast. Du breitest den Himmel aus wie ein Zelt…“ (Vgl. Ps 104,1-6) Wenn nun Paulus auf dem Areopag über „Gott“ feststellt: „wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts…“ (Apg 17,28), dann stellt er nicht nur fest, dass auch schon altgriechische Denker und Dichter den Menschen als vom Göttervater abstammend, also als seine Kinder, gedacht haben, sondern er übersetzt den damals geflügelten Ausspruch des Aratos über „Zeus“ mit dem allgemeinen Begriff „Gott“. Offenbar sah also Paulus völkerverbindend Zeus, der als der höchste Gott der antiken Griechen galt, nicht im Widerspruch zum überlieferten höchsten Gott der Juden, dem höchsten Gott der Welt !?

    Wenn man sich nun die spekulative Frage stellt, ob Paulus mit diesen griechischen Zitaten, wie z.B. von Aratos auf tiefere Zusammenhänge verweisen wollte, stößt man auf Interessantes. Ein Blick in das Lexikon zeigt: Der Grieche Aratos schrieb poetisch über Sternkonstellationen, denen er wie die Juden, das Volk des Sternensegens, besondere Bedeutung als Zeichen zuschrieb: „Und Gott sprach: Es sollen Lichter an der Wölbung des Himmels werden (…) und sie sollen dienen als Zeichen…“ (Gen 1,14) „Er zählt die Sterne und nennt sie alle mit Namen. Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unermesslich ist seine Weisheit…“ (Ps 147,4f.) So ist Sterndeuter Aratos heute noch bekannt dafür, dass er als erster in den Sternen den sog. „himmlischen Schlangenträger“ poetisch als Zeichen deutete: den ewigen, aus dem Himmel geborenen strahlenden Helden, der die teuflische Schlange überwindet und dem teuflischen Skorpion den Kopf zertritt (Phainomena 75-85). Diese Bilder – Schlange und Skorpion als Sinnbild des Bösen – sind auch aus der Bibel bekannt, z:B. aus Gen 3, wo von der staubgeborenen Teufelsschlange, die den Menschen, wie ein todbringender Skorpion in die Ferse sticht; gesprochen wird. Aber der aus dem Himmel geborene Mensch wird sie besiegen und ihr den Kopf zertreten: „Seht, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf Schlangen und Skorpione, und Macht über alle Gewalt des Feindes…“ (Lk 10,19) „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ (1Kor15,55) usw. Die Bibel spricht in Gen 3 von diesem aus der himmlischen Seligkeit, Gerechtigkeit und Liebe geborenen Helden-Menschen, der das Böse und den Tod besiegt, als vom „Same der Frau“ (Gen 3,15), wohl um zu verdeutlichen, dass dieser nicht im Fleisch irdisch gezeugt ist, sondern quasi jungfräulich im Geist des überiri-schen Gottesglaubens: „nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren…“ (Joh 1,13). Dahinter steht die Vorstellung der gefallenen Schöpfung: Die verlorene, gefallene, kriegerische Menschheit hat ihr Ziel, ihren Sinn in den Augen Gottes verfehlt; sie braucht eine überirdisch-himmlische, spirituelle Neugeburt. Ähnlich dachte offenbar auch der Grieche Aratos: Die himmlische Jungfrau (Sternzeichen Jungfrau), die himmlische Liebe der Sternenkönigin, die himmlische Gerechtigkeit und Gnade sind von der verlorenen Menschheit in den Himmel geflohen. Die Menschen brauchen eine Neugeburt aus diesem Himmelsgeist, um den Sinn und das Ziel der göttlichen Schöpfung nicht zu verfehlen (vgl. z.B. Phainomena 96-136).
    Vielleicht hat also Paulus den Griechen Aratos als einen der heidnischen weisen Magier gedeutet, der auf eine spirituelle Neugeburt des Menschen aus dem Geist Gottes, des himmlischen Friedens, hoffte !? Als einen Mann wie Vergil, der auf ein Sternen-Zeichen im Himmel wartete, das die neue, goldene Zeit einleitet !? Alles nach dem biblischen Motto: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht tut’s kund der andern, ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme. Ihr Schall geht aus in alle Lande und ihr Reden bis an die Enden der Welt…“ (Ps 19)

    Und, wie schon gesagt – die gesamte Areopagrede des Paulus, ihr Inhalt und ihre Umstände, scheinen wie in Analogie, in Erinnerung, zu Sokrates geschildert: Wie damals Sokrates wird Paulus im Streitgespräch mit gottskeptischen Philosophen auf der Agora als „Schwätzer“ und Verkünder „neuer Gottesvorstellungen“ abgeführt. Denn seit seinen Lebzeiten war doch Sokrates in der antiken Welt bei vielen als Marktplatz-Schwätzer verschrien gewesen, der einen moralisch sehr fragwürdigen, angeblich göttlich-brüderlichen Umgang mit seinen Schülern pflege. In den damals berühmten Komödien des Aristophanes z.B. wurde er als schwärmerischer, sophistischer Schwätzer verspottet, der sich ein idealisches, unsichtbares seelisches Himmelsreich beim Göttervater in den Wolken poetisch phantastisch erdichte und erträume: ein Hirngespinst, ein sog. „Wolkenkuckucksheim“. Sokrates halte sich für einen himmlischen Vogel, der nicht arbeiten, nicht säen und ernten, müsse und aus den jungfräulichen Wolken, den reinen himmlischen Ideen, seinen Lebensatem, seinen heiligen Geist und ewiges Leben schöpfen könne. Alles eine Abzocke seiner zahlreichen naiven Anhänger, die er mit seiner „unsichtbaren, allein wahren, ideal-guten Gottheit“ und seiner demonstrativen erkenntniskritischen Unwissenheit darüber („Ich weiß, dass ich nichts weiß !“) verwirre und gefügig mache. Seine berühmte philosophische „Hebammenkunst“, so dachten viele kritisch, erzeuge nur unwissende, faule, idea-lisch schwärmende, verführte, moralisch fragwürdige Eros-Kinder usw.

    Vor dem Hintergrund dieser damals allgemein bekannten Kritik am philosophischen Denkansatz des Sokrates – dieser habe die alten, allen schon bekannten Götter, zugunsten einer unbekannten, neuen idealischen, inneren, seelischen Gottheit („theion“, „daimonion“) vernachlässigt – spricht nun Paulus vor dem Areopag ebenfalls in einer Art philosophischen Verteidigung von der unsichtbaren, den Menschen-Kindern Leben gebenden „Gottheit“. Einer Gottheit, die die Menschen in ihrer Güte innerlich erfahren, aber in ihrer Größe niemals wirklich begreifen und erkennen können – alles nach seinem bekannten Motto aus 1Kor8: „Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll…“. Er erinnert dabei irgendwie an die philosophische Argumentation der Schüler und Freunde des Sokrates (wie z.B. Platon u. Xenophon), die um Sokrates moralisch zu rechtfertigen, sein Denken über Gott, himmlische Freundschaft und himmlische Liebe im Nachhinein schriftlich festhielten. So verteidigt Xenophon die abstrakte Vorstellung des Sokrates von einer unsichtbaren, gütigen höchsten Schöpfer-Gottheit („theion“, „daimonion“), die die unsichtbare ewige menschlichen Seele geschaffen habe: „…so wirst du erkennen, daß die Gottheit so groß und so gewaltig ist, daß sie alles zu der gleichen Zeit sieht, alles hört, allenthalben gegenwärtig ist und für alles zugleich sorgt.“ (Memorabilia 1,4,18) Diese Gottheit, sei so erhaben, dass sie im Prinzip keine Opfer der Menschen brauche. Aber Sokrates habe dennoch nicht vergessen auch den anderen, sichtbaren Göttern des Staates zu opfern; er habe die Gesetze des Staates nicht verletzt und niemals die Absicht gehabt, sie zu verletzen (Memorabilia 1,1,2; 1,4,10-18) Das ist ihm Prinzip dasselbe, was Paulus in Selbstverteidigung auf dem Areopag von der „Gottheit“ feststellt: „Der Gott, der die Welt erschaffen hat und alles in ihr, er, der Herr über Himmel und Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind. Er lässt sich auch nicht von Menschenhänden dienen, als ob er etwas brauche, er, der allen das Leben, den Atem und alles gibt…“ (Apg 17,24f.) Dies entspricht auch der bekannten etymologischen Deutung des Namens „Zeus“, die der sokratisch/platonischen Philosophie zugrunde liegt und die in der Antike als grundlegend galt – heute aber bei den Forschern allgemein als überholt gilt. Man deutete damals den Namen „Zeus“ als von griech „zoe“ = Leben/ewiges Leben abstammend: deutete also Zeus, als den „himmlischen Lebensgeber“, als unsichtbaren „Herrscher und König der Schöpfung“, als idealischen seligen himmlischen Lebensgeist („pneuma“, „nous“) wodurch und indem alles seelisch lebt. (z.B. Platon, Kratylos 396) Wer sich im Glauben, so Sokrates zu dieser, einzig wahren guten, idealen Gottheit, bekannt unter dem Namen Zeus, seelisch-himmlisch erhebe, der erfahre ewiges, seliges Leben in Fülle und dessen Seele werde, dann nach dem Tode zu diesem wahren himmlischen Leben zurückfinden usw.

    Wenn nun Paulus als Literaturkenner feststellt, dass dieses geschilderte philosophische Denken über Gott bei einigen Dichtern Athens zu finden sei (Apg 17,28), dann muss man wohl zuerst an den berühmten Euripides, einen guten Freund des Sokrates denken. In seinen Werken, so sagt man, lässt sich die platonische Philosophie, das platonische Denken vom ideal guten Gott und der ewigen Heimat der menschlichen Seele bei ihm, finden. Mir fehlen leider die Kenntnisse, um dies genau darzulegen, aber man hat immer wieder Zitatsammlungen von Euripides zusammengestellt, wo er von der ewigen Heimat der ewigen Seele, beim „Vater Aether“ (Himmel), bei Zeus dem Lebensgeber, spricht. Wie z.B. das Gebet aus den Troerinnen an den unergründlichen Zeus, den himmlischen Hirten, der aus dem irdischen Tal des Todes führt: „O, der die Erde trägt und auf ihr thront, welch unbeschreiblich Wesen du auch hast, unergründlicher Zeus, du Notwendigkeit der Natur, du, des Menschen Geist, dich ruf ich an, denn wandelnd den geheimen Pfad, lenkst du ja alles Sterbliche gerecht an sein Ziel…“ (883-889). Und noch heute findet man auf Grabsteinen christlicher Friedhöfe ein Euripides-Zitat: „Wer weiß denn, ob das Leben nicht Totsein ist und Totsein Leben?“ Ein Gedanke, der ja bekanntlich dem Sokrates nicht fremd war und der sein tragisches, tödliches Schicksal besiegelte. Er, der immer betont hatte, dass die Seele des Menschen, die aus dem überirdisch Wahren, Guten und Schönen geboren ist und darin geistig verwurzelt bleibt, eigentlich erst nach dem Tod freudig in ihr wahres ,schönes himmlisches Leben findet. Dieser Philosoph konnte nicht vor dem Areopag um Gnade bitten oder eine Verbannung aus Athen akzeptieren, auch wenn keine Beweise auf Verführung der Jugend und Gottlosigkeit vorgebracht werden konnten. Er hätte sich damit in seiner Lehre moralisch unglaubwürdig gemacht.

  16. Jesus und die Welt des Hellenismus: der griechische „way of life“
    (Hab was in meinem Computer zum Durchlesen überarbeitet ! Löschen no pro ! Ist ne Spekulation für Spezialisten in griechischer Kulturgeschichte ! Vielleicht was Interesantes dabei !?)

    Was m.E. bei der Deutung der Evangelien in der Theologie oft vernachlässigt wurde, ist die Frage, vor welchem kulturellen Hintergrund diese eigentlich verkündet und verstanden wurden – nämlich: die hellenisierte, von der altgriechischen Kultur geprägte Mittelmeer-Welt (Großreich Alexanders). Wie stark waren Jesus und seine Apostel eigentlich von dieser übergeordneten allgemeinen Kultur, diesem damaligen allgemeinen „way of life“ geprägt ? Eine Frage, die sich heute nur schwer klären lässt ! Konnte Jesus z.B. in seiner Jugend im griechisch geprägten Sephoris, nur 5km entfernt von Nazareth, im dortigen Theater die berühmten, sich jenseits aller Religion und Nation an alle Men-schen richtenden Dramen der Athener sehen und verstehen ? Wie stark nahm er am damals von der reichen Oberschicht eingeführten, von den religiös-konservativen Juden heftig kritisierten Brauch teil, nach griechischer Sitte friedenstiftende dionysische Wein-Gastmähler aufzusuchen ? Wie stand Jesus zu damaligen berühmten jüdischen Schriftgelehrten wie Philon von Alexandria, die völkerverbindend den Gottglauben der Tora mit dem Gottglauben von Homer und Sokrates bzw. Platon in prinzipieller Übereinstimmung sahen ? usw. Diese Fragen können wohl nur Experten genauer klären. Aber wie schon gesagt, viele der berühmten, klassisch gebildeten Dichter und Denker Europas, wie Goethe, Byron, Pope, Ficino, Petrarca usw. waren fest davon überzeugt, dass Jesus einen universalen, völkerverbindenden Gottglauben – jenseits aller Religion – verkündete, der so auch bei den alten Griechen zu finden ist. Oscar Wilde z.B., der an der Universität altgriechische Literatur studiert hatte, war gegen die moderne Wissenschaft davon überzeugt, dass die altgriechische Sprache der Evangelien auch die Umgangssprache Jesu war, so dass „Sokrates mit ihm philosophiert und Platon ihn verstanden haben könnte“. (de profundis) Wilde ging also intuitiv von einer spirituellen, geistigen Nähe Jesu zu den alten griechischen Dichtern und Denkern aus: Grenzt sich nicht das in Altgriechisch verfasste Johannesevangelium Jesus und seine Nachfolger durchweg von „den Juden“, den streng religiösen „Jüngern des Mose“, die Jesus aus der „Synagoge verstoßen“ haben und ihrer besonderen Religion ab (z.B. Joh 9,22-30) !?. Zeigt sich in den Evangelien, in der Person Jesu, nicht eine Hinwendung zu einem überreligiösen, völkerverbindenden, allgemeinen, „philosophischen“ Gottesglauben, wie er auch schon bei Homer angelegt ist: Griechen, feindliche Trojaner, selbst fremde Äthiopier kennen nur einen Göttervater ! Ein Glaube, der dann ausdrücklich bei Sokrates und Platon philosophisch begründet wurde ?! usw.

    Derartige Fragen, können wohl nur Experten im Detail klären. Aber es scheint interessant, sich ein-mal spekulativ die Frage zu stellen, wie wohl die Evangelien und ihre Botschaft vor dem Hinter-grund einer allgemeinen griechisch-hellenistischen Kultur, der Kultur der damaligen gebildeten Welt, verstanden wurden. Hier einige Beispiele, über die ich mal genauer nachdenken wollte…

    Nehmen wir z.B. Delphi, das in der damaligen Welt berühmteste, wahrsagende Heiligtum, das auch heute noch den meisten bekannt ist. Hier wurde der ewig lebendige, gnädige Apollo verehrt: die vom Göttervater stammende personifizierte himmlische Poesie und Kunst, die ewig lebendige himmlische Klarheit, Wahrheit und Schönheit. Diese Göttlichkeit, diese ewig lebendige Idee, dieser lebendige Geist/Sohn des Göttervaters wurde als die gnädige himmlische Kraft verehrt, die dort die teuflische Pythonschlange besiegte und die die Eidechsen in unserer gefallenen Welt, die Symbole des Bösen, in himmlischer Klarheit und Licht findet und aufspießt (vgl. z.B. „Apollo Sauroktonos“, den sog. „Lizard Killer“ in den Vatikanischen Museen). Einst, so glaubte man, war Apollo, die himmlische Schönheit und Wahrheit, in Menschengestalt auf Erden gewandelt und hatte einem gu-ten, gastfreundlichen Mann als friedlicher himmlischer, musizierender Hirte gnädig gedient und dann dem Sänger Orpheus seine Leier überlassen – die ewige friedliche, himmlische Hirten-Leier (Sternbild Leier), die mit ihrer himmlischen Harmonie und Stimmung alles Irdische überwindet und selbst den Tod besiegt usw. Wenn nun ein von dieser griechischen Kultur geprägter Mensch, sei er ein damaliger Grieche, Römer oder Ägypter die Botschaft der Evangelien von Jesus als dem guten Hirten hört, musste er da nicht auch an den damals berühmten Apollo-Mythos denken !? Wird Jesus in den Evangelien nicht auch irgendwie als Vollender und Urbild dieses Mythos gezeigt !? Man nehme nur die berühmteste Beschreibung Jesu, den Beginn des Johannesevangeliums, in der Jesus als die geistige Wahrheit, griech. „Unverborgenheit“ der Gnade des Himmelsvaters, als das Himmlische Licht, die Klarheit, die Schönheit, die die Welt erleuchtet, beschrieben wird. Wer an dieser himmlischen Klarheit, diesem himmlischen, ewigen Licht der Gnade, das sich in Jesus in seiner Unverborgenheit gezeigt hat, festhält, stammt nicht aus dem Irdischen, Vergänglichen, sondern ist aus ewiger himmlischer Gnade geboren: als Sohn Gottes – als Sinn und Ziel göttlicher Schöpfung usw.

    Interessant scheint auch, die Überzeugung der Evangelien, dass die unschuldige, reine Wahrheit und Schönheit hier auf Erden verfolgt wird, dass der Glaubende folglich vorsichtig sein muss und seine „Perlen nicht vor die Säue werfen“ darf. Wie auch Goethe im Faust feststellte: „Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen? / Die wenigen, die was davon erkannt, / Die töricht genug ihr volles Herz nicht wahrten, / dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten / Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.“ Dies war auch die feste Überzeugung der berühmten Mysterienkulte der griechisch-römischen Antike, die ihre Lehren in Gleichnissen und Bildern vermittelten, deren Bedeutung nur wohlwollenden Eingeweihten klar ersichtlich war. Sehr weit verbreitet war z.B. der Mysterienkult um Dionysos, den Gott des Weines. Man verehrte in ihm das Mysterium des Weines und des Weinbaus, in dem das Irdische im Verborgenen auf das Himmlische verweist. Der Wein, bzw. Dionysos als dessen geistige Personifikation, wurden als irdischer „Sorgenlöser“ verehrt, der die Menschen die alltäglichen Sorgen vergessen lässt und einen Geist der Hoffnung entfaltet. Ein Geist der Hoffnung, der sich aber nicht nur auf das Irdische bezieht, sondern in einem Mysterium auf die himmlische Sorglosigkeit und Seligkeit beim Himmelsvater verweist, die die glaubenden Menschen nach dem Tod erwartet (vgl. die vielen antiken Dionysos-Grabsteine, z.B. im Louvre). Ebenso verehrte man den Wein als „Zungenlöser“ der einen Geist der Wahrheit hervorbringt: Der vom Wein begeisterte Mensch verstellt sich nicht und zeigt seine innere Wahrheit, Ehrlichkeit – nach dem bekannten Motto: „in vino veritas“. Dieser himmlische Geist der Wahrheit, der Ehrlichkeit, der Sorglosigkeit wurde im mythischen, vom Göttervater geleiteten Triumphzug des Dionysos verehrt: als fröhlicher Triumphzug der friedlichen (Wein)-Kultur. Dionysos, der Sohn, die Zeugung des Himmelsvaters, hatte einst in einem dreijährigen friedlichen Weinwunder-Triumphzug die Völker um das Mittelmeer in den Weinstock geführt: in die friedliche Kultur des Weinbaus. Von hier aus eroberte er in einem friedlichen Hochzeitszug des Himmlischen mit dem Irdischen („Hochzeit mit der sterblichen Ariadne“) die gesamte Welt bis an die Enden, bis an den Indus und überwand die Barbarei durch Zivilisation (Vgl. z.B. Carracci: Triumph des Bacchus, Palazzo Farnese in Rom). Einmal so glaubte man, werde er mit seiner Himmelskönigin (Sternbild Corona) wiederkommen und endgültig die friedliche, fröhliche, goldene Zeit auf der gesamten Erde wieder bringen… Wenn nun ein, von dieser griechischen Kultur geprägter Mensch, die Botschaft der Evangelien hört: Jesus, der von den Propheten verheißene „prince of peace“ und Sohn Gottes (Jes 9) ist gekommen und hat aus Kriegern friedliche Arbeiter im Weinberg gemacht; er hat kriegerische Schwerter in friedliche Winzermesser verwandelt (Jes 2, Mi 4); er hat in einem friedlichen Triumphzug auf einem Esel das himmlische Jerusalem auf Erden gestiftet (Sach 9,9) – als der im „song of songs“ verheißene himmlische Hirte, Bräutigam, Hüter des Weinstocks und König der Liebe usw. Musste ein Zeitgenosse da nicht glauben, dass Jesus irgendwie die Hoffnung der Dionysos-Mysterien erfüllt hat: einen neuen Friedensbund im gottgeschenkten Wein gestiftet hat usw. !?

    Interessant scheint in diesem Zusammenhang auch der legendäre, in der antiken Welt angesehenste, höchste Mysterienkult von Eleusis bei Athen, von dem man sagt, dass in ihm die berühmtesten Dichter und Denker der griechisch-römischen Antike wie Sophokles, Euripides, Sokrates, Platon, Cicero, Plutarch u.a. eingeweiht waren. Er drehte sich zentral um das göttliche Mysterium des Weizenkorns, das in der Erde, in seinem Grab, in seinem Tod zu höherem Leben übergeht und wahre Frucht bringt: „Wer weiß denn, ob das Leben nicht Totsein ist und Totsein Leben?“ (Euripides) Entspringt nicht aus dem Tod des Weizenkorns höhere Frucht und aus dieser in friedlicher Kultur das Leben schenkende Brot ? usw. Man verehrte in Eleusis die Göttin Persephone, die himmlische Jungfrau mit ihrer Weizenähre (vgl. Deutungen des Sternbilds Jungfrau) die aller Natur in heiligem Geist das Leben gibt. Im Winter wandert das Mädchen, die Jungfrau in das Reich des Todes, aber nur um dann im Frühling emporzusteigen und alle Natur, allen verborgenen Samen, in himmlischem Geist wieder aufzuerwecken und dann ihren Platz im Himmel beim Himmelsvater und ihrer Mutter einzunehmen. Um diesen Mysterienkult rankten sich viele Geheimnisse; aber es galt allgemein als gesichert, dass in einer geheimen aufwühlenden Zeremonie der Eingeweihte sein irdisches Leben, seinen irdischen Reichtum, symbolisch gering achten und verlieren musste, um dann dafür ein neues, himmlisches Leben und himmlischen Reichtum zu erlangen: denn der irdische Tod sei nur ein Schritt, eine Geburt zu neuem höheren wahren Leben, wenn man dem geheimnisvollen Weg der himmlischen Jungfrau und des Himmelsvaters nachfolgt. Wenn nun Jesus im Gleichnis sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben.“ (Joh 12,24). Dann muss doch ein Zeitgenosse sofort an die berühmten Weizenkorn-Mysterien von Eleusis gedacht haben: Jesus zeigt sich im Mysterium des Weizenkorns und des Brotes als Erfüller und Vollender der Hoffnung der berühmten athenischen Griechen auf ewiges Leben. Platon z.B. dachte den „Körper als das Grab der Seele“ (Gorgias 493) analog zum Weizenkorn, dessen Hülle, dessen Körper in der Erde stirbt, aber dessen Inneres, Eigenes dann zu höherem besseren ewigen Leben emporsteigt. Die Seele des Glaubenden verlässt im Tode den „Kerker, das Gefängnis des Leibes“ um zum „unsterblichen, wahren, guten Gott“ emporzusteigen (vgl. z.B. Phaideon 80-82). Ein Bild, das auch Paulus kennt, der u.a. sein irdisches Leben als ein Gefangensein, „Gefängnis im Leib des Todes“ beschrieb (Röm 7,23ff.) Aber ist gibt nach Paulus Hoffnung analog zum Weizenkorn: „Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt (…) Es wird gesät in Vergänglichkeit, es wird auferweckt in Unvergänglichkeit…“ (Vgl. 1 Kor15, 35-45) usw.

    Und wie schon gesagt: Jesus spielte wohl auf den griechisch-hellenistischen Kult der Dioskuren an, als er die Apostel Jakobus und Johannes „Donnersöhne“ nannte – die damals im Mittelmehrraum überall bekannten und verehrten himmlischen Zwillinge und Söhne Gottes. Genauso nannte er Apostel Thomas mit griechischem Spitznamen „Didymus“ = Zwilling. Man findet ihren Kult in Israel auf den damaligen Münzen des Herodes ebenso wie eines ihrer vielen Heiligtümer auf dem Forum Romanum. Sie standen für die Hoffnung, dass himmlische brüderliche Liebe den Tod überwindet und in die Seligkeit des Himmels, zum himmlischen Vater, führt: Pollux war himmlischen, unsterblichen Ursprungs, aber wollte lieber mit seinem irdischen, sterblichen Zwillingsbruder Castor in das schreckliche Todesreich gehen, als von ihm ewig getrennt zu sein. Gerührt über diese brüderliche Liebe versetzte der Göttervater dann beide in den seligen Himmel: Ein Stern des Himmels war also auf die Erde, in das Reich des Todes, gekommen, um seinen irdischen Bruder heimzuholen (Sternbild Zwillinge). Wenn nun ein Zeitgenosse die Frohe Botschaft von Jesus als dem himmlischen Bruder aller Menschen hört, der in die Welt gekommen ist, um alle seine sterblichen, hoffenden Brüder in den Himmel zu führen, dann musste er doch denken, dass sich in Jesus die Hoffnung, der Traum der Dioskuren, der Gottessöhne, erfüllt hat: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3); „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh 15) usw. Wie Paulus feststellte, der Mensch ist ein irdisch-himmlischer Zwilling, er hat eine Zwillingsnatur: „Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch; der zweite Mensch vom Himmel. Wie der Irdische, so sind auch die Irdischen; und wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen. Und wie wir das Bild des Irdischen getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen…“ (1Kor15, 47ff.)

    Vielleicht ist aus dem Gesagten deutlich geworden, dass das NT nicht nur Bilder und Prophezeiun-gen des Judentums aufgreift, sondern wohl auch damalige griechisch-hellenistische Glaubensvor-stellungen mit einbezieht. Darum waren wohl die ersten Christen in Griechenland so erfolgreich !? Wenn Paulus von Jesus z.B. spricht: „Er ist nicht dem Reich des Todes überlassen, und sein Leib hat die Verwesung nicht gesehen…“ (Apg 2) Musste da ein Grieche nicht an das berühmte Ende der Ilias, an den Tod des vom Göttervater ewig geliebten Hektor denken: „Es berührt nicht Verwesung sein Fleisch, es nagt nicht ein Wurm an ihm. Denn für ihn sorgen die Götter auch nach dem Tode…“ (Ilias 24, 414-423) usw.

  17. Sehr, sehr interessant. Ich denke schon, dass die Leute gewisse Assoziationen geknüpft haben und dass Jesus und vor allem auch Paulus (als Gebildeter römischer BÜRGER!! <- dem also römische Sonderrechte zustehen) natürlich Bezug auf die hellenistische Kultur genommen haben. Eigentlich ist es für das Judentum auch typisch, sich nicht nur abzugrenzen (strenger Monotheismus, Sabbatgebot etc.), sondern durchaus auch Dinge aus anderen Kulturen zu übernehmen, mit denen man sich identifizieren konnte. So ist die Bezeichnung Elihu für "Gott" bzw. höchsten aller Götter, glaube ich, dem kanaanäischen Kult entlehnt, mit dem dieser wiederum seinen höchsten Gott bezeichnete, den die Juden aber mit Jahwe identifizieren konnten. Und den Jahwe-Kult wiederum gab es auch bei den Midianitern (und wahrscheinlich auch bei anderen Völkern des vorderen Orients[???]), allerdings: das auserwählte Volk waren nunmal die Juden, die Gott so kannten, wie kein Mensch auf der Welt (Stichwort Exoduserfahrung). Auch und gerade im babyl. Exil übernahmen die Juden (die sich in der Diaspora wirklich zum ersten Mal so richtig als eigenes Volk behaupten mussten bzw. ein Bewusstsein dafür entwickelten) viele Dinge in ihr Denken, wie das babylon. Weltbild und auch (wie ich in einer Doku erfahren habe) wahrscheinlich auch solche Legenden wie die Sintflutgeschichte, die natürlich dann "jüdisch" ausgedeutet wurden. Letzendlich ist die Erkenntnis, dass es nach dem Tod weitergehen könnte, auch eine Vorstellung, die sich erst im Exil geformt hat. Und auch die Messiashoffnung, dass also Israel wieder zu alter Größe gelangen würde, ist im Exil entstanden und wurde zunächst auch auf den Perserkönig Cyrus übertragen, der ja die Juden wieder ins gelobte Land zurückließ. Insofern dürften auch andere Rabbiner wie Jesus natürlich einen Bezug auf ihre umgebende Kultur genommen haben. Lediglich die konservativen orthodoxen Kräfte haben sich dem verschlossen, aber das ist und war ja schon zu allen Zeiten so. Interessant ist auch, dass Ron, Deine Bezüge, die Du genommen hast zum größten Teil aus Joh stammen. Ist, denke ich, auch nicht verwunderlich, da das Johev. ja das jüngste Evangelium ist. Da kann man davon ausgehen, dass gewisse Jesusworte vielleicht auch bewusst in eine "hellenistische Richtung" gelenkt wurden. Dass der Evangelist ca. 70 Jahre (!!!) nach dem Wirken Jesu, dessen Worte noch 1 zu 1 im Gedächtnis hatte, kann man keinem erzählen. Die Evangelien wurden zu einer Zeit aufgeschrieben, als man merkte, dass Jesus eben doch nicht gleich übermorgen wiederkommt, sondern womöglich erst in der nächsten Generation. Und als das dann immer noch noch nicht passierte, formte sich das Christentum immer mehr zu einer Religion und kanonisierte auch wichtige Schriften zu DER heiligen Schrift, die wir noch heute kennen. Die Evangelien haben also keinen historisch zu 100% korrekten Anspruch, sondern eine Aussage. Und wenn dies zum besseren Verständnis hilfreich ist, auch gewisse Formulierungen so zu gestalten und vielleicht auch noch solche Geschichten auszuwählen, wo der Leser und Zuhörer gleich angesprochen ist und Verknüpfungen schafft (die Evangelien haben mit Sicherheit auch nicht ALLE Geschichten über Jesus erzählt), so kann man, denke ich davon ausgehen, dass vor allem das Johev. doch gewisse hellenistische Einflüsse hat. Warum auch immer diese, heutzutage leider als antisemitisch bezeichnete Formulierung "die Juden"?? Natürlich weil das Evangelium an Menschen gerichtet war die mit dem jüdischen Kulturkreis und Denken nichts anfangen konnten. Sicher, auch zur Abgrenzung zu den "Juden" und gewiss schwingt da auch eine gewisse "Ablehnung" des Jüdischen mit, aber eher des konservativ, nicht Jesus akzeptierenden Jüdischen. Und eben eine Hinwendung zu dem Griechischen Kulturkreis. Ich denke, in der Theologie wurde sowas schon mit berücksichtigt, nur leider kommt es meisten einfach zu Kurz. Es ist ja für uns heute auch nicht mehr so relevant, aber natürlich kann man die Worte besser verstehen, wenn man weiß, wie die Leute es damals verstanden haben. Ich denke, da holt die (Universitäs-) Theologie zurzeit ja sowieso immens auf.

    • Stimme dem Gesagten voll zu ! Im NT, besonders beim Johannes-Ev., überkommt einen der Verdacht, dass es in zwei Richtungen geschrieben ist: Mit kunstvollen, tiefsinnigen Anspielungen auf die Texte des Judentums. Aber eben vielleicht auch mit ebenso tiefsinnigen Anspielungen auf die Glaubensmysterien der hellenistischen Griechen. Doch leider fehlt uns für letzteres die Bildung, um es verstehen zu können. Wie hat z.B. ein hellenistischer Zeitgenosse das Weinwunder von Kana, die Hochzeit, bei der Wasser in Wein verwandelt wird, im Zusammenhang mit den damals berühmten Dionysos-Mysterien (Dionysos als himmlischer König und Bräutigam des Weinfestes !), die ja wohl zu gleicher Zeit auch im griechisch geprägten Galiläa stattfanden, verstanden !? usw. Es gibt sogar Leute, die sich mit Eleusis, dem Weizenkorn-Mysterium, intensiv beschäftigt haben, die behaupten dass Paulus ein Eingeweihter in Athen gewesen sein muss !?? Keine Ahnung ! Aber es ist offensichtlich so, dass Paulus mal kurz in einem Brief einen Nebensatz ermahnend einwerfen kann, der sich so auch bei Xenophons Memorabilien an Sokrates finden lässt. Das Einzige, was ich mal gehört hab, ist, dass Platon/Sokrates das Leben des Menschen hier auf der Erde als ein „Verlo-rensein in der Fremde“ gesehen haben (vgl. im NT z.B. verlorener Sohn): die Heimat der Seele sei beim himmlischen Vater. Dies bezeichnet Platon mit einem speziellen Wort („Aufenthalt in der Fremde“). Merkwürdiger weise gebraucht Paulus den gleichen Ausdruck im Hebräerbrief-Brief für Abrahams Aufenthalt hier auf Erden und sein Warten auf das himmlische Jerusalem. Es gibt also Hinweise, dass die Autoren des NT möglicherweise viel gebildeter waren, als man es heute allgemein glaubt und sich vorstellen kann. (sei hatten wohl keine Ablenkung durch Fernsehen wie wir heute, sondern studierten nur religiöse Texte…).

  18. Die alten Griechen und das göttliche Mysterium des Weines… Du hast gegen Gott keine Chance: „It is hard for thee to kick against the pricks…“ (Apg 9,5; Apg 26,14; Euripides Bacch. 795)

    (Ist was absolut Verrücktes für absolute Bildungsfreaks, was ich mal zufällig gehört hab ! So könn-ten die neuzeitlichen Bildungs-Griechen Byron, Goethe, Pope, Hölderlin usw. das NT gelesen ha-ben ! Kann man alles nicht beweisen ! Löschen no pro !)

    Im Johannes-Evangelium sticht das Mysterium des Weines hervor: Jesus als der Segen bringende Weinstock, als der wahre Wein usw. Für einen Griechen müssen hier Anspielungen auf die im ge-samten Mittelmeerraum verbreiteten Dionysos-Mysterien, den kultisch verehrten „ewig lebendigen Weinstock“, zu finden sein !? Man verehrte Dionysos, die verborgene, völkerverbindende Göttlich-keit des Weines, als Symbol des ewig jungen Lebens im Überfluss für alle Menschen – ganz gleich welchen Standes, welchen Landes, welcher Religion. Als den Segen der friedlichen Kultur: Wasser und Brot (das kultivierte Weizenkorn) standen für das einfache, karge menschliche Überleben. Brot und Wein – die vom Menschen vollständig kultivierte, reiche Natur – standen für das Leben im Überfluss: „Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben…“ (Joh 10). Wenn Dionysos wiederkehrt, wird der Göttervater die „goldene, friedliche, jubelnde Zeit“, das Leben im Überfluss des ewigen Friedens, wieder auf der Erde für die Völker neu erschaffen: Wasser in Wein verwandeln. Alle glaubenden sündigen Menschen, ganz gleich, ob arm oder reich, jung oder alt werden von ihm Segen erlangen. Heute noch bekannt und aufgeführt sind z.B. die „Bakchen“, mit denen Euripides den 1. Preis beim berühmten Dionysos-Theaterwettbewerb in Athen gewann. Hier verteidigt Euripides die für den Menschen wichtigsten göttlichen Mysterien: Brot und Wein, die Götter Demeter/Persephone und Dionysos (vgl. z.B 275-285). Vor allem Dionysos, die neu verehrte Göttlichkeit des Weines musste gegen ungläubige Leugner und Kritiker verteidigt werden: Dieser überschwängliche, naive Glaube an die goldene, rauschhaft jubelnde Zeit, verführe die Menschen zur Abkehr vom Staat und seinen Gesetzen, verführe vielleicht sogar schwache weintrinkende Frauen zu Untugend und Ehebruch – so die konservativen Kritiker. Aber Euripides setzt dagegen, glücklich sei derjenige zu schätzen, der sich im Jubel für Dionysos öffentlich „von seinen Sünden reinigt“ (z.B. 75ff.), denn: „Dionysos wird nicht Frauen ihrer Tugend und Keuschheit entfremden…“ (315ff.) „Lustbarkeit und Gelag liebt / Zeus‘ Sohn, unsere Gottheit, / Hegt den göttlichen Frieden, wo / Segen quillt und die Jugend blüht, / Gibt harmlosen Erquickungstrank / Ohne Wahl dem geringen Mann / Gleich dem Reichen zu kosten“ (419ff.) usw. Wenn also ein Grieche Worte Jesu hört, wie „Ich werde von nun an nicht mehr von diesen Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich’s neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich“ (Mat 26,29) oder „Der Vater reinigt jede Rebe, damit sie mehr Frucht bringt“ (vgl. Joh 15,1) usw. In ihnen wird dem Wein eine mystische Bedeutung für das Himmelreich, für Vergebung der Sünden und mystischem Bezug zu Gott dem Vater zugesprochen – musste er da nicht an die Mysterien des Dionysos, der neuen, wiederkehrenden Göttlichkeit, denken !? Offensichtlich trinkt man nach Jesus brüderlich mit Freunden im seligen, Sünden vergebenden Reich Gottes einen Krug Wein !? Diesen bildlich-symbolischen Gedanken und Hoffnungen hätten sicherlich viele Griechen a la Platon, Sokrates, Euripides zugestimmt. Sie hätten wohl auch der anderen, irdischen Problematik zugestimmt, die bei Jesus und seiner Hoffnung auf einen mystischen Weinsegen Gottes für die Sünder, die Sünder jung und alt, arm und reich, auftritt – des Segens der im Reichtum überfließenden, sündfreien Goldenen Zeit. Man läuft bei diesem offenen verkündeten Glauben, dieser offenen verkündeten Hoffnung immer Gefahr, wie Jesus missverstanden und angeklagt zu werden: „Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!“ (Mat 11,19) Er verzeiht gegen die Staatsgesetze einer Ehebrecherin und verspricht ihr Gottes Segen, trinkt öffentlich mit allen Wein; „es ist besser dass er sterbe, als dass er das Volk verderbe…“ (vgl. Joh 10,50) Wein für jeden ! Die Hoffnung auf überfließende Gnade und Segen für alle ! Darf ein Sklave Wein trinken !? Das geht nicht ! usw.

    So ist es auch im Drama des Euripides: Man verfolgt Dionysos und seine Anhänger, will die perso-nifizierte, allen glaubenden Menschen Segen, Vergebung und Frieden bringende Göttlichkeit des Weines einsperren und umbringen. Aber Dionysos, der Sohn Gottes weiß, der Göttervater ist auf seiner Seite und seine Verfolger müssen letztendlich klein beigeben: : „It is hard for thee to kick against the pricks…“ (Bacch. 795) Diese Worte richtet Dionysos an seinen härtesten, mörderischen Verfolger. Und merkwürdiger Weise richtet und zitiert Jesus genau diese geflügelten griechischen Worte des Dionysos an den mörderischen Verfolger Saulus auf den Weg nach Damaskus, um so aus ihm dann bekehrten Apostel der Heiden, den Paulus der Griechen, zu machen… (Apg 26,14)

  19. Das NT und dessen Gnadenbotschaft aus heidnischer Perspektive, aus Perspektive der damaligen griechisch geprägten Kultur !

    (Wieder ein paar verrückte Spekulation ! Löschen no pro ! Alles nach dem bekannten biblischen Motto: When the moon hits your eye like a big pizza pie, that’s amore…When the world seems to shine like You’ve had too much wine, that’s amore…)

    Ich schreib mal was als Anregung für echte Experten mit Hintergrundwissen in altgriechischer Spra-che und Philosophie, nämlich wo ich verborgene Zusammenhänge des NT mit der klassischen griechischen Philosophie, vielleicht sogar bis in einzelne Begriffe hinein, vermuten würde. Leider fehlt mir für eine genaue Analyse meist die Bildung und auch allzuoft die Zeit. Aber bei den schwer verständlichen, ungewöhnlichen Formulierungen des Paulus, die oft so nicht im AT ein Vorbild haben, fühle ich mich oft an die Sprache hellenistischer Mysterien und Philosophie erinnert !? Er war doch als hellenistischer Elite-Rabbi auch in klassischer Philosophie ausgebildet !? Hat er da nicht in seinen Briefen Anspielungen für damalige normal gebildete Griechen eingebaut ? Bloß wie könnten wie heute diese Anspielungen noch verstehen !? Es scheint ungefähr so, wie wenn er Carusos „O sole mio“ anzitiert hätte, also etwas, was jeder irgendwie kennt, aber wir haben heute eben nicht mehr diese Platte…

    Hier einige vorläufige Punkte, die ich mir dazu zusammengelesen habe – meine bisherigen Zufalls-treffer:

    Das erste, was mir merkwürdig erscheint, ist, dass, wie schon gesagt, der Besuch des Paulus in Athen wie in Erinnerung an Sokrates, selbst in Erinnerung an seine philosophisch abstrakte Vorge-hensweise, geschrieben ist. Redete Paulus also in Athen im Geist, in der Anspielung, in der geistigen Nachfolge zu Sokrates !? (Das würde sich ein damaliger Grieche wohl fragen !!?)

    Auffallend ist auch aus altgriechischer Perspektive die Betonung der brüderlichen Liebe zwischen den Jüngern Jesu, die ebenfalls an Platon/Sokrates erinnert. Hier scheint vor allem das Johannes-evangelium an den Geist der sokratischen Gespräche anzuknüpfen. Man denke nur an die häufige, sehr ungewöhnliche Formulierung, „der Jünger, den Jesus liebte“. Es waren doch genau derartige Formulierungen, die dazu beigetragen hatten, dass Sokrates, der berühmteste Grieche der Antike, wegen verweichlichten, unmoralischen Wein-Party Umgangs mit jungen Männern angeklagt und verspottet wurde: „mit dem Lieblings-Jünger, der beim Gastmahl wie ein Bruder neben ihm lag und den er liebte“ „Ja, sogar für einander zu sterben sind die Liebenden, und nur sie, bereit, und zwar nicht bloß Männer, sondern auch Frauen…“ usw. (vgl. z.B. Symposium) . Erscheint also das in Griechisch verfasste Johannes-Evangelium für einen Platon/Sokrates-Kenner nicht als eine subtile Anspielung auf den Geist platonischer Dialoge – die Verherrlichung der zu Gott führenden brüder-lichen Liebe, der brüderlich-väterlichen Liebe zwischen Lehrer und Schüler !? Mit Worten wie: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh 13) „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde (Joh 15) „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe…“ (Joh 21) !? usw. (übrigens, wie bei Paulus geht die Betonung der brüderlichen Liebe bei Platon/Sokrates einher mit einer Ablehnung homosexueller Beziehungen als „tierisch“, „schweinisch“, „Kuss der Spinne“ usw.)

    Hier ein weiteres Beispiel, wie Paulus und seine Apostel für damalige hellenistisch-griechische Le-ser verborgene Anspielungen in die Evangelien eingebaut haben könnten. Bin mir nicht sicher, aber es ist mir mal zufällig aufgefallen… In der griechischen Philosophie wurde doch, wie wohl aus jeder heutigen Standard-Philosophiegeschichte ersichtlich, das Konzept der „philanthropia“ entwickelt !? Man verstand darunter das generelle Wohlwollen, die generelle Liebe Gottes, des Göttervaters, zu den Menschen – eine Liebe Gottes jenseits aller Nation, Religion, Rasse, sozialem Stand, menschli-chen Leistungen und Werken usw. Berühmt war und ist noch heute z.B. Platons Gastmahl, in dem die „philanthropia“ des unschuldig liebenden Himmelskindes Eros, dem aus der himmlischen Liebe geborenen Sohn Gottes, gepriesen wird: „Denn er ist der menschenfreundlichste („philanth-rôpótatos“) unter den Göttern, da er der Menschen Nothelfer und Arzt ist, in allem Übel aus dessen Heilung die größte Glückseligkeit für das Menschengeschlecht erwächst…“ (Symposium 189). Die-se besondere „philanthropia“, diese Liebe Gottes zur Menschheit, diese „heilsame Gnade“ jenseits aller menschlicher Werke, aller Religion, Nation, Rasse, Stand, preist auch Paulus an einer Stelle. Sie war in Jesus vollkommen unverborgen, so wörtlich in Titus 3,4: „Als aber erschien die Freund-lichkeit und Menschenliebe („philanthropia“) Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke willen…“ Sokrates hatte aus dieser „philanthropia“ Gottes, die Pflicht des Menschen abgeleitet, Gott in seiner allgemeinen gnädigen Menschenliebe, seinem gnädigen Wohlwollen zu folgen, Gott nachzueifern (vgl. z.B. Politeia X, 613; Euthyphron, 3). Diese moralische Verpflichtung zur „imitatio Dei“ kennt auch Paulus, wie z.B.: Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder und führt euer Leben in Liebe (Eph 5) und natürlich Jesus: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden…“ (vgl. Lk, 6,36 auch Bergpredigt). Und als das Musterbeispiel der wohlwollenden Liebe des Göttervaters, der „philanthropia“, galten in der damaligen, griechisch geprägten Mittelmeerwelt die göttlichen Dioskuren, die „sons of thunder“ (s. z.B. Monumental-Statuen auf dem Kapitol). Jenseits aller Religion, Nation, rief man sie als göttlich menschenfreundliche Helden an, als Engel die jenseits aller Nation, Religion den Menschen in Not beistehen. Sie galten vor allem als die seligen Heiligen, die die Menschen in brüderlicher Freundschaft auf dem Meer vor Schiffbruch bewahren und retten. Wenn man nun diese Hintergrundinformationen hat – wie ein damaliger Grieche – und die Apostelgeschichte 27ff. liest, kommt man da nicht auf den Gedanken, dass Paulus/Lukas hier im Geist auf die Dioskuren, die Gottessöhne und deren berühmte „philanthropia“ anspielen !? Paulus und seine Begleiter geraten in einen tödlichen Seesturm. Paulus ruft Gott an und ein Engel erscheint und verspricht Rettung. Paulus und die Männer stranden auf fremdem Land und erfahren dort zu ihrer Überraschung von den heidnischen Einheimischen „philanthropia“, nach Platon/Sokrates und wie gesehen auch nach NT Titus 3,4 die Liebe Gottes zu den Menschen. Jenseits aller Religion, Nation werden sie dort drei Monate wie Ehrengäste, wie beste, brüderliche Freunde, behandelt und verpflegt und segeln dann unter dem „Zeichen der Dioskuren“ ab. Musste bei dieser Erzählung nicht jeder damalige gebildete Leser irgendwie denken, dass Paulus im Geist auf den Philanthropie-Glauben der Griechen und deren Dioskuren-Glauben anspielte – also damit übereinstimmte oder zumindest daran anknüpfte !? usw.

    Interessant scheint auch, dass Paulus in seinen Briefen den Begriff „Schatten“ philosophisch auf die menschliche Erkenntnisfähigkeit, die Fähigkeit die Herrlichkeit Gottes zu erkennen, gebraucht. Dies geschieht sinngemäß an berühmten Stellen wie in 2Cor3, wo die Herrlichkeit des Alten Bundes, „die des Buchstabens, der tötet“, nur als verhüllender Schatten der Herrlichkeit des neuen Bundes, des gnädigen „Geistes, der lebendig macht“, beschrieben wird. Erst mit und durch Jesus wird dieser Schatten im Blick der Menschen überwunden und die wahre ewige Herrlichkeit Gottes überhaupt erkannt. Jesus führte und befreite die Menschen aus dem Schatten in die unverborgene, gnädige, blendende Herrlichkeit Gottes. Und ausdrücklich wörtlich an Stellen wie Kol 2, 17, wo alle irdische, die Menschen bindende religiöse Satzung, wie z.B. das religiöse Gesetz der Juden, als „Schatten“ beschrieben werden, die nur den Abglanz der Herrlichkeit des himmlischen Menschen, der freien himmlischen Gnade, die in Jesus offenbar wurde, bieten: die Substanz, der eigentliche Körper dieses freien Menschen sei erst in Jesus zu finden und zu erfahren. Oder man siehe Hebr. 10, wo alles irdische, religiöse Gesetz nur als „Schatten“ des „wahrhaft Guten“, das in Jesus unverborgen war, gedeutet wird. Ein Bild das auch in Joh 1 gedanklich anklingt: Johannes der Täufer kam, um den Juden, vom wahren Licht zu zeugen und zur Umkehr aufzurufen, aber selbst er war noch ein Gefangener der Finsternis – er konnte nur einen helleren Schatten, einen matten Abglanz des wahren Lichtes zeigen: „Niemand hat Gott jemals wirklich unverborgen gesehen. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt: die Gnade und die Wahrheit („Unverborgenheit Gottes“) kamen durch Jesus Christus“ (Vgl. Joh 1) usw. Wenn man nun fragt, wo im Denken, der alten Griechen Derartiges zu finden ist: Die Menschen und die einzelnen menschlichen Religionen und Staatsgesetze erkennen das wahrhaft Gute, die Herrlichkeit Gottes immer nur in einem verein-zelten irdischen Schatten und brauchen jemand, der zum Umdenken aufruft und vom wahren himmlischen Licht zeugt. Dann muss man eigentlich feststellen, dass dies wohl bis in einzelne Begriffe (!?) das Grundmotto der platonischen Philosophie, des Denkens des Sokrates war. Man nehme das berühmteste Gleichnis des Sokrates, das berühmteste Gleichnis der Antike: das Höhlen-gleichnis. Hier beschreibt Sokrates – in meiner stark vereinfachten Laien-Zusammenfassung – die Menschen als Gefangene der Finsternis, denen es als Gefesselte nicht erlaubt ist, den Kopf zu wenden, umzudenken und umzukehren. Die gefangenen Menschen befinden sich in einer Höhle und erkennen in ihren menschlichen religiösen Satzungen und Deutungen die Unverborgenheit Gottes nur in einem schwachen Abglanz – in einem Schatten der eigentlichen himmlischen Güte, Gnade und Wahrheit Gottes. Nicht einmal sich selbst, ihren wahren Körper, ihre wahre Substanz könnten sie wirklich erkennen, sondern nur unfreie, direkt vor sie geworfene Schatten – von sich und anderen, geworfen von einer irdischen, künstlichen Lichtquelle, ähnlich wie die des Prometheus, die aber nicht das eigentlich wahre, himmlische gnädige Licht ist. Aber es kommt nach Sokrates noch schlimmer: Wenn nun ein Gefangener durch göttliche Gnade von den Fesseln befreit nach oben in das wahre, gleißende Licht gebracht würde und unter Schmerzen die Augen an die Herrlichkeit des Himmels gewöhnt und diese langsam erkannt hätte. Wenn man nun diesem erlauben würde, wieder in die Finsternis zurückzukehren, um seine ehemaligen Mitgefangenen gnädig zu befreien, was würde dieser dann erleben !? Man würde dem in der Finsternis stolpernden Befreier keinen Glauben schenken. Man würde umgekehrt feststellen, dass dieser mit sündig verdorbenen Augen sich nicht mehr in der Finsternis richtig zurechtfindet und die vielen religiösen Zeichen und Bilder (eigentlich nur Schatten !!) nicht mehr richtig deuten kann. Er würde als unmoralischer Verderber der religiösen Bilder und Zeichen, der vermeintlichen Unverborgenheit Gottes, der religiösen Wahrheit, umgebracht. Dies sagte Sokrates als das Schicksal, des wirklich Gott und die Wahrheit suchenden Philosophen, des Propheten voraus und meint damit sich selbst: „so wird dir nicht entgehen, was mein Glaube ist (…) Gott mag wissen ob er richtig ist“ (Politeia VII, 517) Man könnte m.E. diese Gedanken des Sokrates auch ohne weiteres auch auf einen Propheten wie Johannes den Täufer beziehen. Mit allein menschlichen Mitteln ist es einem Propheten wohl niemals möglich, die Menschen aus ihrer selbstgemachten künstlichen Religion, Geboten, aus ihrem Schattenblick, ihrem Schattenreich zum ewig Wahren, Guten, Schönen herauszuführen. Die Gnade, Wahrheit und Schönheit Gottes muss wohl direkt in die Finsternis der Höhle kommen, um die Menschen ans Licht zu führen und zu befreien; den Menschen ihre wahre Substanz, ihr wahres himmlisches, freies Wesen, zu zeigen. Und Sokrates beschreibt die Menschen im Höhlengleichnis als Kinder, die sich aber für Erwachsene in ihrer Erkenntnis Gottes halten, aber in Wahrheit von Kindheit an in einem religiösen, kindlich unerkennenden Schatten gefangen sind. Selbst, wenn sie von einem himmlischen Retter befreit aus der Höhle nach Oben in die Wahrheit, Schönheit und Gnade Gottes geführt würden, dauerte es lange Zeit bis sie direkt in den Glanz der Gnade Gottes blicken könnten. Sie müssten erst lange Zeit, die Welt und den Glanz Gottes wie in einem Wasser-Spiegel umrisshaft betrachten, um sich für den direkten Anblick der Güte, Schönheit und Wahrheit Gottes Stück für Stück vorzubereiten. Wie sagte Paulus z.B.: „Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin…“ (1Cor13)

    Vielleicht wird aus dem Gesagten deutlich, dass es wohl viel tiefere Zusammenhänge des NT mit dem griechisch-hellenistischen Denkern und ihrem völkerverbindenden Gottesglauben gibt, als man allgemein annimmt. Da könnten sicher Experten in platonischer Philosophie einiges darüber erzäh-len. Wichtig erscheint wohl, dass man mal den Versuch unternimmt aus griechisch-hellenistsicher Perspektive auf das NT zu blicken. Ich denke da z.B. auch selbst an ungewöhnliche, rätselhafte Dinge wie z.B. das „Noli me tangere“ (Berühre mich nicht !) nach der Auferstehung Jesu aus dem NT. Wie könnte ein antiker, damaliger Grieche das verstanden haben ? Die Griechen glaubten doch, dass der glaubende Mensch nach dem Tod in einem Teil als leidender, unterirdischer Schatten, als Schatte seines wahren Selbst irdisch verbleibt, aber in seiner himmlischen Tugend, in seiner Substanz beim Göttervater im Himmel aufgenommen wird. Berühmt waren doch die Begegnung des Schatten des gottgeliebten Patroklos mit Achill und des Odysseus mit dem Schatten seiner vorbildlichen liebenden Mutter (Ilias XXIII, 95-105; Odyssee XI,204-220) Hier entzogen sich die irdischen, noch nicht selig lebendigen Schatten jeglicher Berührung: „Berühre mich nicht !“ Wie sagte Jesus: „Berühre mich nicht, denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen…“ (Joh 20). Aber später erschien er wieder und ließ er sich dann von Thomas berühren !?? usw.

    Es könnte also ganz interessant sein, wenn man mal genauer darüber nachdenkt, ob es nicht ver-borgene Anspielungen im NT auf das damalige griechisch-hellenistische Denken gibt. Zum Ab-schluss noch etwas Interessantes, was ich mal zufällig gehört hab, was ich mal genauer hinterfragen wollte. Es geht um die vor allem im englischen Sprachraum berühmten markanten Formulierungen des Paulus aus dem Römerbrief 6 „death shall have no dominion over you… sin shall have no do-minion over you“. Dies scheint manchen eine wörtliche Anspielung auf das Vaterunser („Golden Verses“) des griechischen Philosophen Pythagoras, eines der berühmtesten antiken Gebete. Es endet so: „Oh! Jupiter, our Father! If you would deliver men from all the evils that oppress them (…) you wilt deliver it from all evils, from all afflictions (…) Leave yourself always to be guided and direc-ted by the understanding that comes from above, and that ought to hold the reins. And when, after having deprived yourself of your mortal body, you arrived at the most pure Aither, You shall be a God, immortal, incorruptible, and Death shall have no more dominion over you !“

  20. Das Reich Gottes in der Kunst ! Mysteriöse Kirchen und die universale Gnadenbotschaft Gottes…

    Hier ein paar weitere verrückte Spekulationen… (Hab ich für meinen zukünftigen Italien-Chianti-Urlaub zusammengefasst ! Vielleicht was Interessantes für Bildungsfreaks dabei !? Löschen no pro ! „Djobi ! Djoba !“ Mir fällt gerade kein Songtext ein, mit dem ich Grüßen kann…)

    Eine der geheimnisvollsten Kirchen ist wohl der mittelalterliche, der Maria Assunta geweihte, Dom von Siena. Wenn man dessen berühmten kunstvollen Fußboden näher betrachtet, fragt man sich als Mittelalter-Detektiv a la Umberto Eco, ob es nicht geheimes Wissen gab und gibt, das man vor der Normalbevölkerung verborgen hält. Wenn man die Kirche betritt, schreitet man nämlich über eine mehrere Quadratmeter große Figur des legendären antiken ägyptischen Magiers und Urvaters der Alchemisten a la Faust: die Figur des Hermes Trismegistos – hier begleitet von zwei ägyptischen Sphingen und mit dem Flügelhelm des griechischen Merkur als antiker Bote Gottes gekennzeichnet. Wie kommt eine derartige Figur in ein so berühmtes christliches mittelalterliches Gotteshaus !!? Offensichtlich sah man laut lateinischer Inschrift den Weisen des Morgenlands Hermes, den legendären ägyptischen Zeitgenossen des Mose, auch als jemand an, der an den einen höchsten Schöpfergott glaubte. Und so zitierte man in einer christlichen Kirche aus dessen eigentlich heidnischen „Poimandres“ (= „Menschenhirt“), in dem Gott als Schöpfer der Welt durch das heilige Wort, als himlischer Geist, und als guter Vater und Hirte der Menschen bezeichnet wird. Wenn man dann weiter die Kirchenschiffe abschreitet, stellt man fest, dass der berühmte Fußboden überlebensgroß die legendären 10 prophetischen Sibyllen der heidnischen Länder und Völker zeigt, die für den Glauben standen, dass in allen Völkern der Erde die Gnaden- und Friedensbotschaft Gottes schon immer vorhanden war. Gott wird eine messianische Neugeburt der Menschheit aus dem himmlischen völkerverbindenden Friedensgeist stiften. Bemerkenswert ist z.B. die dunkelhäutige afrikanische Sibylle aus schwarzem Marmor, die wohl dafür steht, dass auch im fernen Afrika auf die Erlösung der Welt durch Gott immer schon gehofft wurde. Interessant ist auch die Sibylle „Hellespontica“. Laut Inschrift auf dem Boden des antiken Troja geboren, steht sie für den Gottglauben der heidnisch-fremden („trojanischen“) Perser. Und es wird hier auf dem legendären Perserkönig Kyros verwiesen, der im AT als gottgläubiger messianischer Friedenskönig gepriesen wird und bei den griechischen Philosophen (Platon, Sokrates, Xenophon) als Muster des gottgläubigen Weltenherrschers galt. Und ziemlich in der Mitte der Kirche befindet sich ein sehr großes Marmor-Mosaik, das die gottgefällige Weisheit darstellt. Welche bekannten Heiligen zeigt es !? Hier ist man vollends erstaunt: Es zeigt als die Meister der gottgefälligen Tugend die antiken griechischen Philosophen Krates und Sokrates. Und Sokrates ist durch einen überreichten Palmzweig als Märtyrer Gottes hervorgehoben – wohl nach Off 7: „Danach sah ich und siehe, eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm, gekleidet in weiße Gewänder, und trugen Palmzweige in den Händen. Sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Die Rettung kommt von unserem Gott…“

    • Eine kleine Ergänzung ! Löschen no pro !

      Wie gelangte der antike Heide Sokrates als öffentlich verehrter, christlicher Prophet und Märtyrer in den katholischen Dom von Siena, den Dom mit der berühmten Papstbibliothek ?! Meine Vermutung: Vielleicht hat es mit altem, verborgenem Bildungs-Wissen zu tun, das wir heute so nicht mehr haben !? Dazu ein mögliches Beispiel als Anregung für weiteres Nachforschen ! (Löschen no pro ! Ist was für Bildungsfreaks mit tieferer philosophischer Bildung als ich, die Altgriechisch können und gerne in alten Büchern und Akten stöbern…)

      Im Höhlengleichnis sagte doch Sokrates als Prophet seinen eigenen Tod voraus: Der Philosoph, der durch göttliche Gnade von den irdischen, religiösen Schatten in seinem Blick befreit wurde und den wahren Glanz der Gnade, Güte und Gerechtigkeit Gottes erkennt. Wenn dieser nun wieder in die finstere irdische Höhle zu seinen einstigen Mitgefangenen geht, um diese zu befreien – ihn erwartet dann wohl bald irdischer Prozess und ungerechter Tod. Der Philosoph, der die wahre himmlische Gerechtigkeit Gottes erkannt hat und die vermeintlich heilige irdische Schatten-Gerechtigkeit, den irdischen Staat und seine religiös-moralischen Gesetze nicht mehr so heilig ernst nehmen und verstehen kann, wird nämlich unweigerlich als amoralischer, ungerechter Taugenichts gebrandmarkt werden usw. Und so kam es ja dann auch…

      Und im 2. Buch von Platons Politeia (359ff.), erörtert Sokrates, dass kein Mensch aus sich selbst heraus in seinem unreinen Fleisch letztlich gerecht sein kann und vielleicht sogar will; denn jeder Mensch ist in seinem Fleisch im Prinzip unheilbar amoralisch verdorben und korrumpierbar. Wer begehrt z.B. nicht im Geheimen eine schöne reiche fremde Ehefrau und träumt davon unerkannt und ohne Konsequenzen mit ihr zusammen zu sein wie Gyges mit seinem Zauberring usw. Also, die Gerechtigkeit, die die Menschen öffentlich zur Schau stellen, um gesellschaftlich anerkannt zu sein, ist meistens notgedrungen irdische Schein- bzw. Schattengerechtigkeit, der die innere, himmlische, ideale Substanz fehlt. Man muss sogar davon ausgehen, dass der innerlich Verdorbenste, Unreinste und Ungerechteste gesellschaftlich am schnellsten und steilsten nach Oben kommt – ganz einfach, weil er am skrupellosesten den Schein der großen Gerechtigkeit nach Außen abgibt. Und hier stellt sich nun nach Sokrates/Platon die fiktive Frage, was geschehen würde, wenn ein wirklich überirdisch ideal gerechter Mensch – szs. der logos der Gerechtigkeit Gottes – in unsere irdische Schatten-Finsternis, unsere Höhle, kommen würde… Wie würde es diesem ergehen !? Nach Sokrates nicht sehr gut, denn dieser wahrhaft Gerechte, der „nicht gut scheinen will, sondern sein“ (361) würde in seiner überirdischen Heiligkeit eben auf trügerische, irdisch strahlende Schein- und Schattengerechtigkeit verzichten müssen und sich so seinen Ruf von vornherein komplett ruinieren. Und so prophezeite Sokrates den schändlichsten Kreuzestod für den wahrhaft überirdisch göttlich Gerechten hier auf Erden: „Ohne irgend Unrecht zu tun habe er nämlich den größten Schein der Ungerechtigkeit…“ Aber er zeigt seine innere Gerechtigkeit, „indem er auch durch die üble Nachrede und alles was daraus entsteht nicht bewegt wird, sondern unverändert bleibe er uns auch bis zum Tode, indem er sein Lebenlang für ungerecht gehalten wird und doch gerecht ist (…) so, daß der so gesinnte Gerechte wird gefesselt, gegeißelt, gefoltert, geblendet werden an beiden Augen, und zuletzt, nachdem er alles mögliche Übel erduldet, wird er noch gekreuzigt werden…“ (361) Und er wird als Negativ-Beispiel des unfähigen Schmerzensmannes, der es im Leben zu nichts gebracht und amoralisch den Göttern keine großen Opfer öffentlich geben konnte und wollte, gezeigt werden usw.
      Es ist klar, dass die Anhänger des Sokrates, dies als Prophezeiung des Todes des Sokrates verstanden. Aber aus der Sicht der Kirchenväter (z.B. Clemens v. Alexandria) und der frühen Märtyrer in ihren Prozess-Akten ist ja Sokrates nicht schändlich als Sklave am Kreuz gestorben, sondern Jesus, der wahrhaft Gerechte… Wem galt also diese heidnische Prophezeiung !? usw.

  21. Die Gnadenbotschaft Jesu: Jesus als Philosoph – Versuch über einige grundlegende Punkte

    (Hab den Versuch am Ende abgebrochen – aus Zeitmangel und eigentlich weil ich nicht mehr genau weiter weiß. Alles nach dem skeptischen Motto des Sokrates: „Jemand einen Weisen zu nennen ist viel zu großartig und betrifft allein Gott. Aber jemand als Philosoph, als Liebhaber der Weisheit zu bezeichnen, könnte angebracht sein…“ (Phaidros 278) Vielleicht trotz alles Zweifelhaften, Frag-würdigen hier was Interessantes dabei? Also please „Lay Your Troubles Down“ (ganz nach „Angel“ Angela Winbush with „Mr. Biggs“ R. Isley) Löschen no pro. !)

    Denn ich schreib mal was für streng Religiöse wirklich Schockierendes ! Ich versuch mal eine Be-gründung, warum ich so frei bin, das NT z.B. mit griechischer Philosophie zu verknüpfen, vom einzelnen, genauen Wortlaut, dem einzelnen Buchstaben der Evangelien abzusehen usw. Dies liegt wohl daran, dass ich mich bis zum Alter von 30 Jahren eigentlich nicht näher mit der Bibel beschäf-tigt habe. Ich lebte nach dem Motto: Wer weiß schon, ob das alles wirklich so genau Wort für Wort passiert ist, wie es die streng Religiösen glauben…?! Und wenn ich ehrlich bin, lebe ich heute – nach intensiver Beschäftigung mit den Evangelien – nach demselben Motto… (Aber ich glaube eben heute Paulus und Jesus an meiner Seite !)

    Wenn Paulus nämlich schreibt, „der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig“, dann sehe ich darin eine Aufforderung, den Versuch zu unternehmen, die Evangelien in einem weiten geistigen Sinn zu lesen, in einem Sinn, der über den einzelnen Buchstaben und einzelne Worte hinausweist. Nach Paulus ist also das NT nicht limitierend auf das einzelne Wort hin geschrieben, sondern be-wusst offen auf eine geistige Quintessenz. Ein Beispiel zur Verdeutlichung, wie m.E. Konzentration auf und Verherrlichung einzelner Worte einen offenen, freien Geist limitieren können. Nehmen wir z.B. das Gespräch Jesu mit dem überall anerkannten Meister-Rabbi Nikodemus aus Joh 3 über geistige Neugeburt. Wenn ich mich in meiner Deutung religiös genau an die einzelnen, genauen Worte des Gesprächs halte, gehe ich von einem relativ primitiven, äußerst knappen Gespräch aus. Wie z.B. die naiv-plastischen Fragen des Nikodemus zeigen: „Wie kann ein Mensch neu geboren werden, wenn er alt ist ? Soll er wieder in den Leib seiner Mutter zurück ?“ usw. Hier stelle ich nun provokativ die Frage: Hat Jesus wirklich, dem Wortlaut nach mit den berühmtesten Gelehrten des Judentums seiner Zeit so einfältig knapp – eigentlich ungebildet – diskutiert wie es alle Theologie, alle Religion sagt!? Ein Blick in das Lexikon zeigt doch sofort, dass es damals jüdische Denker und Schriftgelehrte gab, die an der Spitze der religiösen Bildung der gesamten hellenistischen religiös-philosophischen Welt standen: Sie diskutierten mit ausgesuchten Zitaten den Gottglauben und die Werke u.a. von Homer, Platon und Pythagoras in ihren Übereinstimmungen und Unterschieden zu den Heiligen Schriften des Judentums. Aristobul, Philon v. Alexandria oder Gamaliel, der Lehrer des Paulus, aber auch Flavius Josephus z.B. gelten auch heute noch nach jedem Standard-Lexikon als Top-Denker der damaligen geistigen europäischen Welt von Jerusalem bis nach Athen bis nach Rom. Hat Meister-Rabbi Jesus mit derartigen Geistesgrößen und deren Schülern gemäß den Evangelien Gespräche geführt, die auch ein 15jähriger ohne tiefere kulturelle und religiöse Bildung so hätte wörtlich führen können !? Meine persönliche Laien-Meinung dazu: Wohl eher nicht !!? Was die Evangelien hier, im Gespräch mit Nikodemus, vermitteln, ist doch wohl eher die geistige Quintes-senz der Auseinandersetzung: die einfach formulierte Quintessenz der vielen Gespräche Jesu mit den führenden Schriftgelehrten des Judentums seiner Zeit. Und zwar gerade so, dass ein Laie, der in den Schriften des Judentums und dem philosophischen Gebrauch der griechischen Sprache un-gebildet ist, geistig einigermaßen nachempfinden kann, worum es ging – eben die geistige Quintes-senz !

    Was wäre also ungefähr die geistige Quintessenz jenseits des einzelnen Wortlauts, die das Evangelium mit dem Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus vermitteln will !? M. E. wird durch das einfachste, knappe Gespräch geistig übergeordnet vermittelt: Jesus hatte unter den führenden Schriftgelehrten und Geistesgrößen des Judentums einige wenige heimlich Wohlwollende, mit denen er nächtelang in Griechisch, Hebräisch und Aramäisch heilige Schriften und religiöse Texte diskutierte. Es scheinen vor allem die damaligen liberalen Schriftgelehrten gewesen, zu sein, die das traditionelle Judentum mit dem Gottglauben der antiken Griechen verknüpften. Nikodemus („Sieger in der Volksversammlung“) ist ein griechischer Name – er war also ein liberaler jüdischer Gelehrter, der sich zur damals allgemein führenden griechischen Kultur, die ja auch an einen Himmelsvater glaubte, mit bekannte. Die Hauptsprache dieser religiös-philosophischen Diskussionen war wohl Altgriechisch, die Sprache des NT, und ein Begriff der zentral erörtert wurde, war der Leben gebende göttliche Geist, griech.“ pneuma“, ein griechisch-philosophischer Begriff, der so ähnlich aber auch im AT in Hebräisch gebraucht wird. Der Mensch muss aus diesem göttlich-vernünftigen Geist, der schon vor aller Schöpfung besteht und alles Sichtbare belebt und ordnet, jenseits aller Religion geistig geboren sein. Ist es eine Neugeburt ? Eine Wiedergeburt aus Erinnerung ? usw… (Bei den Griechen galt z.B. Eros als dieses aus dem Geist der Liebe, die vor der Schöpfung der Welt bestand, geborene Himmelskind, szs. das geistige Alpha und Omega…)

    Wichtig ist – man darf eben bei aller Buchstaben- und Wortkrämerei nicht vergessen: Jesus muss einer der gebildetsten Männer Israels gewesen sein ! Die Evangelien berichten z.B., dass er schon im Alter von 12 Jahren den legendären Meister-Rabbis Jerusalems zentrale Fragen stellen konnte und richtige Antworten gab. Darüber hinaus scheint er schon in diesen jungen Jahren das geheim-nisvolle religiöse Buchstaben-Tetragramm „JHWH“, geistig-vernünftig als „universellen Schöpfer-Vater“ gedeutet zu haben, den zentralen Tempel in Jerusalem als „Haus des Vaters“ usw.

    Wenn ich also von der jüdischen Schriftgelehrten-Tradition des genauen einzelnen Buchstabens und Wortes absehe und mich mehr einer geistigen Deutung der Bibel zuwende, dann bekommt das NT einen wesentlich stärkeren philosophischen Touch. Man nehme z.B. die berühmte „goldene Re-gel“ Jesu – seinen vernünftig-philosophischen, „kategorischen Imperativ“: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.“ Wenn ich die Bibel nur religiös nach einzelnen Worten und Geboten durchforste, dann ist diese Regel nur eine von vielen anderen Regeln. Wenn ich aber phi-losophisch nach geistigen Grundprinzipen frage – nach einer geistigen Quintessenz – dann ist dieses geistige Prinzip von Jesus als grundlegend und aller wörtlichen und buchstäblichen Schriftauslegung übergeordnet, gekennzeichnet. Und hier ist man schon bei einem philosophischen Ausgangspunkt jenseits aller unterschiedlicher Religion, einem geistigen Grundprinzip, das sich so z.B. bei vielen damaligen griechisch-hellenistischen Denkern auch als Ausgangspunkt finden lässt. So gilt die von Jesus angesprochene Goldene Regel in ihren unterschiedlichen Formulierungen z.B. nach der grundlegenden antiken Philosophiegeschichte des Diogenes Laertios als ein Hauptmerkmal griechischen philosophischen Denkens. Wie z.B. beim Vater der griechischen Philosophie Thales, der der Überlieferung nach als erster Gott als guten urväterlichen (= selbst unerzeugten), ewig lebendigen Schöpfer der Welt definierte. Dem „Auge Gottes“ entgehen die bösen Taten der Menschen nicht – am gerechtesten lebt der Mensch nach der universalen Regel: „Wenn wir das, was wir an anderen tadeln, nicht selber tun“ (vgl. Laertios I 36) Bis hin zu Aristoteles, dem Schüler Platons: Aristoteles forderte im Gegenüber nicht den Einzelmenschen zu sehen, sondern seine Teilhabe an der Idee der Menschheit und so z.B. auch eigentlich Unwürdigen (z.B. religiös Fremden) zu helfen: „Gerade so, wie wir wünschen, dass sie sich gegen uns verhalten „ (vgl. Laertios V 21). Oft zitiert wird auch Isokrates, ein Lieblingsschüler des Sokrates, der als Grundprinzip gerechten Lebens verkündete: „Tut anderen Menschen nicht an, worüber ihr empört wäret, wenn ihr es selbst erfahren müßtet. Was immer ihr mit Worten verurteilt, dies setzt auch niemals in die Tat um.“ Berühmt wurde dieses philosophisch-ethische Denken der Griechen durch den Tod des Sokrates, der ja ohne weiteres vor der ungerechten Justiz hätte fliehen können, aber es nicht tat, weil er nicht das tun wollte, was er immer an anderen getadelt hatte – eben geistig nach dem Motto Jesu: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.“ (Vgl. Laertios II 42f. oder z.B. Platon, Phaidon 99ff.)
    (Übrigens…Diese moralische „Schule Athens“ wurde immer auch von der christlichen Theologie als wegweisend anerkannt, wie z.B. das berühmte gleichnamige Gemälde Raphaels für den Papst im Vatikan verdeutlicht: Platon deutet hier mit seinem „Timaios“, in dem Gott als Vater und Schöpfer angesprochen wird, gen Himmel; der Schüler Aristoteles zeigt mit seiner „Ethik“ auf die Erde und verweist wie dieser Glaube im Herzen irdisch umgesetzt werden kann usw…)

    Nun deuten wir mal das wohl berühmteste Gleichnis Jesu, den „Barmherzigen Samariter“ bewusst auf geistige Quintessenz. Hier erörtert Jesus mit den Schriftgelehrten, die Frage, wie man die heili-gen Schriften lesen soll: „Wie liest du sie !?“ Und Jesus stimmt hier den liberalen Schriftgelehrten zu, die nicht absolut buchstaben- und wortgetreu interpretieren, sondern noch vor den bekannten steinernen 10 Geboten, zwei Gebote als geistig grundlegend und vernünftig annehmen: die Gottes-liebe und Nächstenliebe. Diese seien die eigentliche Substanz des jüdischen Gesetzes und in deren Licht, in deren Geist, müssten alle einzelnen Worte und Gesetze konkret angewendet und gedeutet werden. Und Jesus gibt ein Beispiel wie eine zu starke religiöse Konzentration auf und Verherrli-chung einzelner Buchstaben und Worte des Gesetzes nicht zum Leben führt, sondern tötet. Der streng religiöse Priester und der strenge Levit vergessen in Buchstaben- und Wortkrämerei vollständig den Geist der Gottesliebe und Nächstenliebe und lassen den vermeintlich religiös fremden Menschen in der Wüste sterben. Sie benutzen ihre Wortkenntnis im religiösen jüdischen Gesetz, um nicht helfen zu müssen; sie finden einen Buchstaben, einen Wortlaut im Gesetz als eine Ausrede für ihr fehlendes Mitleid, ihre fehlende Nächstenliebe. Sie gehen nicht mehr vom unausgesprochenen Postulat eines Schöpfervaters, der in jedem Nächsten jenseits aller Religion wohnt, aus, sondern folgen allein den einzelnen Worten und Buchstaben eines besonderen religiösen Gesetzes. Sie argumentieren, wie Jesus hier wie ein antiker griechischer Philosoph feststellt, nicht „vernünftig“, nicht mit göttlich-vernünftiger Einsicht (Mk 12,34). In ihrem Buchstabenglauben, sind sie in Finsternis gefangen: „Blinde, die Blinde in eine Grube („Zisternenhöhle, oft genutzt als Gefängnis“) führen“ (z.B. Lk 6,36). Und Jesus sagt über die so verlorenen Schlüssel zum Himmelreich, den verlorenen Weg nach Oben ins Himmelreich: „Weh euch Lehrern des Gesetzes! Denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen und habt auch denen gewehrt, die hineinwollten…“ (Lk 11,52)

    Und dieser Schlüssel zur Erkenntnis ist eben nicht ein besonderer religiöser Name wie YHWH, ein besonderes Wort, ein besonderer Buchstabe, sondern der allgemeine, vernünftige, natürliche Be-griff von Gott als dem liebenden, allein gerechten Vater aller Menschen jenseits aller besonderen Religion. Und Jesus spricht von diesem himmlischen Vater z.B.: „…Du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war. Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese ha-ben erkannt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen…“ (Schluss v. Joh 17) Wenn man derartige Worte als geistige Quintessenz des Glaubens Jesu deutet, dann sah es Jesus wohl als seinen göttlichen Auftrag an, die Welt, die in den Zeitaltern („aeonen“) ihrer Ge-schichte immer mehr vom liebenden, gerechten Vater aller abgefallen ist, zum wahren, vernünftigen, grundlegenden Gottesglauben zurückzuführen. Hinter den einzelnen irdischen Religionen, Kulturen, Staaten und ihren besonderen religiösen Namen für den höchsten Gott steht das überirdische Licht des allein guten und allein gerechten Schöpfer-Vaters aller Menschen. Der „verlorene Sohn“ soll in sich gehen, seine gefallene, irdische, ungerechte Realität erkennen und umkehren. Seine Seele soll den himmlischen, allein gerechten Vater suchen und sich seiner und der seligen himmlischen Hei-mat wieder erinnern. Oder in den altertümlichen Worten des Sokrates: „Dies ist Erinnerung von jenem, was unsere Seele einst gesehen hat und Gott nachfolgend, die irdische Existenz hinter sich zu lassen, aufgerichtet den Blick zum ewig Seienden…“ (vgl. Phaidros 249) Die unterschiedlichen Religionen und Kulturen der Erde sind in ihrer irdischen Schönheit nur ein Schatten-Abglanz dieser universellen göttlichen schöpferischen Güte und Liebe – eines überirdischen Lichtes, das schon bestand, ehe die Welt geschaffen war und das in der Seele des Menschen in Erinnerung überirdisch leuchtet. Der Mensch muss ein Sohn dieser universellen Liebe werden, die schon vor der Schaffung der sichtbaren Welt bestand usw. Dies ist ein vernünftiges, völkerverbindendes philosophisches Postulat, dass man so z.B. auch bei griechischen Denkern wie Hesiod oder Sokrates und seinen Schülern findet: Gott bzw. der Göttervater wirkt seit Beginn der Schöpfung jenseits aller Religion Wunder und Zeichen in allen menschlichen Stämmen, Staaten und Kulturen. Aber das „Auge Gottes“ sieht die „ganze Menschheit“ und sieht, dass sich die Menschheit immer weiter von diesem natürlichen, ursprünglichen, vernünftigen Glauben entfernt. Das vernünftig natürlich glaubende, „goldene Geschlecht“ der Menschen gibt es nicht mehr. Jeder wird in ein die Menschen trennendes und gefangen haltendes religiöses Glaubenssystem, einen unterschiedlichen Staat, hineingeboren und verliert so den Gott aller aus den Augen (Vgl. z.B. Xenophon, Memorabilia 1,4,15ff.; Platon. Kratylos 397f.)

    Wenn man also die Evangelien auf geistige Quintessenz liest, dann scheint Jesus vor allem als je-mand, der mit den Schriftgelehrten und Geistesgrößen Israels daraufhin diskutierte, die besondere jüdische Gesetzes-Religion hin zu einem vernünftigen völkerverbindenden Gottesglauben – den Glauben an den lebendigen gnädigen himmlischen Vater aller Menschen – hin zu öffnen. Wenn Jesus in einem berühmten zentralen Wort z.B. sagt: „Wisst ihr nicht !? Gott (der Vater) ist der Gott der Lebenden“ (z.B. Mat 22,32) und mit diesem von ihm als grundlegend gekennzeichneten Prinzip die jüdischen Schriftgelehrten verwirrt und sprachlos macht. Dann heißt das als geistige Quintes-senz verstanden: Jesus hat wohl den Schriftgelehrten in unzähligen Gesprächen deutlich gemacht, dass auch schon nach dem AT der universale Gottesglaube die Menschen (jenseits aller Religion) allein zum ewigen Leben rettet und nicht eine besondere jüdische Religion und Gesetzeskenntnis. Wer an einen lebendigen, allein gerechten gnädigen Schöpfergott, seinen Vater, glaubt, hat das ewige Leben jenseits aller Religion. Gleiches gilt wohl auch für die Worte Jesu vom Sohn, durch, den man zum Vater kommt. Wenn ich an manchen Stellen des NT diese Worte streng als Einzelaussagen buchstabengenau deute, dann kann es sein, dass ich verengend die besondere Person Jesu als den einen besonderen, alleinigen Weg (vgl. Joh 14,6), die eine besondere Tür (Joh vgl. 10,9) zum Vater aller Menschen auslege. Wenn ich aber das NT auf geistige Quintessenz lese, dann wird wohl eher deutlich: Jesus sprach zu den Zuhörern eher allgemein vom Vater und auch allgemein vom Sohn – jenseits seines eigenen besonderen Namens (Vgl. z.B. Joh 5,43). Die glaubenden Menschen sollen sich wie er als Sohn Gottes verstehen usw. Und die Schriftgelehrten konnten ihn diesen Punkten wohl nicht wirklich widerlegen, weil ja diese messianische Hoffnung in vielen Stellen des AT zu finden ist und eigentlich auch geistig, wie Jesus wiederholt zeigte, hinter der geheimnisvollen Buchstabenfolge YHWH, vor allem der der Psalmen Davids, steht. usw.

    Und so betont auch Paulus, dass er durch Jesus aus der Finsternis in das freie Leben mit Gott – als Sohn Gottes jenseits aller Religion – geführt wurde, z.B.: „Bin ich nicht frei ? (…) Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen unter dem Gesetz bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden – obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin (…) Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette…(Vgl. 1 Kor 9) Und in Röm 2,14 stellt er z.B. fest: „Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur aus tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie beweisen damit, dass des Gesetzes Werk in ihr Herz geschrieben ist; ihr Gewissen bezeugt es ihnen…“ Diese letzte besondere, messianische Formulierung, vom Gesetz, das auch den Heiden, also Menschen aus anderen Religionen und Kulturen „in das Herz geschrieben ist“, wird von der Theologie oft umgangen. Denn streng genommen stellt doch hier Paulus gegen jede strenge Religion fest, dass die messianische Gnaden-Hoffnung Israels auch bei Heiden (wie z.B. den antiken Griechen), die noch nie etwas von Jesus gehört haben, bereits vorhanden ist !? Prophet Jeremia hatte doch den neuen, messianischen Bund der Gnade prophezeit, indem der Messias. endgültig das neue „Gesetz den Menschen in das Herz schreibt“ und Gott von allen Menschen jenseits aller religiöser Lehre und besonderen Gesetzen an seiner Gnade, seinem Willen zur Gnade, in seinem Wohlwollen, erkannt wird: „…denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken“ (Vgl. Jer 31) Und Jesus hat doch dann im Tempel daran angeknüpft, indem er mit dem „Finger Gottes“ in einem Zeichen auf die Steinplatten schrieb und damit in die Herzen der Zuhörer: „Hört meine Stimme ! Hört mein Wort ! Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein…“ (vgl. Joh 8) Dieses Zeichen, dieser Geist der Gnade Gottes, dieses neue Gesetz des Herzens, soll von nun an das Herz der Menschen in einem neuen „Herzensbund“ regieren usw. Und Paulus war also offensichtlich davon überzeugt, dass auch vielen Heiden, selbst, wenn sie noch nie etwas von Jesus und dem jüdischen Messias gehört haben, die typische jüdische messianische Gnadenhoffnung ins Herz geschrieben ist. Auch die Heiden (z.B. antike Griechen), hören verborgen von vornherein die Stimme der Hoffnung, die Stimme der Gnade, die Stimme des neuen Menschen in ihrem Herzen. Wie sagte doch Jesus zu den Juden: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen (…) Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören…usw. (vgl. Joh 10)

    (So hier bin ich hängengeblieben ! Vielleicht schreib ich mal daran weiter!? Was ich noch weiter ausführen wollte war, dass auch das einfache philosophische Gespräch des Paulus mit den Athe-nern wohl so niemals wörtlich genau stattgefunden hat, sondern, dass das NT wohl nur dessen geistige Quintessenz einfach für philosophische Laien darstellt: Diskussion abstrakter Begriffe von Gott in der griechischen Philosophie, Gottglauben in der Literatur Athens usw. Paulus war sicherlich – wie auch Jesus – viel gebildeter, als nur so plakativ einfach zu diskutieren, wie man es glauben könnte, wenn man die Bibel streng wörtlich-religiös auslegt. Das ist alles im NT sicherlich selbst für Rabbi Gamaliel, den Lehrer des Paulus, viel zu einfach formuliert – selbst er hatte sicherlich viel tiefere Kenntnisse in griechischer Philosophie… usw. Man vergleiche, z.B. einmal ein einfaches Zitat aus Philon v. Alexandrien, um das damalige Niveau in (jüdischen) Gelehrtenkreisen, auf dem man über Gottbegeisterung, Heiligen Geist, ewige Seele, Zungenreden, den Glauben Abrahams, dionysisch-bacchische Begeisterung usw. diskutierte in Umrissen nachzuvollziehen. Das ungefähre reale Niveau von Jesus und Paulus, wie ich glaube:
    „Wenn du, also, meine Seele, irgendeinen Wunsch hast, Erbe der göttlichen Güter zu werden, so verlasse nicht nur ‚dein Land‘, d.h. den Körper, und ‚deine Verwandtschaft‘, d.h. die Sinnlichkeit, und ‚das Haus deines Vaters‘, d.h. die sinnvolle Rede (logos), sondern entfliehe auch dir selbst, gehe aus dir heraus in bacchischer Verzückung gleich den Besessenen und den Korybanten und gotterfüllt mit prophetischer Begeisterung. Denn die Seele wird Erbe der göttlichen Güter sein, wenn sie gottbegeistert nicht mehr in sich ist, sondern von himmlischer Liebe getrieben und entflammt, von dem wahrhaft Seienden geführt und zu ihm empor getragen wird, während die Wahrheit ihr voranschreitet und jedes Hindernis hinweg räumt, damit sie auf ebenem Weg wandele“ (Quis rerum divinarum heres sit, 69-70)

    Das dürfte so ungefähr das Bildungs-Niveau gewesen sein auf dem Jesus und Paulus mit den damaligen Gelehrten über Gott – den nach Platon einzig wahrhaft Seienden – diskutierten : Irgendwie eine hochgebildete Synthese von jüdischer Bibelauslegung, vermischt mit exzellenten Kenntnissen in griechischer Philosophie. Wer kann da heute noch mithalten ? Wie kann man das als Laie überhaupt jemals verstehen ? Wie sagte es Jesus laut Joh. 7,34ff.: „Ihr werdet mich suchen und nicht finden; und wo ich bin, könnt ihr nicht hinkommen.“ Da sprachen die Juden untereinander: „Wo will dieser hingehen, dass wir ihn nicht finden könnten? Will er etwa zu denen gehen, die in der Zerstreuung unter den Griechen wohnen, und die Griechen lehren?“ usw.)

  22. Einige Spekulationen über die Mysterien-Sprache Jesu bzw. über verloren gegangenes Wissen und verloren gegangene poetische Bilder

    Ich versuch mal was, was man so auf Anhieb wohl nur schwer verstehen kann ! Alles nach dem Motto der alten Griechen: „Schöner glauben !“ Alles geheimnisvoll-mysteriös nach Meister-„Perlenfischer“ Rumi: „What strikes the oyster shell doesn’t damage the pearl“, „Prince: „Diamonds and Pearls…I would give you the world“ and the Boss with the Big Man: „all out to where the gypsy angels go, they’re build like light and they dance like spirits in the night…“ und geheimnisvoll lustig nach „Eros – Un Altra te…?“ (um mit ein paar Songs mysteriös zu grüßen, weil mir kein Weihnachtssong einfällt) Vielleicht was interessant !? Löschen no pro ! It´s just for fun !

    In der Zeit Jesu existierten doch in der von griechischer Kultur geprägten Mittelmeerwelt viele Mys-terienkulte, die den Eingeweihten eine Hoffnung auf ewiges Leben gaben. So verehrte man z.B. die verborgene Göttlichkeit des Brotes, als die des kultivierten Weizenkorns, das dem Menschen Leben schenkt (Eleusis) oder die verborgene Göttlichkeit des Weines (Dionysos), der im Menschen einen Geist entfaltet, der für das Jenseits hoffnungsvoll selig stimmt. Ein wichtiges Kennzeichen dieser Mysterienkulte war, dass sie in ihrer Lehre Gleichnisse und Bilder gebrauchten, die nur Eingeweih-ten, also wirklich Wohlwollenden, klar verständlich waren. Damit wollte man sich vor öffentlichem Streit und Verfolgung schützen. Jesus knüpfte wohl mit seinen eigenen besonderen Gleichnissen und Bildern an diese griechische Mysterien-Tradition an: „Euch ist’s gegeben, zu wissen die Ge-heimnisse des Reiches Gottes, den andern aber ist’s gegeben in Gleichnissen, dass sie es sehen und doch nicht sehen und hören und nicht verstehen…(Lk 8,10) usw.

    Also muss man davon ausgehen, dass viele Ausdrücke und Bilder, die Jesus in seiner einfachen Sprache verwendete, einen tieferen geistigen Sinn enthielten, als im normalen buchstäblichen Ge-brauch. Ein Beispiel wäre der Begriff der Armut, den Jesus immer wieder lobend hervorhob. Ver-steht man dessen Gebrauch als Außenstehender nur buchstäblich/wörtlich, dann kann man Jesus wohl oberflächlich als eine Art Armutsprediger und Reichtumskritiker deuten. Wenn man aber das NT wohlwollend auf höheren geistigen Sinn, eine höhere geistige Quintessenz, liest, wird schnell deutlich, dass „Armut“ bei Jesus nicht im materiellen Sinn zu verstehen ist, sondern in einem höhe-ren geistigen: der Mensch muss sich vor Gott geistig als arm, als Bittender, als Bettler erkennen. Denn selbst der an Geld reichste kriegführende König wie König David und selbst der an morali-schem Erfolg vordergründig reichste, friedliche Wüsten-Eremit-Asket, der ohne Geld nur von Brot und Wasser lebt, wie Johannes der Täufer – beide bleiben vor Gott in ihrem proklamierten Erfolg, ihrem Reichtum – in einem höheren geistigen Sinn verstanden- immer irdisch arm, sündig verloren. Also: „Selig vor Gott sind die geistig armen…“ (Mat 5,3) usw. Ein weiteres Beispiel wäre die Spra-che der Evangelien vom unreinen Leprakranken. Für den Eingeweihten in die Bildsprache des Ju-dentums ist klar, dass die Worte von dieser Krankheit der Unreinheit, vom „menschlichen Fleisch, in dem nichts Gutes wohnt“ (vgl. z.B. Röm7), in einem höheren geistigen Sinn zu verstehen sind: Der Mensch ist in seinem sündigen Fleisch, seiner sündigen irdischen, gefallenen Natur vor dem heiligen, allein gerechten Gott immer unheilbar tödlich krank – ein bettelnder, unreiner, kranker Lep-ra-Lazarus (Vgl. Lk 16). Er kann sich nicht selbst durch eigene irdische, vermeintlich gerechte Wer-ke in eine himmlische Gerechtigkeit retten. Er kann nur durch geschenkte himmlische Gnade von seiner tödlichen Sünden-Krankheit, vom sicheren Tode zum eigentlichen wahren himmlischen Le-ben geheilt werden. Wenn Jesus also alle Leprakranken, die er trifft, im Namen des Vaters heilt, dann ist dies für wohlwollende Eingeweihte, „Menschen mit Ohren, die hören“, ein göttliches Zei-chen: Wer zum Vater im Geist des sündig verlorenen, irdisch unreinen Sohnes umkehrt und um Vergebung und gesundes, wahres, ewiges Leben bittet, wird beides erhalten: „Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt…“ (Lk 15,21) Denn Gott ist dem verlorenen, sich als sündig unwürdig erkennenden Sohn ein gnädiger, heilender, heiliger Vater. Alles nach dem Motto Jesu für die verlorenen Leprakranken: „Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren (…) Dein Glaube hat dich gerettet…“ (Lk 17,18) usw.

    Es wird wohl klar: Man muss man davon ausgehen, dass die Evangelien, in einem Höheren geisti-gen Sinn zu verstehen sind und eine verborgene , nur dem wohlwollenden Eingeweihten klar ver-ständliche Sprache von der Hoffnung auf ewiges Leben offenbaren. Hier stellt sich nun (für mich als laienhafter Hobby-Kulturphilosoph) spekulativ die Frage: Könnte es da nicht auch verborgene Zusammenhänge und Übereinstimmungen mit der Sprache anderer damaliger berühmter hellenisti-scher Mysterienkulte und Philosophie geben, die ja auch auf ein ewiges Leben hofften und zentrale Begriffe in einem höheren geistigen Sinn gebrauchten? Doch selbst, wenn es da Übereinstimmun-gen gäbe, wie könnte man diese erkennen !? Kaum ein Mensch hat heute noch nähere Kenntnisse darüber !? Vielleicht finden sich in alten, verstaubten Büchern von antiken Gelehrten verborgen in Bibliotheken noch einige Hinweise…!? Und man muss leider feststellen: Dieses heute mangelnde, verloren gegangene Wissen, betrifft selbst solch berühmte Denker wie Sokrates/ Platon, die ja auch an alte Mysterien-Traditionen anknüpften. Nehmen wir z.B. die mysteriösen, berühmten letzten Worte des Sokrates vor seiner Hinrichtung: „Stiftet bitte dem Heilgott Asklepios ein Dankopfer !“ Seine Schüler, als Eingeweihte, nahmen, verstanden und befolgten diese zeichenhaften Worte wie selbstverständlich. Aber bis heute streitet die Gelehrtenwelt vehement über ihren möglichen höheren, geistigen Sinn: Verstand Sokrates seinen Tod etwa als Heilung von einer langen irdischen Krankheit ? War er etwa gar Gott für seinen Tod dankbar !? Eine stark kritisierte Minderheit in der Gelehrtenwelt hält dies für möglich. Als Anhaltspunkte hierfür gelten bei den Gelehrten u.a. des Sokrates Worte im Phaidon, in denen er den Tod als von Gott geschenkte Befreiung des reinen Seelenkerns vom unreinen, sündig-tollwütig krankhaften Leib beschrieben hatte. Der Mensch muss sich in seiner irdischen, fleischlichen Existenz als unheilbar krank verstehen, unfähig zu reinem, moralisch gerechten Handeln und unfähig zu reinem, wahrhaften Erkennen. Erst der Tod befreie den Menschen in die Unverborgenheit, also Wahrheit und Gerechtigkeit Gottes usw. (Phaidon 66f. vgl. auch Axiochus 17)

    Aus dieser Perspektive erscheint es also so, als hätten Sokrates u. Platon ähnlich wie Jesus und das NT gedacht und sogar eine ähnliche geistig zu verstehende „Mysteriensprache“ gebraucht: Der Mensch ist in seinem Fleisch unheilbar leprös krank und unfähig zum wirklich moralisch guten, gerechten Handeln. Eigentlich überhaupt unfähig das Wahre und Gerechte mit seinen irdischen Au-gen, seinem unreinen irdischen Blick zu erkennen. Also: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ Und wie Jesus herausfordernd zum Nachdenken sagte: „Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg…! Wenn dich deine leprös, unreine Hand zum Bösen verführt, dann hack sie dir doch einfach ab“ (vgl. Mat 5,29f.) Aber welcher Mensch kann das ? Wir alle sind mit unserem Körper untrennbar verbunden ! Wir alle können uns nur mit unseren unreinen schwa-chen irdischen Augen hier zurechtfinden, gerade so, damit wir hier nicht irdisch stolpern und wie ein dummes übermütiges Schaf in eine Zisternenhöhle fallen, aus der wir nicht mehr herauskommen. Wir sind seelisch in unserem Leib und in unseren schwachen trügerischen irdischen Sinnen gefangen und können uns nicht selbst daraus befreien. Das Licht, das wir mit unseren unreinen irdischen Augen empfangen, ist immer trüb und von vornherein nicht wirklich das reine Licht der Wahrheit. Wir haben alle einen Schattenblick, einen Balken im Auge. Wie sagte Jesus: „Wenn nun das Licht in dir Finsternis („Schatten“) ist, wie groß muss dann diese Finsternis sein! Richte also nicht über den anderen als blind, der du selbst blind, in die finstere Grube gefallen und gefangen bist. Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst“ (vgl. Bergpredigt) Als schwacher Mensch kannst du nur – und musst folglich allein – auf die Gnade des liebenden, verzeihenden Vaters setzen, nicht auf deine eigene fleischliche Stärke, deine eigene Weisheit, dein eigenes Erkennen von Gut und Böse. Allein die gnädige Wahrheit, Unverborgenheit Gottes kann und wird dich aus der Finsternis ans Licht führen: „The truth will set you free“ (Joh 8,31) usw.
    Ermutigt von dieser gefundenen möglichen Übereinstimmung in der Bildsprache zwischen den Ein-geweihten des Sokrates bzw. Platons und der Jünger Jesu, versuche ich nun im Folgenden eine ge-nauere Analyse der Begriffe „Perle“ und „Licht“ bei Platon/Sokrates in ihrer Übereinstimmung mit Jesus und dem NT – eigentlich die beiden Begriffe zu denen mir als Laie überhaupt etwas einfällt…

    Für den Laien, der sich etwas für alte antike europäische und östliche Mysterien über das Leben nach dem Tod interessiert, erscheint es so, dass der Begriff der Perle hier, in der Sprache der alten Mysterien, weltweit grundlegend in einem geistigen, höheren Sinn verstanden wurde (wie bis heute noch im Islam !?). Denn in der Welt der Antike galt die Perle, wie so ziemlich nach jedem Lexikon deutlich wird, bei allen Kulturen als eines der größten göttlichen Wunder – als ein Mysterium göttli-cher, poetischer Wahrheit. Ist nicht die Muschel ein lebendiges Wesen, gefangen in einer irdischen Schale – aber ein Lebewesen, das in seinem unreinen irdischen Fleisch einen Perlen-Kern reiner, überirdischer, ewiger Schönheit enthält !? Wenn die Schale aufbricht und das Fleisch stirbt, bleibt dann nicht eine merkwürdig ätherisch leichte, aber feste Perle zurück, die in ihrem Glanz an den Glanz des Sternenhimmels erinnert !? Sind also Auster und Perle nicht ein poetisch-göttlicher Hin-weis, auf eine höhere Wahrheit – die Wahrheit von der Unsterblichkeit der Seele und ihrer Heimat im Sternenglanz des Schatzhauses des Himmels !? usw. Folglich dachten z.B. die antiken Griechen, die ja allgemein die poetisch schönste Wahrheit als höchste göttliche Wahrheit (Unverborgenheit Gottes, „aletheia“) deuteten und deren Denker und Dichter über die schönste poetische Wahrheit debattierten – sie dachten sich die Perle als in einer spirituellen Hochzeit aus Himmel und Erde ent-standen. Wenn der Göttervater über dem Meer donnert und seine Blitze wirft, dann wird im irdi-schen Fleisch der Austern-Muschel in einem Mysterium göttlichen Lichtes die überirdisch schöne Perle geboren: der Funken, der Glanz des Himmlischen, des Ewigen im Irdischen.
    Berühmt ist diese grundlegende Bildsprache der antiken Welt bis heute durch die italienische Renaissance, wenn man sich z.B. die Geburt der Venus von Botticelli aus den Uffizien in Florenz vor Augen führt: Die himmlische Liebe und Schönheit, symbolisiert durch die Göttin Venus, wird in einer Muschel – als deren glänzend schöne Perle – an den Strand gespült, um sich den hoffenden Menschen in ewiger Schönheit zu offenbaren. Die himmlische Liebe, die selige Seelenschönheit, ist die ewige himmlisch schöne Perle, die die Menschen selig und wahrhaft reich macht. Botticelli malte sie als himmlische, rein schöne rothaarige Frau in einer Jakobsmuschel, der traditionellen Muschel, der gottsuchenden christlichen Pilger und verband so die Bildsprache der Antike mit der christlichen. Eben eine Bildsprache, die in ihren Grundzügen übereinstimmend so in der ganzen antiken heidnischen Welt weit verbreitet war. Aphrodite/Venus, war als die himmlische Perle, als die himmlische Schönheit, die himmlische Liebe, die aus dem Meer gestiegen war, jedem von Kindheit an bekannt. Man betrachte z.B. die berühmten Wandmalereien im ausgegrabenen Pompeji von der Venus, der himmlischen, reinen Liebe, geistig dargestellt als Perle der Meermuschel, begleitet vom Himmelskind Eros bzw. Eroten… Und so beschreiben sogar viele frühe antike christliche Autoren wie z.B. Kirchenvater Clemens von Alexandria Jesus in dieser geistig zu verstehenden, damaligen Bildsprache: Jesus, als „Perle der Perle Maria, aus dem Blitz des Himmelsvaters geboren“, szs als Sohn des Donners und des Lichtes, als Sohn der himmlischen Liebe (vgl. Fragmente II,5) usw.
    Philosophisch-religiös gedeutet findet sich diese damalige, weit verbreitete Bildsprache von der Auster und ihrer Perle – nämlich die Perle verstanden als ewiger, reiner Seelenkern des Menschen – wie selbstverständlich z.B. auch beim führenden jüdischen Schriftgelehrten der Zeit Jesu, Philo von Alexandria. Dieser versuchte die Weisheiten der Mysterien der orientalischen und europäisch-griechischen Welt miteinander zu verbinden. Und er beschreibt z.B. den jüdischen Gesetzgeber Moses als himmlischen Menschen mit tiefem Glauben, dessen ewiger Seelenkern, wie in dem Phaidros des „göttlichen Platon“ dargestellt, im Tod in einem „Mysterium des himmlischen Lichtes und Glanzes“ das „finstere irdische Gefängnis der Austernschale“ (vgl. Philon, De virtutibus 76; vgl Platon, Phaidros 250) verlassen habe, um in den himmlisch-ätherischen Perlenglanz des väterli-chen Äthers aufzusteigen und dort Wohnung zu finden.

    Und mit diesem, heute wohl fast verlorenen, Grundwissen im Hinterkopf versuche ich nun eine Deutung des berühmtesten Gleichnisses der Antike, des Höhlengleichnisses des Sokrates – szs. eine Deutung für Eingeweihte in das Mysterium der Perle, die für jeden Außenstehenden ziemlich verrückt erscheinen muss. Also noch einmal kurz zur Erinnerung einige Hauptgedanken des Gleichnisses bei Platon: Wir Menschen sind nicht von Geburt, aber von frühester Kindheit an, in einer finsteren Gruben-Höhle gefesselt gefangen und können nur Schattenbilder wirklicher Gegenstände an der Höhlenwand sehen. Schattenbilder, die uns von einer Schauspielerbühne hinter unserem Rücken durch ein Höhlenfeuer an die Wand geworfen werden (eigentlich wie in einem modernen, dunklen Fernsehkino !?). Aber wir können uns als Gefesselte eben nicht umwenden und deshalb nicht wirklich umdenken: Wir können das Licht, indem wir die Welt erkennen, nicht als künstliches Feuer und Schattenlicht identifizieren und die sich für frei Haltenden, die uns von der Schauspielerbühne in die Grube hinab eine Schattenwahrheit als göttliche Realität, als kulturelle und religiöse Wahrheit verkaufen, als falsche Lichtbringer in der Zisternen-Gruben-Höhle entlarven. In den Worten Jesu, der von diesem Umstand wusste und die Selbstgerechten, vermeintlich Freien, entlarvte: „Wehe euch ihr Schauspieler („hypocrites“) ! Ihr blinden Blindenführer, ihr haltet euch für sehend und frei, aber ihr habt auch einen Balken im Auge! Ihr seid Blinde, die andere Blinde in eine gemeinsame Höhlenfinsternis, in ein gemeinsames Zisternen-Gefängnis geführt haben… (Vgl. z.B. Mat 15,14; Joh 9,39ff.) usw. Und nach Platon und Sokrates, ist es nun die Aufgabe des Philosophen, die Menschen aus dieser Höhlenfinsternis zu retten, sie in einer Art Neugeburt in Freiheit herauszuführen. Und Sokrates vergleicht diesen Geburtsprozess im Höhlengleichnis in einem bis heute rätselhaften Mysterienwort mit dem „Umdrehen einer Austern/Muschelschale“ (Der Staat 7,251), die sich in einem „vergänglichen irdischen Licht, das eigentlich Schattenfinsternis ist“, befindet. Wir wissen nun als Eingeweihte in die Sprache der Mysterien, was ungefähr gemeint sein könnte: Man wendet doch eine angespülte Auster/Muschel, um in vager Hoffnung irgendwie eine himmlisch glänzende Perle zu finden, sie in das Licht zu bringen !? Der rettende Philosoph hilft uns also nach Sokrates und Platon, den himmlischen Glanz unserer Seelenperle in der irdischen Finsternis zu entdecken, das ewige Licht, den ewigen Glanz der Seele in uns. In diesem Glanz der Perle, des himmlischen Seelenschatzes in uns, erkennen wir uns dann erst als gefesselte Gefangene in irdischer Höhlen-Finsternis: als Gefangene in einer im prometheischen Schattenlicht der Hybris befangenen Welt. Wenn der Himmelsglanz der Perle in uns wahrhaft leuchtet, der Sternenglanz des Himmelsreiches, des Reiches Gottes in uns, dann entlarvt er den Glanz der Welt als trügerisch und vergänglich – als Schatten, der vor dem eigentlichen Licht Gottes vergehen muss. Diese allein wertvolle Perle in uns zählt allein und darf in der irdischen Finsternis nicht verlorengehen ! Wie sagte es Jesus in einfachen Worten, aber mysteriös-rätselhaft z.B.: „Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie…“ (Mt 13,45f.); „Werft eure Perlen nicht vor die Säue, auf daß sie diese nicht zertreten mit ihren Füßen und sich wenden und euch zerreißen…(Mat 7,6) Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz..“ (Mat 6,20) usw.

    Und wie sagte doch Jesus in einfacher, aber geheimnisvoller Mysteriensprache: „Die Lampe des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Auge klar ist, so wird dein ganzer Leib licht sein; wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finster-nis („Schatten“) ist, wie groß ist die Finsternis!“ (Mat 6,22)“. Wenn dein Blick auf das Irdische, die irdischen, äußeren Schatten gerichtet ist, dann ist von vornherein ein Balken, ein Schatten in dei-nem Auge – in deinen Augen kann niemals das überirdische himmlische Licht glänzen, du kannst es niemals erkennen. Wenn aber in deinen Augen, in deinem Blick der Glanz des Guten, Ewigen, Wahren – der Glanz Gottes – ist, dann wird letztendlich auch dein Leib, deine irdische Existenz, in das göttliche, reine Licht gelangen – von diesem Licht dann erleuchtet und spirituell gereinigt. Also richte dein inneres Auge auf das Licht des „Reich Gottes in dir“ (Lk 17,21), den Glanz deiner ewi-gen Seelen-Perle, auf das in deinem Blick dann der Glanz des Himmelreiches leuchte, denn in dei-nem eigenen inneren Perlen-Glanz wirst du den Glanz des Himmelreichs erkennen. Aber fürchte vielmehr den, der Leib und Seele verderben kann in der Höllengrube (vgl. Mat 10,28), den falschen Lichtbringer (lat. „lucifer“), den wahren Todesschattenbringer. Halte dich an das wahre Gnadenlicht, laut NT „das Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen“ (Joh 1) – also das Licht des himmlischen Vaters aller Menschen, das von vornherein jenseits aller Religion, Kultur, Leistung von Geburt an über allen und in allen leuchtet. Komm mit deiner gefallenen Schattenexistenz, deiner Existenz in unreiner Finsternis, deinen Fehlern, Sünden, deinen bösen Werken in das Gnadenlicht des Vaters. Mache es nicht wie die Menschen, die trotz ihrer irdischen Verlorenheit, gefangen in unserem „valley of the shadow of death“, das Licht der Gnade des Vaters verschmähen und dabei aber vergessen, dass sie damit gleichzeitig zum Finsteren und Bösen in ihnen Jasagen. Dein Wort sei ein klares Nein zum Bösen, das alle Menschen gefangen hält und ein klares Ja zur unverdienten, befreienden Gnade des Vaters – zum Licht des Vaters. „Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind… (Joh 3) usw.

    Dieses Mysterium des göttlichen Gnadenlichtes ist schwer zu begreifen und ich weiß nicht, ob ich es selbst richtig verstehe. Platon/Sokrates nannten dieses Licht das geistige, philosophische Licht für das „geistige Auge“. Jedenfalls gingen sie davon aus, dass der Mensch nur das geistig erkennen kann, was er zuerst in sich selbst schon gesucht, erhofft und vielleicht gefunden hat. Also: Du kannst Gott, das himmlische Licht, nur erfahren, wenn du zuerst in dir, in deiner Seele, einen Glanz von ihm gesucht und erfahren hast, wie sie z.B. im Sonnengleichnis zeigten. Goethe z.B. dichtete darüber: „Wär‘ nicht das Auge sonnenhaft, / Die Sonne könnt‘ es nie erblicken; / Läg‘ nicht in uns des Gottes eigne Kraft, / Wie könnt‘ uns Göttliches entzücken!“ Dies scheint alles sehr verwirrend und ist es auch für mich. Aber um dieses geistige Licht, das Gnadenlicht Gottes, besser zu verstehen, betrachte ich manchmal Gemälde des Renaissance-Meisters Caravaggio. Er war vielleicht nicht der lieblichste Maler, aber man sagt von ihm, das keiner das Mysterium des geistigen, spirituellen Gnadenlichts eindrucksvoller gemalt hat. Da ist z.B. das „Abendmahl in Emmaus“ (Pinacoteca Brera, Mailand). Das Licht, das das Abendmahl des abgekämpften, erschöpft wirkenden fremden Mannes (Jesus) mit den beiden, ebenfalls irdisch abgekämpft wirkenden Jüngern erleuchtet, erscheint merkwürdig optisch falsch ohne materielle, irdische Lichtquelle gemalt. Es scheint unnatürlich direkt aus der Finsternis der Schatten herauszutreten. Aber Caravaggio ist kein Malanfänger, wie hier sofort deutlich wird – er kann Menschen in ihrer irdischen Schwäche perfekt real malen ! Es geht Caravaggio offensichtlich um ein geistiges Licht, das über die materielle, irdische Realität, die Realität des Fleisches hinausweist ! Es geht ihm wohl um das gnädige Licht des Segens des Himmlischen Vaters ! Jesus spricht in irdischer Finsternis den Segen des himmlischen Vaters über Brot und Wein und dieses geistige Licht erleuchtet die Seelen der beiden Jünger, einer bekanntlich mit griechischem Namen Kleopas (= „Herrlichkeit des Vaters“). Beide erinnern sich in ihrer Verzweiflung wieder an den Geist Jesu, an seine Worte vom Licht Gottes, den Himmels-Seelenschatz, der in jedem ist und sie erkennen ihn als den Auferstandenen, ewig lebenden Bruder, der als Retter in unsre Finsternis kam, wieder. Ihnen wird szs. das „geistige Auge“ aufgetan (vgl. Lk,24,3). Und das Bild ist so gemalt, dass der Betrachter, der davor steht, an der Szene in dem finsteren Raum wie ein unmittelbar Beteiligter teilhat. Werden wir als Betrachter das geistige Licht des Vaters, das für jeden jenseits aller Religion aus der Finsternis leuchtend erscheint, als rettend und befreiend erkennen !? Erkennen wir das Licht der Gnade, das über unsere verlorene, abgekämpfte, mühsame, erschöpfte irdische Existenz hinausweist !? usw. Bekannt für dieses geistige Gnadenlicht ist auch Caravaggios Grablegung Christi in den Vatikanischen Museen. In finsterster Nacht wird der Leichnam Jesu in das Grab gelegt. Aber die ganze Szenerie wird von einem Licht erhellt, das es so niemals in der Realität geben kann. Irgendwie glänzt der unbekleidete, nackte Leichnam in einem hellen, rein weißen Licht, das die Umstehenden erhellt. Zudem scheint auch ein gezielter Lichtstrahl vom Himmel her, die Personen und den Leichnam zu erhellen, ja gar in das Grab selbst hineinzuscheinen. Man kann im Grab, so-gar in der Grabesfinsternis, eine Pflanze erkennen, die hoffnungsgrün schimmert. Es ist offensicht-lich das geistige Licht des Vaters, des Gottglaubens, das alles erhellt und selbst in das Grab hinein-scheint. Wie sagte Jesus u.a.: “Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich’s wieder empfange…“ (Joh 10,17) Und das Bild ist so gemalt, dass der Betrachter, der vor dem Bild steht, sich eigentlich gedanklich dort befindet, wohin Jesus gelegt wird: in der Tiefe und Finsternis des Grabes. Werden wir als Betrachter das geistige Gnadenlicht des Vaters, die Hoffnung in unserer Grabesfinsternis erkennen, das Gnadenlicht, das jenseits aller Religion zu uns, zu jedem Menschen, spricht !? Glauben wir als verlorene sündige Söhne und Töchter Gottes unserem Bruder Jesus, dem Sohn auf dem das ewige Wohlwollen, das „Gefallen des Vaters“ (Mk 1,11), das Licht des Vaters, für alle sichtbar lag und folgen seinem Weg des Gnaden-Glaubens. Werden wir wie Jesus in sicherem Gnaden-Glauben sterben ? Wie Paulus schrieb: “Das ist gewisslich wahr: Sind wir mit gestorben, so werden wir mit leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen…“ (2 Tim2,11) „Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod wird hinfort nicht über ihn herrschen…“ (Röm 6,5) usw.

    So, ich hoffe, das war nicht zu sehr verwirrend ! Ich muss das selbst noch mal genauer durchden-ken… Übrigens: Wenn es jemand mit Spezialkenntnissen interessiert. Was ich mal in Zukunft etwas studieren wollte und was ich mal bei Kirchenvätern angedeutet gelesen hab, ist: die sog. „Plato-nisch-philosophische Trinität“. Nach Platon kann nämlich Gott, das lebendige, ewig ideal Gute nicht gedacht werden, ohne das ewige Wahre und auch nicht ohne das ewig Schöne. Das eine besteht nur, wenn das andere auch existiert. Wie könnte das mit dem christlichen Glauben vom guten Vater, der nicht ohne die Wahrheit („Unverborgenheit“) des Sohnes und des himmlischen Geistes, der lebendigen geistigen Klarheit und Schönheit, in der alles zum Leben kommt, bestehen kann, genauer in Verbindung gebracht werden? usw.
    Vielleicht schlummert ja irgendein antikes Buch in einer alten Bibliothek, das Licht ins Dunkel bringen könnte…?!

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