In Matthäus 7,21 finden wir eine Aussage, die vielen Christen Kopfzerbrechen bereitet:

21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel hineinkommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.

Das Kopfzerbrechen liegt nicht zuletzt daran, dass sie zu den Lieblingsstellen der „Rauner und Droher“ ( https://konsequentegnade.wordpress.com/bibelstellen/lieblingsbibelstellen-der-droher-und-rauner ) gehört, die gerne von Heilsverlust und Rettung aus Gnade PLUS Gehorsam reden (um Christen zur Befolgung von Geboten zu motivieren bzw. gerne die Rolle des Heiligen Geistes im Leben des Gläubigen spielen wollen).

Schauen wir uns einmal näher an, ob es dafür Gründe gibt. Tun wir nicht den Willen des Vaters? Gibt es Gründe, sich Sorgen darum zu machen, ob wir ins das Reich der Himmel hinein kommen?

„Herr“ sagen viele Menschen über Jesus, die offensichtlich und vermutlich keine Christen sind. Und es sind mehr als uns lieb sein kann. Für sie ist Gott jemand, dem man auf jeden Fall mal Gehorsam zu zeigen hat. Und die Gruppe, über die Jesus hier spricht, sagt auch selbst, was sie so getan haben:

22 Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr! Haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan?

Der Eindruck drängt sich auf, dass es sich um das handelt, was wir heutzutage die „charismatische“ oder „Geist“-Variante des Gehorsams nennen könnten. Evangelikale tun andere Dinge, wenn sie gehorsam sein wollen. Aber das Prinzip ist das selbe: „Schau, Herr, was wir getan haben. Schau unseren Gehorsam an“.

Der „Wille meines Vaters“ aus Vers 21 ist offensichtlich etwas anderes. Wenn wir den „Willen des Vaters“ erfüllen, verlassen wir uns ganz und gar auf Jesus und seine Erlösung, auf die Gnade, die er uns schenkt. Und wir kämen gar nicht auf die Idee, unsere Werke anzuführen, wenn wir vor Jesus stehen. DAS ist ganz klar eine andere Art von Gehorsam. Bei dieser Art von Gehorsam gibt es auch Frucht, es werden Werke aus Glauben getan. Aber sie dienen uns nicht als Rechtfertigung für uns selbst.

Vers 23 macht dann gleich noch klar, dass wir es nicht mit dem Phänomen zu tun haben, dass hier neugeborene Kinder Gottes wieder verloren gegangen sind:

23 Und dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt. Weicht von mir, ihr Übeltäter!

Vielmehr hat Jesus diese Menschen niemals gekannt. Sie waren also zu keinem Zeitpunkt Kinder Gottes. Und sie werden auch noch als „Übeltäter“ bezeichnet. Da ist offensichtlich etwas gründlich schief gegangen bei dem Bild, dass sich diese Menschen von Jesus gemacht haben.

Erinnern wir uns auch daran, dass Jesus auch denen gedient hat, die unter Gesetz waren. Und unter Gesetz zählt nur der Gehorsam im Tun und Lassen.

Eine Antwort »

  1. Sehr richtig! Dieser Vers wird von Vertretern des Lordship-Leistungsevangeliums mit gebetsmühlenartiger Regelmäßigkeit vorgebracht, um zu beweisen, dass ein Glaubensbekenntnis nicht ausreiche, sondern ein „Leben des Gehorsams“ das Entscheidende sei (z.B. John MacArthur, Lampen ohne Öl, CLV ²2012, S. 23, 211). Dass die hier beschriebenen Leute sich eben nicht auf ein Glaubensbekenntnis beschränkten, sondern im Gegenteil sehr aktiv für den Herrn waren (Vers 22), wird dabei großzügig ignoriert.

    Zum „Willen des Vaters“ kann man vielleicht noch Joh 6,40 heranziehen: „Denn dies ist der Wille meines Vaters, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe“.

    • Joh 6,40 würde ich in dem Zusammenhang unterstreichen. In V. 39 steht in Abgrenzung dazu sogar noch:

      Dies aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich von allem, was er mir gegeben hat, nichts verliere, sondern es auferwecke am letzten Tag.

      Hier sieht man eine Abgrenzung zwischen dem „Willen des Vaters“ und dem „Willen Gottes“. Ich denke, dass „dessen, der mich gesandt hat“ deckungsgleich ist mit „Gott“:

      Da sprach ich: Siehe, ich komme – in der Buchrolle steht von mir geschrieben -, um deinen Willen, Gott, zu tun.“ (Heb 10,7)
      Der Zusammenhang ist 1:1 derselbe in beiden Stellen.

      Das wird ja auch gerne mal verwechselt: „Dies ist der Wille Gottes: Eure Heiligung…“ (1. Thess 4,3)

      Jesus tat den Willen Gottes.

      Wir tun den Willen des Vaters, indem wir an den Sohn glauben – wodurch wir überhaupt erst die Sohnschaft bekommen haben… ER ist der Anfänger und Vollender des Glaubens (Heb 12,2), und es gibt absolut nichts zu rühmen an diesem „tun“, wenn einer gläubig geworden ist (Röm 11,22 ff.) – der Glaube ist ein Geschenk Gottes.

      Und „glauben“ ist bereits „tun“. Der Glaube ist das einzige, das sowohl als Gabe wie auch als Frucht des Geistes erwähnt wird.

      An ihn glauben, ohne ihn vorher gesehen zu haben (Joh 6,40 – s.o.), wird im Kontrast dazu nach der Auferstehung sogar als „glückselig“ bezeichnet. (Joh 20,29)

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..